Teufelskuss und Engelszunge - Jones, E: Teufelskuss und Engelszunge
große, bullige Männer, die finster dreinschauten und gerade dabei waren, einen abgerissenen Typ des Hauses zu verweisen. Marafella waren die beiden nicht geheuer, Ben hingegen begrüßte sie freundlich und schritt an ihnen vorbei, als täte er das jeden Abend. Er fasste Marafella bei der Hand und zog sie mit sich. Sie stolperte ein wenig, konnte sich jedoch aufrecht halten.
Die Musik im Inneren war tatsächlich unheimlich laut, allerdings wirkte sie weitaus weniger unerträglich als beim ersten Mal. Eindringlich wummerten die Töne und versetzten den Fußboden in ein Vibrieren, das Marafella gefiel. Es schlich sich durch die Stiefelsohlen in ihre Glieder, machte sie geschmeidig und biegsam. Es fühlte sich fantastisch an.
Ihre Empfindungen schienen sich verändert zu haben. Offenbar ein Nebeneffekt ihres momentanen Zustands der Sterblichkeit.
Ben durchforstete die Disco wie ein Profi, während Marafella sich lieber damit beschäftigen wollte, die Menschen zu betrachten und vielleicht mit dem einen oder anderen zu sprechen. Das war eigenartig und sie wusste nicht genau, woher dieses Verlangen kam. Sie sah eine Frau, deren neonblaue Lederkleidung mehr offenbarte als verhüllte. Genauer gesagt bestand ihr Kostüm aus diversen breiten Streifen, die sich wie Lianen um ihren Leib schlängelten. Ihr Dekolleté war gewaltig. Die tiefe freiliegende Spalte zwischen ihren Brüsten lud zu unanständigen Gedanken ein.
Marafella grinste zu ihr hinüber und die Frau grinste zurück, schob sich den Strohhalm ihres Getränks zwischen die vollen Lippen und sog genüsslich daran. In ihren Augen glitzerte es verheißungsvoll.
Ein Ziehen und Pochen schlich sich in Marafellas Unterleib. Es war so heftig, dass sie abrupt stoppte und sich mit der freien Hand wie in einem Anfall den Bauch hielt. Stöhnend sah sie zu Ben auf, der sich durch ihr ruckartiges Anhalten zu ihr umgewandt hatte und dabei einen wenig erfreuten Eindruck machte.
»Was ist los?« Seine Stimme klang laut und unwirsch, aber schließlich, sagte sich Marafella, musste er auch die Musik übertönen. Er beugte sich zu ihr vor.
»Ich weiß nicht«, sagte sie wahrheitsgemäß, denn sie begriff selbst nicht, was da mit ihr und ihrem Körper geschah. Plötzlich genoss sie sogar Bens Nähe und fragte sich, ob es eine Möglichkeit gab, dass er ihr eigenartiges Verlangen stillte. Seine Ausstrahlung zog sie an, wie ein Magnet. Sie wollte die Arme um ihn schlingen und sich an ihn pressen. Schließlich tat sie einen Schritt nach vorne. Sie reckte ihm das Gesicht entgegen, wurde wie magisch von ihm angezogen, und drückte ihren Mund auf den seinen. Ihre feuchten Lippen schmiegten sich gegen seine, die sich trocken und leblos anfühlten. Trotzdem verursachte diese intime Begegnung ein Prickeln in ihrer Magengegend.
Zunächst verhielt sich Ben abwehrend. Er reagierte gar nicht auf ihre Bemühungen. Erst als Marafella die Hände einsetzte und die Fingerspitzen über die Haut in seinem Nacken streifen ließ, gab er jeden Widerstand auf. Er öffnete seinen Mund, schob seine Zungenspitze vor und zwischen Marafellas Lippen. Sie genoss sein Spiel, passte sich ihm an, bis sie die Augen schloss und trotzdem tausend Sterne vor sich tanzen sah.
Als Ben sich von ihr löste, war sie verwirrt. Blinzend kam sie wieder zu sich, starrte ihn an, als würde sie ihn zum ersten Mal wirklich betrachten.
»Das war …«, sie suchte nach dem richtigen Wort, um ihre Gefühle auszudrücken.
»Unbeschreiblich«, sagte sie, da ihr nichts Besseres in den Sinn kam.
»Es war nur ein Kuss.« Ben lächelte, woraufhin Marafella der eigenartigen Überzeugung verfiel, sie wäre so etwas wie Wachs, das in seiner Gegenwart schmelzen müsste.
»Ein Kuss«, wiederholte sie. Es war nicht so, als hätte sie niemals davon gehört. Engel wussten einige Dinge über menschliche Gepflogenheiten. Ausprobiert hatte sie es zuvor jedoch nicht und sie hätte auch nicht geahnt, dass es sich so gut anfühlte. Sie wollte es unbedingt wiederholen.
»Können wir das noch mal tun?«, fragte sie daher unverblümt.
Ben zuckte mit den Schultern, als wäre es ihm egal. Sein Gesichtsausdruck erzählte allerdings eine ganz andere Geschichte. Da lag eine unbestimmte Unsicherheit in seinen Augen. Er machte beinahe den Eindruck, ein schlechtes Gewissen zu haben.
Beelzebub war hin und her gerissen. Natürlich hatte er sich schon vom ersten Moment an von Marafella angezogen gefühlt und geplant, sie zu verführen. Nur wollte er vorher
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