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Teufels Küche

Teufels Küche

Titel: Teufels Küche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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das Apartmenthaus sowohl als Kapitalanlage wie auch als Schutzwall gegen das, was sie die drei Fs nannte – Fett, Fünfzig, weg vom Fenster. Sie kaufte auch gerissen und preiswert, handelte den Preis auf weniger als eine dreiviertel Million herunter. Elf Jahre später war es schon vier-, womöglich fünfmal soviel wert wie sie bezahlt hatte. Manche sagten sechsmal.
    An diesem saisonwidrig warmen Novemberabend, als sie Citron (ungeachtet seiner gemurmelten Proteste, daß seine Unfähigkeit, irgend etwas Zerbrochenes, sei es mechanisch oder seelisch, zu reparieren, an kriminelle Fahrlässigkeit grenze) engagierte, hob Craigie Grey ihr Glas Weißwein an ihren breiten, immer zu einem Lächeln bereiten Mund, nippte daran und blickte ihn über den Rand ihres Glases aus ihren kornblumenblauen Augen an. Sie stammte aus Longview im Osten von Texas, das sie vor dreißig Jahren als Zwölfjährige (nach ihren jüngsten Darstellungen als Sechsjährige) verlassen hatte; man konnte ihre Herkunft aber noch an den weichen genäselten Vokalen erkennen, die sich hin und wieder in ihre Aussprache einschlichen.
    »Wie lange waren Sie da drin, alles in allem?« fragte sie und senkte ihr Glas.
    »Alles in allem nicht ganz dreizehn Monate«, sagte Citron.
    Ihre nächste Frage war voraussehbar – jedenfalls für Citron. Aber erst kam dieses unvermeidliche Zögern, während der Kampf gegen die Sensationslust ausgefochten wurde. Wie üblich, gewann die Sensationslust.
    »War er wirklich ein Kannibale, wie alle behaupteten?«
    Citrons Antwort – oder ihre Verweigerung – bestand in einem Achselzucken, wie fast immer, wenn ihm diese besondere Frage gestellt wurde. Er griff nach einem weiteren Cracker, auf den er einen großen Brocken Käse plazierte, der sich als Monterey Jack erwies. Sie standen an dem Tisch, an dem der Wein und der Käse serviert wurden. Craigie Grey war da, um die Grundsatzrede für die Spendenaktion zu halten. Citron war natürlich wegen der Fütterung gekommen.
    »Sie reden wohl nicht gern darüber?« fragte Craigie Grey in einem Ton, in dem sich Verständnis und Enttäuschung mischten.
    »Mein Lieblingsthema ist es nicht«, räumte Citron ein.
    Craigie Grey nickte und ging zu etwas anderem über. »Sie sind viel herumgekommen, nicht wahr?« fragte sie. »In Übersee – meine ich.«
    »Ja, ziemlich viel.«
    »Warum sind Sie dann hierher zurückgekommen? Nach Los Angeles, meine ich. Sie sind doch nicht von hier.«
    »Nein.«
    Craigie Grey wartete auf eine Antwort auf ihre Frage. Citron schien darüber nachzudenken. »Das Wetter«, sagte er schließlich so, als ob die Antwort ihn selbst überraschte. »Ich hatte mich an das warme Klima gewöhnt. Kälte mag ich nicht mehr so gern.«
    Die Antwort schien sie zu befriedigen, denn sie hob ihr Weinglas wieder an die Lippen, trank, stellte das Glas ab und wandte sich wieder Citron zu. Ihre Haltung war plötzlich forsch und geschäftsmäßig.
    »Ich werde Ihnen sagen, was es einbringt«, sagte sie.
    »Ja, bitte.«
    »Es bringt Ihnen vierhundert monatlich, und sie bekommen das miese Apartment unten, das zum Highway liegt, gratis.«
    Citron entschied, er sollte wenigstens so tun, als ob er überlegte. Er zählte bis fünf, ehe er sagte: »Okay. Schön.«
    »Wenn etwas kaputtgeht, rufen Sie einen Klempner oder einen Schreiner oder einen Elektriker. Was es gerade ist. Ich gebe Ihnen eine Liste mit Telefonnummern. Es ist billiger auf die Dauer gesehen. Fachgemäße Wartung, meine ich.«
    »Richtig.«
    »Ich habe nur zwei Regeln. Vielleicht auch drei. Vermieten Sie nicht an Koksdealer und an Prostituierte. Und jeder, der bis zum Zehnten seine Miete nicht bezahlt hat, fliegt unerbittlich raus. Ausnahmslos. Ist das klar?«
    Citron nickte. »Vollkommen.«
    Aus Loyalität und Dankbarkeit gegenüber seiner neuen Arbeitgeberin hörte Citron sich ihre Rede an, die sich als vorhersehbar düster und ungewöhnlich pointiert erwies. Als die Karten für die Spendenverpflichtungen verteilt wurden, schob er seine in die Tasche und sagte einer ihm irgendwie bekannt vorkommenden jungen Fernsehschauspielerin, er würde seinen Scheck mit der Post schicken.

4
    Seine Schecks und Verträge unterschrieb Jack Replogle mit John T. Replogle. Das T stand für Townsend. Er baute Sachen. Oder richtiger, die Replogle Construction Inc. tat das. Mit der Zentrale in Denver und Niederlassungen in Dschidda und Rom und Singapur baute sie überall in der Welt Sachen – Straßen, Docks, Flughäfen, Krankenhäuser,

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