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Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall

Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall

Titel: Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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verführerisch duftenden Kaffees und biss in das Schinkenbrötchen. Vielleicht konnte aus dem Tag ja noch etwas werden.
    Nachdem er die Brötchen vertilgt und den Cappuccino ausgetrunken hatte, war es kurz vor elf. Er winkte dem Kellner, der gerade dabei war, den großen Designerkühlschrank hinter der Theke mit der neuesten Modelimonade zu befüllen. Kaltenbach schluckte, als er die Rechnung zahlte. Zusammen mit der Honigkerze hatte er seinen halben Wochenetat verbraten. Der falsche Italiener steckte ungerührt das knappe Trinkgeld ein. Ehe er aufbrach, fragte Kaltenbach nach der Toilette und wurde nach hinten verwiesen. Er stand auf und verschwand in den Katakomben des Altstadtbaus.
    Als er in das Lokal zurückkam, sah er, dass an seinem Tisch jemand Platz genommen hatte. Dort saß Luise. Es war das dritte Mal, dass er sie sah. Wieder war es anders und wieder auf seltsame Weise vertraut. Sie trug Jeans und einen einfachen dunklen Pullover, ein türkisfarbenes Tuch hatte sie sich in der Art eines Schals um den Hals gelegt. Ihre gelockten Haare waren zusammengebunden und mit einer Holzspange nach oben gesteckt. Vor ihr stand noch das Gedeck, das Kaltenbach benutzt hatte.
    Kaltenbach war völlig verblüfft.
    »Ja?« Die Frau hob die Augen und sah ihn an. Ihre Stimme klang weich und melodisch.
    Kaltenbach hatte das Gefühl, dazustehen wie ein Idiot. Doch dann nahm er seinen Mut zusammen. »Ich bin gerade hier gesessen. Da steht noch meine Tasse.«
    »Oh, entschuldigen Sie, ich wusste nicht … « Die Frau machte Anstalten aufzustehen, doch er winkte ab.
    »Nein, Sie bleiben natürlich sitzen. Ich wollte sowieso gerade gehen.«
    »Wissen Sie, dies ist nämlich mein Lieblingsplatz.« Sie setzte sich zögernd wieder hin.
    Der Kellner glitt heran, räumte das Geschirr weg und fuhr mit einer weit ausholenden Geste einmal mit einem schwarzen Tuch über den Tisch. Dann schob er ihr eine Tasse hin, die er zuvor auf dem Nachbartisch abgestellt hatte.
    »Latte macchiato, Signora, wie immer.«
    Kaltenbach fragte sich, ob er noch mehr als diesen einen Gesichtsausdruck auf Lager hatte. Er gab ihm ein Zeichen und deutete auf seine leere Tasse. Die Frau nahm den Milchkaffee mit beiden Händen und nippte daran.
    »Sind Sie zum ersten Mal hier?«
    »Ja, ich habe einen Kunstladen gesucht«, hörte er sich sagen. Es war zum Verzweifeln.
    »In der Fischerau?« Sie lächelte zum ersten Mal.
    »Genau genommen habe ich Ihren Laden gesucht. Genauer gesagt, ich habe Sie gesucht.«
    Die Frau hob überrascht den Kopf und betrachtete ihn aufmerksam. »Kennen wir uns?«
    »Es geht um das Unglück. Ihr Bruder, auf dem Kandel … «
    »Woher wissen Sie, dass er mein Bruder … « Ihre Stimme wurde abweisend. »Sind Sie von der Presse? Ich will nicht darüber reden!«
    »Cappuccino, prego!« Der Kellner verschaffte Kaltenbach eine kleine Verschnaufpause. Am besten, er blieb bei der Wahrheit.
    »Nein, ich bin kein Journalist. Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Ich erzähle Ihnen, warum ich hier bin. Sie können, wenn Sie nicht mehr möchten, mich jederzeit stoppen und wegschicken. Einverstanden?«
    Sie sah ihn an. Im Blick ihrer grauen Augen lag etwas Prüfendes, aber auch eine Mischung aus Verzweiflung und Neugier. Sie nickte stumm.
    »Ich bin Lothar Kaltenbach aus Emmendingen. Mir gehört der Weinladen im Westend.« Mit diesen Worten begann er zu erzählen. Er sprach von seinem Gefühl des Zweifels und der Unruhe, das ihn auf den Kandel hinaufgetrieben hatte, von der geheimnisvollen dritten Person in der Nacht, an die keiner glauben wollte, von dem merkwürdigen Fremden auf dem Friedhof. Er wusste, dass er nichts auslassen durfte, nicht einmal die heimliche Beobachtung im Wald am Fuß der Teufelskanzel, die ihm ein verrenktes Knie eingebracht hatte. Als er von der Triskele berichtete, meinte er ein Funkeln in ihren Augen zu sehen.
    Sie saßen sich schweigend gegenüber, nachdem er geendet hatte. Sie hatte ihren Kaffee nicht angerührt. Kaltenbach sah abwechselnd auf die Tischplatte und zu ihr. Es war der Moment, von dem alles abhing.
    Schließlich hielt er es nicht länger aus. »Was halten Sie davon?«
    Sie starrte schweigend vor sich hin. Kaltenbach sah, dass sie schön war. Dann hob sie mit einem Ruck den Kopf. »Ich weiß es nicht.« Für einen Moment sah sie ihm direkt in die Augen. »Noch nicht«, fügte sie etwas leiser, aber betont hinzu.
    »Können Sie … ?«
    »Er war mein Bruder. Mein kleiner Bruder.« Sie schüttelte den Kopf, wie um

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