Teufelsbande: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
ihr Lieblingsgetränk werden würde.
»Und?« Herbert Cramer musterte sie aufmerksam.
»Das Silber irritiert ein wenig an den Lippen«, wich Julia aus und nippte erneut.
»Platin«, korrigierte Cramer. »Es sind Imperial-Gläser, ich habe nur zwei Stück von dieser Sorte. Kosten ein Heidengeld, aber ich sage immer, ein teures Glas macht einen mittelmäßigen Whiskey nicht besser. Schmeckt er Ihnen denn?«
»Um ehrlich zu sein, bin ich mehr der Bier- und Wein-Typ«, lächelte Julia unverbindlich. »Aber ich probiere gern mal was Neues.«
»Hm. Und Ihr Kollege Hellmer?«
Natürlich wussten die hohen Tiere im Präsidium allesamt von Frank Hellmers Alkoholismus, seinen Abstürzen und der anschließenden Therapie, wenn auch nicht sämtliche Details. Es gab also keinen Grund, Unwissen zu mimen. Trotzdem wollte die Kommissarin nicht über die Probleme ihres Partners sprechen, zumal diese längst der Vergangenheit angehörten.
»Sie wissen ja darüber Bescheid«, entgegnete sie daher. »Als trockener Alkoholiker gibt es keine Kompromisse. Aber Frank kommt damit besser klar als ich mit dem Nichtrauchen.« Sie zwinkerte, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Okay, Herr Cramer, zurück zum LKA.«
»Ich höre.«
»Sagt Ihnen der Name Ruben Boeckler etwas?«
»Ruben, hm, irgendwas war da. Helfen Sie mir bitte auf die Sprünge.«
»Ruben Boeckler, langjähriges Mitglied der Biker-Szene und seit dem Verbot der Black Wheels unter den Fittichen des LKA.«
»Stimmt, wusste ich’s doch«, rief Cramer, und seine Miene erhellte sich. »Ihm wurde nachgesagt, an dem Verbotsverfahren maßgeblich mitgewirkt zu haben. Ohne seine Informationen wäre es möglicherweise nicht dazu gekommen, auch wenn das in unseren Pressekonferenzen stets etwas anders klang. Eine Win-win-Situation, zugegeben«, fügte er schnell hinzu, »denn wir wollten unseren Erfolg nicht auf das Fundament eines Exkriminellen stellen, und sein Name sollte zu seinem eigenen Schutz so klein wie möglich gehalten werden.«
»Morddrohungen gab es trotzdem, und sein Kopf ist nach wie vor zum Abschuss freigegeben«, wandte Julia ein.
»Und was wollen Sie dann von mir?«, erkundigte Cramer sich stirnrunzelnd.
»Wir müssen mit Boeckler reden«, sagte Julia ganz direkt.
»Aber was kann ich da tun? Ich weiß doch nicht einmal, wo er untergebracht wurde, geschweige denn, wer ihn betreut.«
»Das mag sein«, entgegnete die Kommissarin gelassen, »aber Sie haben die notwendigen Kontakte und Beziehungen, um alles in die Wege zu leiten.«
Mittwoch, 21:10 Uhr
M üde betrat Julia Durant ihre Wohnung, unter dem Arm klemmten zwei Prospekte, die in ihrem Briefkastenschlitz gesteckt hatten. Baumarkt und Discounter, wenigstens kurz hineinblättern, hatte sie seufzend entschieden. In der Hand lag bereits das Mobiltelefon, doch der Akku war im roten Bereich, und auf die Minute, die es noch dauern würde, bis sie ihren Festnetzapparat gegriffen hatte, kam es nun auch nicht mehr an. Trotz einer freien Hand kickte Julia die Tür mit dem Absatz zu, angelte sich das Telefon und steuerte zielstrebig auf die bequeme Couch zu, nach der sie sich die ganze Fahrt über gesehnt hatte. Im letzten Moment machte sie jedoch eine Kehrtwende und eilte hinüber ins Badezimmer, um den Wasserhahn der Badewanne aufzudrehen. Dann wählte sie Bergers Nummer. Das Freizeichen ertönte nur ein Mal, dann nahm dieser das Gespräch an. Er wird doch nicht in seinem Arbeitszimmer sitzen und seine nur allzu gütige Ehefrau Marcia alleine vor dem Fernseher gelassen haben? Doch während Berger zur Begrüßung Julias Namen aussprach, den er im Display des Telefons erkannt hatte, vernahm sie die typischen Geräusche einer Krimiserie, erregte Stimmen, dramatische Hintergrundmusik, Schüsse; es war ein Konglomerat aus diesen Elementen, jedenfalls klang es nicht nach Büroarbeit.
»Entschuldigen Sie die späte Störung, aber ich muss Sie informieren, bevor es jemand anderes tut«, eröffnete Durant das Gespräch, bereit, direkt zur Sache zu kommen.
»Na, da bin ich aber gespannt«, sagte Berger, der von seiner besten Ermittlerin schon einiges gewohnt war, und sich längst damit abgefunden hatte, dass sie ihn stets aufs Neue zu überraschen wusste.
»Ich habe mit Cramer einen Deal auf kurzem Dienstweg geschlossen. Er verschafft mir Kontakt zu einem ehemaligen Mitglied des Rockerclubs, der Mann ist in einer Zeugenschutzmaßnahme.«
»Darauf hat er sich eingelassen? Kompliment«, erwiderte
Weitere Kostenlose Bücher