Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)

Teufeliaden: Erzählungen (German Edition)

Titel: Teufeliaden: Erzählungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
Vom Netzwerk:
Tageblatts …«
    »Pankrat!« brüllte der Professor in den Hörer und fuhr auf deutsch fort: »Ich bin momentan sehr beschäftigt und kann Sie deshalb nicht empfangen. Pankrat!«
    Zu diesem Zeitpunkt begann am Haupteingang des Instituts ein Klingelkonzert.
     
    »Grausiger Mord in der Bronnaja-Straße!« brüllten unnatürlich heisere Stimmen im Gewirr der Lichter und Räder und Scheinwerferkegel auf dem erwärmten Junipflaster. »Grausige Hühnerkrankheit bei der Popenwitwe Drosdowa, mit ihrem Foto! Grausige Entdeckung eines Lebensstrahls durch Professor Persikow!« Persikow wankte dermaßen, daß er in der Mochowaja beinah unter ein Auto geraten wäre. Wütend griff er nach einer Zeitung. »Drei Kopeken, Bürger!« schrie der Junge, zwängte sich in die Menge auf den Gehsteig und brüllte wieder: »Rote Abendzeitung! Die Entdeckung des X-Strahls!«
    Persikow entfaltete verdattert die Zeitung und lehnte sich an einen Laternenpfahl. Auf der zweiten Seite, linke Ecke, blickte ihn aus verschmiertem Kasten ein glatzköpfiger Mann mit irrsinnigen leeren Augen an, dem der Unterkiefer herabhing – ein Produkt von Alfred Bronskis künstlerischem Schaffen. Unter der Zeichnung stand: »W. I. Persikow, der Entdecker des geheimnisvollen roten Strahls«. Es folgte unter der Überschrift »Ein Welträtsel« ein Artikel, der mit folgenden Worten begann:
    »Nehmen Sie Platz, begrüßte uns der ehrwürdige Gelehrte Persikow …« Unter dem Artikel prangte die Unterschrift: Alfred Bronski (Alonso).
    Überm Dach der Universität flackerte grünliches Licht auf, am Himmel erschienen in Leuchtschrift die Worte »Sprechende Zeitung«, und schon verstopfte eine Menschenmenge die Mochowaja.
    »Nehmen Sie Platz!« schrie plötzlich im Lautsprecher auf dem Dach eine ekelhaft durchdringende Stimme, die der Stimme eines tausendfach vergrößerten Alfred Bronski glich. »… begrüßte uns der ehrwürdige Gelehrte Persikow. Schon längst wollte ich das Moskauer Proletariat mit den Resultaten meiner Entdeckung vertraut machen …«
    Persikow vernahm hinter sich ein leises mechanisches Knarren, und jemand zupfte ihn am Ärmel. Er drehte sich um und blickte dem Besitzer des mechanischen Beins in das runde gelbe Gesicht. Dessen Augen waren tränenumflort, seine Lippen bebten.
    »Mich, Herr Professor, wollten Sie nicht mit den Resultaten Ihrer verblüffenden Entdeckung vertraut machen«, sagte er gramerfüllt und seufzte tief. »Damit sind meine anderthalb Scheinchen futsch.«
    Wehmütig äugte er hinauf zum Dach der Universität, wo sich in dem schwarzen Lautsprecherrachen der unsichtbare Alfred austobte. Der Dickwanst dauerte Persikow.
    »Ich hab nie ›Nehmen Sie Platz‹ zu ihm gesagt«, murmelte er und lauschte voller Haß auf die Worte vom Himmel. »Der Kerl ist von einmaliger Unverfrorenheit! Sie müssen schon entschuldigen, aber es ist doch so, man arbeitet, und einer dringt ein … Natürlich meine ich nicht Sie …«
    »Herr Professor, vielleicht geben Sie mir wenigstens eine Beschreibung des Gehäuses?« sagte der mechanische Mensch schmeichelnd und kummervoll. »Jetzt kann es Ihnen doch egal sein …«
    »Aus einem halben Pfund Laich schlüpfen binnen drei Tagen so viele Kaulquappen, daß sie unmöglich zu zählen sind«, brüllte der unsichtbare Mensch im Lautsprecher.
    »Tut, tut«, hupten die Automobile in der Mochowaja.
    »Oho! Sieh einer an! Ohoho!« lief es brausend durch die Menge, die mit erhobenen Köpfen stand.
    »Ist das ein Schurke! Was?« zischte Persikow, vor Unmut bebend, den mechanischen Menschen an. »Wie finden Sie das? Na, ich werde mich über ihn beschweren!«
    »Empörend!« pflichtete der Dickwanst ihm bei.
    Ein blendender violetter Lichtblitz fuhr dem Professor in die Augen, und alles ringsum flammte auf – der Lampenmast, ein Stück des Holzpflasters, eine gelbe Wand, neugierige Gesichter. »Das galt Ihnen, Herr Professor«, raunte der Dickwanst begeistert und hängte sich wie ein Gewicht an den Ärmel des Professors. In der Luft knatterte es.
    »Da soll doch der Teufel dreinfahren!« rief Persikow wehmütig und drängte sich mit dem Gewicht am Arm aus der Menge. »He, Taxi! Zur Pretschistenka!«
    Der uralte Wagen mit dem abblätternden Lack, Baujahr vierundzwanzig, tuckerte an die Bordschwelle. Der Professor bestieg das Vehikel, bemüht, sich von dem Dickwanst loszureißen.
    »Sie stören mich«, zischte er und schützte sich mit beiden Fäusten vor dem violetten Licht.
    »Haben Sie gelesen? Was rufen

Weitere Kostenlose Bücher