Teufelsbande: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
zudem ein einflussreicher Mann. War es denkbar, dass er das Mädchen unter Druck gesetzt hatte? Oder deren Mutter? Es wäre schließlich nicht das erste Mal, dachte sie grimmig. Dann endlich meldete sich das Handy, doch die angezeigte Nummer gehörte nicht, wie erhofft, zu Platzeck.
»Claus«, begrüßte Julia ihren Gesprächspartner leise und versuchte krampfhaft, weder enttäuscht noch müde zu klingen.
»Na, meine Liebe«, meldete sich der Münchner Kommissar, »da klingt aber jemand ganz schön groggy.«
»Bin ich auch, tut mir leid«, antwortete Julia und biss sich auf die Unterlippe. »Dir entgeht aber auch gar nichts.«
»Berufskrankheit, wie?«, scherzte er. »Steckst du in einem Fall?«
»In zweien, um genau zu sein. Und du?«
»Es hält sich in Grenzen. Aber deshalb rufe ich nicht an. Ich hatte mich gefragt, ob du das Wochenende über vielleicht spontan nach München kommen willst. Es ist traumhaftes Wetter, ich könnte ab Freitag freinehmen, und wir hätten in die Berge fahren können. Aber wenn ich dich so höre, ist das wohl kein guter Zeitpunkt, schätze ich.«
»Leider hast du da recht, im Moment ist noch kein Ende in Sicht«, sagte Julia zerknirscht. »Wie spontan könnten wir das denn machen?«
»Donnerstagnachmittag würde genügen«, kam es sanft zurück, »und wer weiß, vielleicht spornt es dich ja an.«
»Der Gedanke an ein ganzes Wochenende mit dir, na ja, ich weiß nicht«, scherzte Julia. »Mal abwarten, was der Tag uns noch so bringt. Ich bin übrigens zu Hause, wir können über Festnetz telefonieren, wenn du möchtest.«
»Erwartest du einen Anruf, oder denkst du dabei an meine Telefonkosten?«, fragte Claus mit betont argwöhnischem Klang in seiner Stimme.
»Beides«, schmunzelte Julia, »aber ich würde einen Anruf auch so mitbekommen.«
»Wollte nur sichergehen, dass ich in den Terminplan passe, du weißt, ich kenne das Tagesgeschäft eines Kriminalbeamten nur zu gut.«
»Flüchtig, ja«, grinste Julia und säuselte anschließend: »Dann bis gleich, Herr Kollege.«
Eine Viertelstunde später, Julia hatte sich gerade aus der Parklücke gezwängt und war im Begriff, zurück ins Präsidium zu fahren, ging der herbeigesehnte Anruf ein. Der tödliche Schuss auf Johannes Grabowski war nicht aus der Pistole abgegeben worden, mit der Michael Cramer geschossen hatte.
Dienstag, 16:30 Uhr
P olizeipräsidium Frankfurt, Konferenzzimmer. Lagebesprechung.
»Wir haben Lutz Wehner«, kam Julia Durant direkt zur Sache, und Peter Brandt pfiff durch die Zähne.
»Freut mich zu hören«, nickte er anerkennend, fügte dann jedoch mit zweifelndem Tonfall hinzu: »Und wofür genau?«
»Für das Tötungsdelikt an Grabowski«, erläuterte die Kommissarin, »doch ich beginne am besten von vorn. Jetzt spricht wohl nichts mehr dagegen, oder?« Sie warf Berger einen rückversichernden Blick zu, woraufhin er ihr zunickte.
»Okay, dann mal Tacheles. Gestern Abend hat sich der Vater eines jungen Mannes an Berger gewandt, und dieser rief im Anschluss mich an«, begann Julia ihren Bericht, in dem sie die Ereignisse mit Michael Cramer von ihrem ersten Treffen bis zum Auffinden der Waffe knapp zusammenfasste, ohne dabei den Namen zu nennen. »Die Untersuchung des tödlichen Projektils heute Nachmittag hat eindeutig ergeben, dass es sich nicht um die Pistole des Jungen gehandelt haben kann«, schloss sie. »Im Umkehrschluss gehen wir also davon aus, dass der zweite Schütze den letalen Schuss abgefeuert hat, und auch die Schilderung des Tathergangs seitens unseres Tatbeteiligten ist schlüssig. Ich sehe wenig Anlass, ihm nicht zu glauben, denn er hat sich mit seinen Aussagen immerhin auch selbst belastet. Dennoch ist er gegen gewisse Zugeständnisse bereit, gegen Lutz Wehner auszusagen. Diese Details sind aber noch nicht ausgehandelt. Denn bis zur ballistischen Untersuchung hat noch die Möglichkeit bestanden, dass der tödliche Schuss von ihm hätte abgegeben sein können.«
»Puh, das ist aber schon eine hanebüchene Geschichte, findet ihr nicht?«, schaltete sich Frank Hellmer dazwischen, und auch die anderen nickten.
»Die Familie des Zeugen ist glaubwürdig«, warf Berger ein, »das müssen Sie mir unbesehen glauben, ich werde den Namen noch nicht preisgeben. Aber es bestand für sie ein weitaus höheres Risiko, sich an mich zu wenden, als einfach Stillschweigen zu bewahren und die Sache auszusitzen.«
»Ich widerspreche nur ungern«, erwiderte Julia, »aber ich sehe das weniger optimistisch.
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