Teufelsbande: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
Berger anerkennend. »Cramer ist ein harter Hund, das will was heißen. Sie müssen ihn beeindruckt haben.«
»Kann sein, ist mir aber egal. Er ist uns einen Gefallen schuldig, daran musste ich ihn auch nicht lang und breit erinnern. Wir alle wissen, dass sein Sohnemann längst in U-Haft sitzen müsste. Von daher war es nicht allzu schwer, ihn zu überreden.«
»Was versprechen Sie sich vom LKA? Ich dachte, Sie wollten den Fall möglichst fern von denen halten?«
»Mich interessiert das Insiderwissen, über das der Mann verfügt«, wandte Julia ein. »Was die in Wiesbaden damit anstellen, tangiert mich nur peripher. Aber womöglich ist das der einzige Rocker weit und breit, der mit uns kooperieren wird. Von diesem Leander jedenfalls halte ich nicht viel, auch wenn Brandt das anders sehen mag.«
»Nun gut, wann treffen Sie sich?«
»Morgen im Laufe des Tages. Ich warte noch auf Uhrzeit und Adresse.«
»In Ordnung. Wir sehen uns morgen früh zur Besprechung, da können wir …«
»Nicht darüber sprechen, bitte«, fiel Durant ihm ins Wort. »Ich werde Brandt mitnehmen, denn er ist von uns allen der am besten Informierte. Ansonsten möchte ich das alleine durchziehen. Je weniger Personen davon wissen, desto besser.«
»Begeistert bin ich nicht davon«, warf Berger ein, »aber Sie haben nicht unrecht. Die Einmischung in eine geheime LKA-Sache ist zu heikel, um es an die große Glocke zu hängen.«
Nach ihrem Telefonat scrollte Julia zu Brandts Nummer in der Wahlwiederholungsliste ihres Handys, um auch ihn zu informieren. Danach suchte sie das Ladekabel, zuerst unter der Tischplatte des Couchtisches, dann neben dem Fernseher und im Flur. Sie fand es schließlich, zunehmend verzweifelt, hinter ihrem Nachttisch, wohin es offenbar nach dem letzten Laden heruntergefallen war. Aus dem Bad dampfte feuchtgesättigte, heiße Luft und Julia regulierte den Wasserstrahl auf ein Minimum. Sie tastete mit dem Finger nach der Temperatur, viel zu heiß, wobei die Grenze zwischen kühlem und scheinbar siedendem Wasser ein äußerst schmaler Grat war. Erneut regelte sie den Zufluss, sofort beschlug die Armatur, als nur noch Kaltwasser aus ihr strömte, dann schlüpfte Julia seufzend aus ihrer Kleidung, öffnete ihren BH und warf ihn auf den Wäschestapel, dessen sie sich längst hatte annehmen wollen. »Morgen«, seufzte sie, als sie endlich, abgeschminkt und mit einer kalten Dose Bier zur Hand, in das Badewasser stieg.
Mittwoch, 21:20 Uhr
P eter Brandt zerdrückte die Plastikverpackung des Sandwiches, das er an einer Tankstelle gekauft hatte. Die Brotscheiben waren feucht, das Salatblatt schmeckte wie aufgeweichter Gummi, und der Thunfisch hatte eine unnatürliche Braunfärbung. Angeekelt hatte der Kommissar sein Abendessen nach nur wenigen Bissen in den Papierkorb befördert und war umso erleichterter, dass er zwei Riegel Mars zum Preis von einem dazugekauft hatte. Er hatte gerade den ersten der beiden geöffnet und die Hälfte davon in den Mund wandern lassen, da meldete sich sein Mobiltelefon.
»Frau Durant«, schmatzte er.
»Ich wollte Sie nicht beim Essen stören, Verzeihung.«
»Polizistendinner«, erklärte Brandt, der hastig heruntergeschluckt hatte, »ich wälze noch einige Akten. Eigentlich wollte ich längst zu Hause sein, aber auf mich wartet heute niemand. Das ist das Kreuz, wenn man erwachsene Kinder hat.«
»Hm.« Julia wusste nicht, was sie darauf antworten sollte, außerdem war sie ein wenig heiser von dem vielen Reden und nicht mehr zu langatmiger Konversation aufgelegt. »Ich rufe an, weil es etwas Neues in Sachen Ruben Boeckler gibt.«
»Echt? Das wäre mir neu, denn vorhin, als ich mit Elvira gesprochen habe …«
»Nicht seitens der Staatsanwaltschaft«, unterbrach die Kommissarin ihn ungeduldig. »Ich bin einen anderen Weg gegangen, Dienstgeheimnis sozusagen, aber es sieht so aus, als dürften wir uns morgen einmal mit ihm treffen.«
»Treffen mit Boeckler, wow!«, gab Brandt aufrichtig erstaunt und beeindruckt zurück. »Melden Sie sich einfach, ich erwarte Ihr Signal.«
»Okay, aber bitte weihen Sie niemanden ein«, betonte Julia nachdrücklich. »Bei uns wissen auch nur Berger und ich davon.«
»Kein Problem«, erwiderte Brandt, und die beiden verabschiedeten sich voneinander.
Mit dem zweiten Mars in der Hand lehnte der Kommissar sich anschließend in seinem Bürosessel zurück und kaute es in kleinen Bissen mit geschlossenen Augen. Schmerzlich kam ihm in den Sinn, dass er seit über zwei
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