Teufelsbande: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
Stillen. Davon hat er uns kein Sterbenswort gesagt. Also hat er nicht postwendend zum Telefonhörer gegriffen, sondern zuerst versucht, die Sache selbst zu handeln. Sie hob ihren Blick langsam in Bergers Richtung, und dieser erwiderte ihn. Aus seinem Gesichtsausdruck schloss die Kommissarin, dass auch er überrascht war.
»Wenn ich da mal etwas dazu sagen darf«, meldete sich nun Peter Brandt zu Wort, dem die ganze Geschichte überhaupt nicht schmeckte, »das klingt mir alles ganz schön abgekartet. Wenn wir die Anklage gegen Lutz Wehner einzig und allein auf diesen Zeugen stützen, zerreißt man uns vor Gericht in der Luft. Ganz zu schweigen von Staatsanwältin Klein, der wir die Hintergründe irgendwann einmal offenlegen müssen. Vergessen Sie bitte nicht, dass sie uns den Rücken freihält, aber dafür erwartet sie von uns zu Recht, dass wir uns nicht auf Mauscheleien einlassen. Was ist außerdem mit der Beteiligung des Jungen an zwei Kapitalverbrechen? Und was bedeutet der Begriff ›Junge‹ überhaupt? Wie alt ist er denn? Welche Konsequenzen hat er zu erwarten, doch nicht etwa Straffreiheit?«
»Nein, um Gottes willen«, unterbrach Durant ihren aufgebrachten Kollegen und machte eine beschwichtigende Geste. »Aber damit möchte ich mich erst befassen, wenn wir uns um die Hintermänner gekümmert haben. Befragen wir Lutz Wehner und wirbeln weiterhin Staub in der Szene auf. Oder haben Sie eine bessere Idee?«
»Leider nein. Jedenfalls keine, die sich nicht ebenfalls wie ein Pakt mit dem Teufel anfühlt.«
»Wie meinen Sie das?«
»Können wir uns darüber unter vier Augen unterhalten?«
Durant warf einen prüfenden Blick in die Runde. Keiner schien Einwände zu haben, trotzdem sagte sie: »Ich vertraue meinen Kollegen bedingungslos. Wenn es etwas Vertrauliches gibt …«
»Ja, ist es«, beharrte Brandt. »Und ich habe selbst gegenüber der Staatsanwältin Stillschweigen bewahrt, obwohl mir das überhaupt nicht passt. Also?«
»Nun gut. Gehen wir in mein Büro. Dann vertagen wir die Besprechung vorerst, wenn nichts mehr anliegt. Sind schon Beschlüsse für eine Hausdurchsuchung draußen?«
Kullmer nickte, und Julia fuhr fort, während sie an den Fingern abzählte: »Privatadresse, Schrottplatz und angemeldete Fahrzeuge, vor allem sein Opel Calibra sind von Interesse. Ich möchte das volle Programm. Die KTU soll auch nach Spuren suchen, die die Anwesenheit des Jungen bestätigen können, damit seine Geschichte entsprechend untermauert werden kann.«
»Ist alles in Arbeit«, sagte Hellmer augenzwinkernd.
»Sorry, Frank«, lächelte Julia und neigte den Kopf. »Ich habe gerade ein wenig Schwierigkeiten damit, an zwei Fronten zu kämpfen. Nichts gegen eine dienststellenübergreifende Ermittlung, aber zwei Morde und diese ganzen Geheimnisse …« Sie seufzte und zuckte mit den Schultern. »Da vergesse ich manchmal, dass mein Lieblingspartner den Laden auch ohne mich ziemlich gut am Laufen hält.«
»Geh schon, du wirst erwartet«, gestikulierte Frank sie hinaus. »Wir nehmen Wehner jetzt in die Mangel, und du erfährst sämtliche Erkenntnisse in Lichtgeschwindigkeit.«
»Bist ein Schatz, danke.«
Julia Durant eilte aus dem Konferenzzimmer in Richtung ihres Büros, Peter Brandt folgte ihr. Vorher aber schritt er rasch zu Hellmer hinüber und raunte ihm mit geheimnisvoller Miene etwas zu. Die Kommissarin hielt inne und wartete.
»Ist noch etwas?«, fragte sie.
»Gleich«, antwortete Brandt, »wenn wir unter uns sind.«
Peter sah sich um, bevor er die Tür nach dem Eintreten schloss. Der graue, für seinen Geschmack viel zu monotone Gang war leer. Mit einem Kopfschütteln lehnte er den Stuhl ab, auf den die Kommissarin deutete.
»Ich darf mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, denn wir haben ja selbst einen heiklen Fall am Start«, eröffnete Julia. »Aber Sie sollen wissen, dass mir sämtliche Geheimniskrämerei ganz massiv widerstrebt. Was haben Sie also zu berichten?«
»Ich hatte am Vormittag ein Treffen, das ich selbst noch verdauen muss«, antwortete Brandt. »Mein Kollege vom Rauschgiftdezernat hat den Kontakt zu einem V-Mann hergestellt, der offenbar seit Jahren bei den Mogin Outlaws ein und aus geht.«
»Ein V-Mann?« Julia verzog den Mund. »Unter wessen Führung? Hängt also doch das Landeskriminalamt mit drinnen? Das wäre eine Katastrophe. Wenn das rauskommt, ist der nächste Skandal vorprogrammiert. Während wir uns hier zusammenraufen, heißt es dann hinterher trotzdem nur wieder,
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