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Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall

Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall

Titel: Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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etwas wegzuwischen. »Ich glaube, ich möchte jetzt doch lieber alleine sein. Bitte gehen Sie.«
    Kaltenbach stand auf. Er wirkte unschlüssig. »Kann ich später noch einmal mit Ihnen reden? Kann ich noch etwas für Sie tun?«
    Sie sah ihn an. Ihre Augen glitzerten feucht. Ihre Stimme stockte. »Ich überlege es mir.«

Samstag, 3. März
     
    Gegen halb neun am Samstagabend parkte Kaltenbach sein Auto im hinteren Teil des Bahnhofsparkplatzes. Er klemmte seine Gitarre unter den Arm, in der anderen Hand trug er eine im Eichenfass gereifte Spätlese von Onkel Josef. Bis zu Walters Haus waren es von hier nur ein paar Schritte den Mühlbach entlang.
    Als er läutete, öffnete ihm Andrea, Walters Tochter. Sie begrüßte ihn freundlich und nahm ihm den Mantel ab, und Kaltenbach fragte sich nicht zum ersten Mal, wie es sein Freund trotz der hehren revolutionären und antiautoritären Ideale geschafft hatte, seine Tochter zu einem Muster an Höflichkeit zu erziehen.
    »Hallo, Andrea«, grüßte er zurück, »wie geht’s? Wo ist das Geburtstagskind?«
    »Kind ist gut«, lachte sie. »Eher Jubilar würde ich sagen.«
    Der Jubilar hatte ihn bereits erspäht und kam quer durch die Wohnung auf ihn zu gelaufen.
    Kaltenbach nahm ihn in den Arm. »Alles Gute, altes Haus, auf die nächsten Sechzig!« Er reichte ihm die Flasche. »Für dich und Regina, in einer stillen Stunde zu zweit zu genießen!«
    Walter freute sich sichtlich. »Schön, dass du da bist. Du hast bestimmt Hunger?«
    Walter führte ihn zum Buffet. Es waren bereits etliche Gäste da, die sich in dem geräumigen Wohnzimmer angeregt unterhielten. Im Hintergrund hörte man dezente Klaviermusik, irgendetwas in Richtung Jazz, wie Kaltenbach vermutete.
    »Bediene dich, heute wird nicht gespart. Aber zuerst gibt’s etwas ganz Besonderes.« Walter drückte ihm ein Bierglas in die Hand und wies auf ein kleines Fass, das am Rande des Tisches stand. »Echtes Guinness. Wie findest du das?«
    Kaltenbach nickte pflichtschuldig. An Walters Irlandleidenschaft hatte er sich im Laufe der Jahre gewöhnt, wenngleich er den Verdacht hatte, dass der Straßenkämpfer vergangener Tage sein Rebellentum, das er schon lange dem harten deutschen Berufsalltag und den Erfordernissen eines harmonischen Familienlebens geopfert hatte, ersatzweise auf die Grüne Insel projizierte. Walter schwärmte von den Sonnenuntergängen an der Atlantikküste ebenso, wie er den heldenhaften Widerstand des kleinen Volkes gegen die übermächtigen Kolonialherren des Britischen Empire moralisch unterstützte. Sein Paradies waren die unzähligen Pubs und Kneipen in Dublin und in der Provinz, wo Volkes Stimme und Lieder erklangen wie seit hundert Jahren. Bestimmt würde er im Laufe des Abends einige Songs zum Besten geben.
    Inzwischen hatte Walter ihre beiden Gläser bis zum Rand gefüllt. »Cheerio«, sagte er und stieß an. »Nachher spielen wir, okay?«
    Kaltenbach trank artig ein paar Schlucke. Er würde sich nie an den klebrig-rauchigen Geschmack dieses Dunkelbieres gewöhnen. Regina kam und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
    »Na, ihr Männer«, begrüßte sie ihn. Obwohl sie ein wenig älter war als Kaltenbach, sah man ihr immer noch an, woher ihre Tochter ihre Schönheit geerbt hatte. Regina arbeitete seit über 20 Jahren als Arzthelferin bei Kaltenbachs Hausarzt in der Markgrafenstraße, durch sie hatte er Walter kennen­gelernt.
    »Hast du noch nichts gegessen?« Sie drückte ihm einen großen Teller in die Hand und führte ihn das Buffet entlang. Zu seiner Erleichterung hatten die beiden darauf verzichtet, den Abend mit irischer Küche zu bestreiten, des schlimmsten kulturellen Relikts, das die Engländer nach Kaltenbachs entschiedener Meinung neben ihrer Sprache im Laufe ihrer Herrschaft hinterlassen hatten.
    Er häufte sich einen Teller mit verschiedenen Nudel-, Reis-und Gartensalaten voll, dazu nahm er ein paar kleine gebratene Fleischbällchen in scharfer Sauce und einen Löffel von einem undefinierbaren Durcheinander, das nach Fisch roch. Danach suchte er sich einen Platz, wo er Teller und Glas abstellen konnte. Kaum hatte er mit dem Essen begonnen, erspähte Dieter ihn und setzte sich dazu.
    »Alles klar mit dem Geschenk«, sagte er, »ich war gestern im Reisebüro. Er muss nur noch das Datum eintragen.«
    Kaltenbach nickte. Es war Markus’ Idee gewesen, ihrem Freund als gemeinsames Stammtischgeschenk einen Kurztrip nach Dublin zu überreichen. Damit seine Seele mal wieder auftanken könne, hatte er

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