Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall
heraus, dass er mit allen möglichen Drogen experimentiert hatte. Vor allem mit sogenannten Bewusstseinserweiterern.«
»LSD?«
»Halluzinogene Pilze, mexikanische Kakteen, Belladonna. Auch LSD ist letztlich nichts anderes als eine Verbindung aus einem Getreidepilz.« Martina trank ihren Kaffee mit einem Schluck aus. »Die Natur ist ein Warenhaus. Wer sich auskennt, findet alles. Wer sich nicht gut genug auskennt, findet, was er nicht sucht.« Sie sah auf die Uhr. »Noch fünf Minuten. Übrigens«, fügte sie hinzu, »hat ihn seine eigene Mutter einweisen lassen.«
Kaltenbach betrachtete nachdenklich das Foto. Das Dunkle, Düstere, das ihm von Anfang an nicht ganz geheuer vorgekommen war, bekam nun seine Erklärung. Schizophrenie. Eine gespaltene Persönlichkeit. Bis in die verschiedenen Namen hinein. »Und wie ist er wieder herausgekommen? War er geheilt?«
»Wie gesagt, er war sehr kooperativ. Kam schon bald in die Kommunikationsgruppen und in die offene Therapie. Nach zwei Jahren war er draußen.« Sie sah wieder auf die Uhr. »Tut mir leid, ich muss. Die Pausen sind immer zu kurz.« Sie stand auf und streckte Kaltenbach die Hand hin. »Kannst mich ja anrufen, wenn du noch mehr wissen willst.«
Sie nickte Markus zu und verschwand mit eiligen Schritten durch den Seiteneingang. Auch Markus musste wieder an die Arbeit. Sie trugen das Geschirr zu der Tablettablage neben dem Tresen. Vor der Tür zur Terrasse verabschiedeten sie sich.
»Wir sehen uns spätestens Freitag zum Stammtisch«, meinte Markus und wandte sich zum Gehen. »Ich hoffe, das war dir jetzt eine Hilfe.«
»Ich denke schon«, rief Kaltenbach ihm hinterher.
»Heute kommt Gott nicht mehr«, klang es von den Rauchertischen.
Auf der Rückfahrt holte Kaltenbach am Bahnhofskiosk zwei Brezeln, die er auf dem Weg zum Laden Stück für Stück in sich hineinstopfte. Er wusste nicht so recht, was er mit dieser Nachricht anfangen sollte. Ob Sutter wusste, dass sein engster Vertrauter ein ehemaliger Drogenabhängiger war? Auf jeden Fall gab er sich als jemand aus, der er nicht war.
Im Laden lagen die Papiere noch genau so, wie er sie zurückgelassen hatte. Auf jeden Fall musste er dieses Mal Luise gleich informieren. In ihrer Freiburger Wohnung meldete sich der Anrufbeantworter, ebenso auf der Mailbox ihres Handys. Auch in der Galerie in der Fischerau nahm niemand ab. Kaltenbach fiel ein, dass sie vielleicht noch in Emmendingen bei ihren Eltern war. Er suchte die Nummer aus dem Telefonbuch und wählte. Schon nach dem zweiten Läuten begrüßte ihn Luises Mutter.
»Das ist aber sehr nett, dass Sie anrufen. Luise hat schon viel von Ihnen erzählt.« Die Dame schien ihrer Stimme nach auf dem deutlichen Weg der Besserung. Ob er nicht Lust hätte, bei Gelegenheit auf ein Stück Kuchen vorbeizukommen.
Kaltenbach wurde unruhig. »Ja, Frau Bührer«, unterbrach er sie, »Gerne. Aber könnte ich vielleicht zuerst kurz mit Ihrer Tochter sprechen?«
»Luise ist nicht mehr da.«
»Wo ist sie? Wie kann ich sie erreichen?« Kaltenbach trommelte ungeduldig mit den Fingern auf die Tischplatte.
»Sie ist runter in den Schwarzwald gefahren. Wissen Sie das nicht? Sie hat sogar extra bei Ihnen zu Hause angerufen.«
Vor Kaltenbachs innerem Auge flackerte das Lämpchen des Anrufbeantworters in Maleck. Seine Unruhe steigerte sich.
»In den Schwarzwald?«
»Ja, es hat einer angerufen, ein Herr Suder oder Sutterer oder so ähnlich. Von dort, wo sie am Samstag mit Ihnen war.«
»Sutter?«
»Möglich. Er wollte ihr etwas Wichtiges zeigen. Wegen Peter. Luise war ganz aufgeregt. Sie ist gleich losgefahren.«
Kaltenbach hörte nicht mehr hin. Luise war auf dem Weg zu dem Mann, vor dem er sie warnen wollte! Sein Gefühl sagte ihm, dass hier etwas nicht stimmte. Er musste dringend etwas unternehmen.
Er beendete das Gespräch so höflich und so schnell es ging. Was hatte Sutter, das er Luise zeigen konnte? Was ging bei den ›Wächtern‹ vor? Er spürte, dass er sie jetzt nicht allein lassen konnte.
Kaltenbach fluchte, dass er ausgerechnet heute den Roller genommen hatte. Er ließ ein zweites Mal alles stehen und liegen und fuhr so rasch es ging nach Maleck, um seinen Wagen zu holen. Luise hatte tatsächlich angerufen. Ihre Stimme auf dem Anrufbeantworter klang freudig erregt, als sie ihm von Sutters Anruf berichtete.
›Schade, dass du nicht mitkommen kannst‹, sagte sie zum Schluss. ›Jetzt wird sich alles aufklären!‹
Der Parkplatz unterhalb des Hauses der
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