Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Teufelskreise (German Edition)

Teufelskreise (German Edition)

Titel: Teufelskreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Robertson
Vom Netzwerk:
den Kopf.
    Ich setzte mich neben sie, ohne sie zu berühren. »Weißt du … meine Mom hat mich auch verlassen.«
    Ihr Kopf fuhr herum. In der Dunkelheit wirkten ihre Augen riesig.
    »Sie ist noch am Leben, aber sie hat mich auch verlassen. Ich habe sie das letzte Mal gesehen, als ich ungefähr so alt war wie du.«
    »Warum ist sie gegangen?«
    »Man kann wohl sagen, sie ist weggelaufen, um mit ihrem Freund zusammenzuleben.«
    »Und was ist mit deinem Vater?«
    »Ich habe ihn nie kennengelernt«, sagte ich und wusste, dass sie auch das gut verstehen konnte. Ihr Vater war gestorben, als er Lorrie gegen einen Wærwolf verteidigte, der sie in einem Park nach einer Geburtstagsfeier angegriffen hatte. Lorrie hatte mir von dem Vorfall erzählt. Die damals sechsjährige Beverley war über das Wochenende bei guten Freunden gewesen. »Das haben wir gemeinsam, Beverley. Wir haben beide unsere Eltern verloren. Es tut mir leid, dass ich deine Mutter nicht beschützen konnte. Im Moment geht hier noch alles drunter und drüber, aber ich schwöre, wenn du bei mir bleiben möchtest, dann kümmere ich mich um das Sorgerecht für dich. Ich werde dich beschützen und für dich sorgen, so gut es mir möglich ist.«
    Sogar in der Dunkelheit sah ich Beverleys Tränen in ihren Augen glitzern, aber Schritte auf der Veranda lenkten mich ab. Ich warf einen Blick aus dem Fenster, und Johnnys Schatten war nicht zu verkennen. Ich entspannte mich wieder. »Du musst es nicht jetzt entscheiden«, sagte ich zu Beverley. »Denk drüber nach. So lange, wie du brauchst.«
    Weinend schlang sie ihre Arme um mich. In den letzten Tagen hatte sie so viel geweint, dass es einem Wunder gleichkam, dass sie überhaupt noch Tränen übrig hatte. Ich hielt sie fest, bis sie sich beruhigt hatte. Nanas Silhouette glitt vom Ess- ins Wohnzimmer. »Persephone?«
    »Ja?«
    Beverley rückte von mir ab.
    »Du solltest besser herkommen und dir das ansehen.« Nana stieß Zigarettenrauch Richtung Decke aus.
    Ich ging zu ihr. »Was soll ich mir ansehen? Den Inhalt der Kiste?«
    »Nein. Ich glaube nicht, dass sie sie schon geöffnet haben. Aber dafür habe ich etwas in dem Codex gefunden. Etwas, das nützlich sein könnte.«
    Als ich in die Küche kam, fiel mein Blick als Erstes auf die Holzkiste auf dem Küchentresen – auf dieselbe Kiste, die ich schon in Vivians Büro im Coffeeshop gesehen hatte. »Eine Sekunde noch, Nana.« Ich trat zu Vivian. »Du erpresst also denjenigen, der dich gezeichnet hat. Mit dem, was in der Kiste dort ist, nicht wahr.«
    Sie heuchelte ein liebenswürdiges Lächeln. »Der Inhalt ist sozusagen mein vergoldetes Sicherheitsnetz.«
    »Dann erklär uns doch mal, warum eine Hexe mit so lukrativen Verbindungen zu einem Vampir noch als Manager in einem Coffeeshop arbeitet.«
    Sie leckte sich die vom Knebel trockenen Lippen. »Wegen der Auswahlkriterien des Rates. Alle Ältesten, die in den letzten fünfzig Jahren berufen wurden, waren in der Gemeinde aktiv. Es ist Gold wert, eine erfolgreiche Geschäftsfrau zu sein.« Als ich sie wieder knebeln wollte, wandte sie rasch ihren Kopf ab. »Und wenn du klug bist, dann lässt du mich mit dem Buch und der Kiste gehen. Andernfalls wirst du Menessos’ Zorn auf dich ziehen.«
    Den Namen hatte ich schon einmal gehört: Es war der des Meisters, der auch Goliath gewandelt hatte. Ich knebelte Vivian wieder. »Was wolltest du mir zeigen?«, fragte ich Nana.
    »Das hier.« Sie deutete auf eine Seite des Buches. Der Text war in Latein verfasst, die Buchstaben in einer altertümlichen Schrift, die schon an Kunst grenzte. Es erfüllte mich mit Ehrfurcht, etwas so Altes, Wertvolles und Schönes betrachten zu dürfen. Hier und da erkannte ich einige, wenige Worte, als ich die Seite überflog.
    »Wovon handelt der Text?«
    »Es ist ein Ritual, um die Energie des Mondlichts und der Erde für sich zu nutzen.«
    Ich verstand nicht. »Und warum könnte uns das Ritual nützlich sein, Nana?«
    »Damit können wir deine verletzte Freundin dazu bringen, sich unabhängig vom Vollmond zu wandeln. Ich meine, vollständig zu wandeln.«
    »Aber das ist doch Magie«, wandte Erik ein.
    »Nana, du weißt, was das –«
    »Natürlich weiß ich das! Ich bin schließlich keine Anfängerin, Persephone«, sagte sie beleidigt.
    Weil ich nicht schon wieder streiten wollte, wartete ich, meine Miene in einem erwartungsvollen Ausdruck gefroren. Wir starrten uns an, jeder von uns fest entschlossen, nicht nachzugeben. Nana sah, nun ja, man konnte

Weitere Kostenlose Bücher