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Teufelsberg: Roman (German Edition)

Teufelsberg: Roman (German Edition)

Titel: Teufelsberg: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Dannenberg
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Draußen waren keine Häuser mehr, nur die Fenster hingen in der Nacht.
    Es geschah am Sonntag, dem 23. Januar. Alles begann damit, dass Martin den Vortrag verpasste, den Vortrag der Philosophischen Sonntagsrunde. Vosskamp hatte sie ins Leben gerufen und lud regelmäßig prominente Wissenschaftler in die Berliner Cardea ein. Heute dozierte er selbst, das erste Mal in diesem Rahmen. Der Vortrag mit dem Titel »Das Innerste. Zur konzentrischen Metapher der Selbstfindung« sollte seinen Einzug in den Vorstand der internationalen Freud-Tinbergen-Gesellschaft begründen und wurde allgemein mit Spannung erwartet.
    Sylvia wollte Martin dabeihaben, aber der saß bis zum frühen Abend in seiner Kanzlei in der Leibnizstraße und arbeitete an einem Vertrag mit Lightwatch. Rutherford-Hemmings wollte das Stadtschloss wieder aufbauen, komplett aus Glasolex, ein Riesengeschäft für Lightwatch und für Martins Kanzlei, sofern Lightwatch nicht zu Rinneberg & Partner abwanderte.
    Draußen wurde es dunkel, die Lichterketten in den Bäumen, Reste der Weihnachtsbeleuchtung, blinkten, die Schaukästen der Läden auf dem Ku’damm, den Martin von hier aus sehen konnte, wurden hell. Dazwischen stellten sich die ersten Huren auf, streckten ihre glänzenden Beine. Die Fassaden der alten Häuser ermatteten hinter den Leuchtschriften.
    Als er auf die Uhr sah, war es halb sieben. Der Vortrag hatte schon um sechs begonnen, zumindest die Diskussion wollte Martin noch erleben. Er machte sich auf den Weg.
    Es waren nur wenige Kilometer bis zum Teufelsberg, aber Martin kam im Abendverkehr kaum vorwärts. Er rief Sylvia auf dem Handy an, sie hatte es abgeschaltet. »Honey, I’m late«, simste er, »don’t worry.«
    Der Wind trieb grauen Schneeregen durch die Straßen. Martin gähnte. Ein paar Baustellen in der Leibnizstraße ließen den Verkehr noch länger stocken, auf dem Kaiserdamm ging es nur zäh voran, auf der Heerstraße war wieder Stau. Er stellte die Sitzheizung auf niedrigere Stufe und machte das Radio an, Inforadio. Er hörte die letzten Worte von Vosskamps Vortrag, der Sender übertrug ihn live, aber der Empfang war schlecht, und Martin hörte nur Wortfetzen und Rauschen, das irgendwann in Applaus überging. Dann folgte ein Durcheinander aus Stimmen, tumultartig, es schien hoch herzugehen.
    Von Weitem sah Martin die Cardea, die hell erleuchteten Kuppeln der beiden Türme. Er wusste, dass sich in einer der beiden Kuppeln der Saal befand, in dem Sylvia jetzt saß und der offenbar spannenden Diskussion folgte, aber er wusste nicht, in welcher der zwei Kuppeln das war. Neben den Türmen streckte sich der beleuchtete Baukran als Laufmasche in den Abendhimmel.
    Die Ampel sprang gerade auf Grün, als die Laufmasche sich langsam zur Seite neigte, dann fiel sie und verschwand hinter den Bäumen. Zugleich erlosch das Licht im Südturm. Das alles geschah lautlos.
    Martin starrte auf die Cardea. Die Kuppel des Nordturms leuchtete noch immer. Eine Weile rührte Martin sich nicht. Seine Gedanken bestanden aus Hüllen, die sich nur zögernd füllten. Erst als hinter ihm ein Hupkonzert losbrach, fuhr er weiter. Dann hörte er Sirenen. Auf der Teufelsbergchaussee überholten ihn mehrere Krankenwagen, gefolgt von Polizei- und Feuerwehrautos. Alle bogen in die Anton-Delbrück-Straße nach oben zur Cardea ein, die Sirenen warfen farbige Lichter in die dunklen Bäume, über die Straße jagten wirre Schatten.
    Beim Näherkommen erkannte Martin, dass der Kran in den Südturm gestürzt war. Nackte Stahlträger bogen sich aus ihm heraus, und die Kuppel war zerborsten.
    »O Gott«, stammelte Martin und trat härter aufs Gaspedal.
    Als er sich dem provisorischen Pförtnercontainer näherte, schloss der Pförtner das Tor. Martin stieg aus dem Auto und hämmerte gegen die zerkratzte Plexiglasscheibe des Containers. Es gab ein dumpfes Geräusch.
    »Machen Sie das Tor auf!«
    »Darf ich nicht«, sagte der Pförtner durch ein kleines Mikrofon. Seine Stimme war klanglos.
    »Was ist denn passiert?«
    »Weiß ich nicht«, sagte der Pförtner.
    »Meine Frau ist da oben, verfluchte Scheiße!«
    »Sie dürfen die Rettungsaktion nicht blockieren.«
    »Du Arschloch, mach auf!«, brüllte Martin.
    Der Pförtner rieb sich den Nacken.
    »Tut mir leid!«
    Martin rannte los. Hinter sich, durch die offene Tür seines Autos, hörte er noch den Jingle von Inforadio. Er hetzte am Maschendraht entlang, suchte ein Loch, plötzlich musste er an einen Zeichentrickfilm aus einem von

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