Teufels Küche
sie zuverlässig, diese Information?« fragte sie.
»Sie haben mir dieses Scheißtelegramm vorgelesen, Gladys. Dieser Rink sagt, er glaube, daß der General selbst jeden Augenblick fällig sei. Da unten ist eine Gegenrevolution im Gange, und Rink meinte, daß sie erfolgreich sein könnte.«
»Ich verstehe«, sagte Gladys Citron. »Nun, vielen Dank, Harley.«
»Wofür?«
Nachdem Gladys Citron eingehängt hatte, blieb sie noch mindestens zwei Minuten lang in der Telefonzelle, ehe sie eine weitere Münze in den Apparat warf und aus dem Gedächtnis die Nummer von B. S. Keats wählte. Als Keats sich meldete, sagte sie ihm, sie wäre gerade auf dem Flughafen angekommen, und schlug ihm vor, sie sollten sich in einer Stunde in dem Lokal treffen, wo sie sich normalerweise trafen, wenn sie vermeiden wollten, daß jemand etwas von ihrem Treffen erfuhr. Keats fragte, ob sie irgend etwas erfahren hätte, und sie antwortete, sie hätte etwas gehört, und das sei der Grund, weshalb sie ihn sprechen wolle.
Sie fuhr in ihrem gemieteten Chevrolet an Bob’s Big Boy Restaurant vorbei und parkte erst einen Block weiter entfernt. Sie ging zu dem Restaurant zurück, bestellte sich eine Tasse Kaffee und trug sie zu der Nische hinüber, in der B. S. Keats mit einer Coca-Cola vor sich saß.
Gladys Citron stellte ihren Kaffee auf den Tisch und nahm gegenüber von Keats in der Nische Platz. Ihre große Handtasche lag auf ihrem Schoß.
»Nun?« begann Keats.
»Sie werden ihn morgen früh erschießen. Meinen Sohn.«
»Das stimmt nicht, Gladys.«
»Er läßt ihn erschießen. Unser Freund, der General.«
»Das wird nie passieren. Niemals.«
»Hast du ihn da mit reingezogen – meinen Sohn?«
»Ich? Lieber Himmel, mein kleines Mädchen ist doch auch da unten. Ich habe sogar meine zwei französischen Nigger hingeschickt, um zu verhindern, daß ihr oder ihm etwas passiert. Da muß irgendwas schiefgegangen sein, Gladys. Das muß es sein.«
»Ich weiß, daß du ihn mit reingezogen hast, B. S.«, sagte sie, nahm die Colt-Pistole Kaliber .32 aus ihrer Handtasche und schoß unter der Tischplatte dreimal auf ihn. Keats preßte die Hände gegen den Leib, sagte etwas, das sie nicht verstand, sank nach vorne über den Tisch und stieß dabei seine Coca-Cola um. Gladys Citron stand auf und schoß ihn noch einmal in den Kopf, drehte sich dann um und verließ das Restaurant. Drei andere Gäste in Bob’s Big Boy Restaurant und das Personal waren anwesend. Keiner versuchte, sie aufzuhalten.
Sie lieferte den gemieteten Wagen beim Flughafen ab und buchte einen Platz in der nächsten Maschine, die abflog. Es war Flug 138 der American ohne Zwischenlandung nach Kansas City. Sie bezahlte ihren einfachen Flugschein erster Klasse in bar und gab ihren Namen als Mrs. Gordon Percy an.
Auf ihrem Platz in der ersten Klasse der DC 9 trank sie ihren zweiten Martini, den sie sich seit fünf Jahren erlaubt hatte. Sie kam bei ihren Überlegungen zu dem verständlichen Ergebnis, daß sie wohl völlig verrückt geworden sei. Ihre Gedanken wandten sich dann der tröstlichen Vorstellung eines Selbstmordes zu. Wenn sie in Kansas City ankäme, wollte sie in einem netten Hotel absteigen, vielleicht dem Muehlbach, falls es noch in Betrieb sein sollte, ein Abendessen und eine gute Flasche Wein auf ihr Zimmer bestellen, ein langes Bad nehmen und weiter über die Möglichkeit des Selbstmords nachdenken. Das würde ihr vielleicht dabei helfen, die Nacht zu überstehen. Inzwischen half der Gedanke ihr, den Flug nach Kansas City zu überstehen, wo sie von zwei Detektiven des Morddezernats festgenommen wurde, als sie das Flugzeug verließ.
34
Draper Haere und Velveta Keats gingen von der amerikanischen Botschaft zu Fuß zum Intercontinental zurück. Sie gingen, weil Taxis verschwunden zu sein schienen und weil Haere sagte, er wolle zu Fuß gehen. Die Straßen waren so gut wie menschenleer, abgesehen von Jeeps und Lastwagen voller Soldaten, von denen die meisten sechzehn Jahre alt zu sein schienen. Manchmal machte Velveta Keats mit ihrer Polaroidkamera Schnappschüsse von ihnen. Keines der Bilder wurde sehr gut. Velveta Keats schien das nichts auszumachen. Jedesmal, wenn sie ein Bild betrachtet und es Haere gezeigt hatte, warf sie es weg.
»Warum machen Sie diese Bilder?« fragte er.
»Ich sehe gern, ob das, was ich sehe, auch das ist, was andere Leute sehen.«
»Und ist es so?«
»Ich finde nicht. Ich finde, andere Leute sehen mehr als ich. Wenn ich die Bilder ansehe,
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