Teufels Küche

Pipelines, praktisch alles. Replogle war der Aufsichtsratsvorsitzende des Unternehmens und sein Generaldirektor. Er war sowohl sehr reich als auch sehr klug, und wenn er ein Hobby hatte, dann war es Politik.
    Im Lauf der Jahre hatte Replogle sich auf das Sammeln politischer Spenden spezialisiert, was er immer »die Geldärsche hinten im Osten erleichtern« nannte – obwohl hinten im Osten für Replogle Dallas oder Tulsa oder Kansas City oder Chicago bedeuten konnte. Im Lauf der Jahre hatte er sie um fast vierzig Millionen Dollar erleichtert.
    Es war gegen 10 Uhr, als er und Draper Haere in Idaho Springs Rast machten, um zu frühstücken, eine Mahlzeit, ohne die Haere nie hatte auskommen können. Zwar ließ Haere das Mittagessen regelmäßig ausfallen, aber auf das Frühstück, das unweigerlich das gleiche war, konnte er nicht verzichten: zwei kurz gewendete Spiegeleier, gerösteter Speck oder Würstchen, Toast und Bratkartoffeln oder – falls er im Süden war – Grütze. Grütze hatte er in Birmingham schätzen gelernt.
    Haere bemerkte den großen, höher gelegten dunkelblauen Pickup, als sie vor dem Restaurant parkten. Es war ein Dodge. Er fiel ihm auf, weil er so schräg auf dem Parkplatz stand, daß man den Aufkleber quer über der Hecktür unmöglich übersehen konnte. Der Text lautete: »Is There Life After Death? Fuck with This Truck and Find Out.«
    Replogle bestellte nur Kaffee, den er kaum anrührte. Er sagte Haere, daß er nicht mehr viel esse und daß durch die Medikamente, die er einnehmen müsse, für ihn alles wie Messing schmecke. Aus irgendeinem Grund beeinträchtigten die Medikamente jedoch nicht den Geschmack von Schnaps, deshalb trinke er vermutlich mehr, als er sollte, obwohl er der Ansicht sei, daß sich an diesem Punkt in seinem Leben keiner mehr die Mühe machte mitzuzählen.
    Als sie wieder in dem Kombi saßen, schnallte Replogle sich wieder an, und Haere unterließ es wieder. Aber diesmal wiederholte Replogle die Vorstellung mit seiner Fliegerbrille nicht, entweder weil er es vergaß oder weil er glaubte, einmal am Tag sei für den alten Witz genug.
    Etwa fünf Minuten lang fuhren sie schweigend und bewunderten die Landschaft. Auch in den Bergen hatte es in der Nacht geschneit, und der Jahreszeit entsprechend hatte sich auf ebenem Gelände bereits eine Schneedecke von einem Meter angesammelt, doch in Verwehungen lag er viel höher. Die Schneepflüge waren an diesem Morgen schon durchgekommen, und die Straße war geräumt und an manchen Stellen sogar trocken, wo die Sonne sich schon hatte drum kümmern können.
    Replogle zündete sich wieder eine Zigarette an und sagte: »Als sie mir sagten, daß ich mich operieren lassen müßte, hab ich mich zu einer kleinen Reise entschlossen.«
    »Wie klein?«
    »Nicht so klein. Um die ganze Welt. Ich fing mit Dschidda an, wo ich zwei Typen feuerte und drei neue einstellte. Dann flog ich zurück nach Rom, wo ich niemand feuerte, weil diese Italiener nicht zu schlagen sind, wenn es ums Bauen bei heißem Wetter geht. Ich hab sogar ein paar richtige Spezialisten angeheuert, bevor ich nach Singapur weiterflog. Da ist es passiert. In Singapur.«
    »Was?«
    »Das, was ich dir jetzt erzählen werde, und was der Grund dafür ist, daß du hier bist.«
    »Okay.«
    »Du weißt über mich und Langley Bescheid.« Es war keine Frage. »Nein«, sagte Haere. »Weiß ich nicht.«
    »Du hattest zumindest den Verdacht.«
    »Also gut. Ich hatte den Verdacht.«
    »Du hast nie ein Wort darüber verloren.«
    Haere zuckte mit den Achseln. »Es ging mich nichts an.«
    »Wann hat dich das je gestört?«
    »Okay«, sagte Haere. »Ich vermutete.«
    Das schien Replogle zu besänftigen. »Okay, sagen wir also, du vermutetest, daß geschoben wird – geschmiert, Bakschisch verteilt, wie du es auch immer nennen willst –, bevor in einem Land, wo das Wetter heiß ist und die Menschen arm sind, irgend etwas gebaut wird. Sonst bekommen die armen Leute ja nicht ihre glänzenden neuen arztlosen Krankenhäuser oder ihre vierspurigen Autobahnen, die nirgendwo hinführen und ihre nagelneuen internationalen Flughäfen, zu denen sie dann jeden Sonntag, Dienstag und Freitag hinpilgern können und zusehen, wie eine zwanzig Jahre alte DC-8 eintrudelt – vielleicht. Jedenfalls wird keine dieser Sachen – ohne Schiebung – von Replogle Construction gebaut werden. Statt dessen würde alles von Briten oder Italienern oder diesen verdammten Koreanern gebaut, die zu einer wirklichen Bedrohung