Teufels-Friedhof
Geschichte.
»Von wegen harmlos!« flüsterte ich. »Die sind nicht mehr harmlos. Der Friedhof hat sie verändert.«
»Wir müssen ihren Vater da rausholen!« sagte Suko. »Die wissen nicht mehr, was sie tun. Der Teufel hat sie…« Da hörten wir den Schrei!
Er war furchtbar, markerschütternd und voller Angst. Der dichte Nebel dämpfte ihn zwar etwas, dennoch hörten wir ihn genau, und Vivian bäumte sich auf.
Ihr blutverschmiertes Gesicht zeigte einen namenlosen Schrecken. Wie eingezeichnet stand er in ihren Zügen. Sie atmete heftig und sprach zugleich.
»Vater… das war mein Vater…«
Für die Dauer einiger Sekunden wagte keiner von uns, sich zu rühren. Wir konnten es nicht fassen, aber wir mußten ihr glauben. Ich hoffte, daß Vivian so vernünftig war und zurückblieb, wenn wir dem Friedhof und den Grufties einen unangemeldeten Besuch abstatteten.
»Bleib hier!« rief ich ihr zu, dann hielt uns nichts mehr. Zu dritt liefen wir dem Teufels-Friedhof entgegen.
***
Es war schlimm, furchtbar, unheimlich!
Wir kamen uns so vor, als hätten wir plötzlich eine Bühne betreten oder wären in einer anderen Welt gelandet. Die Szenerie war eine völlig andere geworden, den Nebel gab es nicht mehr. Dafür hetzten wir vorbei an schmalen Gräbern mit hohen Steinen. Wir sprangen in Mulden hinein, wir traten auf die leblosen Körper der Ratten, und wir sahen die zahlreichen Gestalten, die sich vor dem zuckenden Schein der drei Fackeln abzeichneten. Es waren die Grufties, die Teenager mit der Vorliebe für Friedhöfe, Tod, Trauer und Teufel.
Gehört hatten wir bereits vom Teufels-Friedhof. Suko und ich hatten die Nachricht auch geglaubt.
Anders der Kommissar. Er konnte nicht begreifen, wie so etwas möglich war. Eine völlig andere Welt, ein Loch im Nebel, das von einem alten Friedhof ausgefüllt wurde. Das mußte eine Zone des Teufels sein, und wieder merkte ich, daß sich mein Kreuz leicht erwärmte. Es spürte das Böse. Möglicherweise hing es auch mit den dünnen Rauchschwaden zusammen, die aus dem Boden krochen.
Ich schabte mit der Hüfte an einer hochkant stehenden Grabplatte entlang und schaute weiter zu den Grufties hin, die sich um uns nicht kümmerten.
Einer der Typen tat sich besonders hervor. Er hatte einen Arm hoch ausgestreckt. Seine Hand umklammerte den Griff eines Messers, das er immer wieder in die Luft stieß, als wollte er damit irgendwelche Feinde aus dem Weg räumen.
»Es ist vollbracht!« brüllte ein anderer. »Es ist vollbracht! Wir haben es geschafft.«
Die Grufties hielten sich in der unmittelbaren Nähe eines Hochgrabes auf. Seine Seiten wurden noch durch Gitterstäbe gesichert, über die ebenfalls Fackellicht strich und sie matt funkeln ließ. Dann waren wir da, wurden auch gesehen, und für eine Weile war alles anders.
Die Grufties zeigten eine Überraschung, wie ich sie bei so vielen Personen auf einmal selten gesehen hatte. Ich erkannte auch den roten Teufel, einen jungen Mann, der verkleidet aussah, wie auf einem Karnevalsfest. Doch man mußte ihn verdammt ernst nehmen. Der Kerl mit dem Messer stand in seiner Nähe. Die Haare standen wie Borsten von seinem Kopf ab. Selbst das schlechte Licht konnte den irren Blick in seinen Augen nicht verdecken.
Da die Klinge einen Blutstreifen zeigte, war uns alles klar, was er getan hatte.
Suko war am nächsten bei ihm. Bevor der junge Mann sich versah, hatte Suko ihn gepackt, den Messerarm nach hinten gerissen und ihn so verdreht, daß Heinz einen schrillen Schmerzensschrei ausstieß, wie unter Zwang seine Faust öffnete und das Messer fallen ließ. Er schlug nach Suko und bekam es knüppeldick. Mit einem Handkantenschlag legte mein Freund den jungen Mann flach. Berger und ich hatten mittlerweile den eigentlichen Ort des Geschehens erreicht, das durch ein Gitter abgesicherte Grab, vor dem sich allerdings die Grufties aufgebaut hatten.
Suko blieb woanders stehen, da er alles überblicken wollte. Ich wollte vorgehen, aber Berger schüttelte den Kopf. »Lassen Sic mich erst einmal, den hole ich mir.«
Damit meinte er den roten Teufel, und er sprach ihn mit Namen an.
»Frank Oschinski, zum Henker, ich wußte, daß wir uns wiedersehen würden. Hatte ich es dir nicht versprochen?«
»Ja, Bulle, das hattest du. Aber jetzt sind wir nicht in der Disco, sondern hier.«
»Eben!«
Oschinski riß den Mund auf und lachte scharf. »Eben, hast du gesagt? Weißt du eigentlich, daß wir uns hier auf dem Gebiet des Satans befinden? Ja, dieser
Weitere Kostenlose Bücher