Teufelsleib
halten. Ich möchte alles über Herrn Neuendorf wissen, um ihn ausschließen zu können.«
»Das ist Wahnsinn, aber bitte. Herr Neuendorf zog kurz vor Weihnachten 2006 in unseren Gemeindebereich. Er unterrichtet Englisch und Musik am Albert-Einstein-Gymnasium in Heusenstamm. Wenn Sie ihn verdächtigen …«
»Er ist Gymnasiallehrer?«, fragte Brandt nach, der daran dachte, dass das erste Opfer, Liane Schreiber, Gymnasiallehrerin in Darmstadt gewesen war. »Noch mal: Sie kennen ihn seit etwas über drei Jahren. Richtig?«
»Ja.«
»Wie alt ist er?«
»Dreiunddreißig. Er ist am 23. Dezember dreiunddreißig geworden. Welche Relevanz hat das? Und was hat das mit dem Verschwinden von Erika und Juliane zu tun?«
»Beantworten Sie bitte nur meine Fragen. Wie kam es, dass Sie und Herr Neuendorf sich angefreundet haben? Ging das von Ihnen oder von ihm aus?«
»Eher von ihm, wenn ich’s recht bedenke. Er hat hier einen Chor aus dem Boden gestampft, der einfach einmalig ist. Wir schätzen uns glücklich, dort mitsingen zu dürfen.«
»Gut. Wo hat Herr Neuendorf gewohnt, bevor er nach Offenbach kam? Oder ist er nur von einem Stadtteil in den nächsten gezogen?«
»Das weiß ich ehrlich gesagt nicht. Ich meine aber, er hat einmal erwähnt, dass er aus Frankfurt kommt. Thomas, sag du doch auch mal was«, forderte Trautmann seinen Sohn auf, der bislang schweigend der Befragung gefolgt war.
»Was soll ich denn sagen? Ich weiß auch nicht, wo er herkommt, er hat nie darüber gesprochen.«
»Und Sie waren auch gestern mit ihm zusammen?«
»Ja, er hatte den Tisch im Restaurant bestellt. Danach ist er noch auf einen Kaffee mit zu uns gekommen und ist dann nach Hause gefahren. Er sagte, er müsse noch einiges für die Schule vorbereiten.«
»Wann ist er nach Hause gefahren?«
»Thomas?« Trautmann sah seinen Sohn an.
Der zuckte nur die Schultern und meinte: »Halb vier, vier. So um den Dreh. Aber warum versteifen Sie sich so auf Johannes, der könnte keiner Fliege was zuleide tun. Er ist, wie mein Vater schon sagte, praktisch ein Teil unserer Familie.«
Brandt nickte. »Sie haben doch eine Apotheke, Herr Trautmann.«
»Ja.«
»Dann haben Sie gewiss auch schon oft den Spruch gehört, man hat schon Pferde vor der Apotheke kotzen sehen. Wissen Sie, ich bin seit bald dreißig Jahren bei der Polizei. Für mich gibt es nichts, was es nicht gibt. Kommen wir noch mal zurück zu Ihrer Frau und Tochter. Haben sie sich noch einmal bei Ihnen gemeldet, nachdem sie das Haus verlassen haben?«
»Nein. Ich bin irgendwann auf dem Sofa eingeschlafen, Thomas war auf seinem Zimmer.«
»Gab es gestern oder in den vergangenen Tagen irgendwelche merkwürdigen Vorkommnisse wie seltsame Anrufe …«
»Nein, nichts, rein gar nichts«, wurde Brandt von Trautmann unterbrochen. »Es war alles so wie immer. Wir haben keine Feinde, wir sind sehr aktiv in der Kirche … Ich habe keine Ahnung, wer uns etwas Böses wollen könnte. Herr Neuendorf schon gar nicht.«
»Also gut. Würden Sie mir bitte die Adresse und Telefonnummer von Herrn Neuendorf geben? Ich habe sie zwar, aber nicht bei mir. Wir werden ihn überprüfen und sehen, ob er mit dem Verschwinden Ihrer Frau und Tochter etwas zu tun hat oder ob er uns vielleicht helfen kann. Ich melde mich bei Ihnen und bitte Sie, mir unverzüglich Bescheid zu geben, sollten Ihre Frau und Tochter wieder auftauchen. Hier ist meine Karte, ich bin rund um die Uhr zu erreichen.«
Thomas Trautmann schrieb die Adresse und Telefonnummer von Johannes Neuendorf auf einen Zettel und reichte ihn wortlos Brandt.
»Was glauben Sie? Seien Sie ganz ehrlich, ich kann die Wahrheit vertragen«, sagte Trautmann.
»Noch glaube ich überhaupt nichts. Ich will Ihnen keine falschen Hoffnungen machen, ich will aber auch nicht, dass Sie die Hoffnung verlieren. Gute Nacht.«
»Die werde ich nicht mehr haben, es ist ja schon fast Morgen und … Ich werde die Apotheke heute nicht aufmachen, ich schaffe das nicht. Nicht, solange ich nicht weiß, was mit Erika und Juliane ist.«
»Das kann ich verstehen. Ich muss jetzt los. Versuchen Sie trotzdem, etwas Ruhe zu finden.«
Brandt ging nach draußen, wo Schulze und Weiner in der Kälte vor dem Auto standen und rauchten.
»Ich brauche eine Personenüberprüfung. Hier sind die Eckdaten, ich will alles über diesen Typen wissen. Johannes Neuendorf, geboren am 23.12.76, vermutlich hat er bis vor drei Jahren in Frankfurt gewohnt. Mehr Infos hab ich nicht, außer dass er Lehrer am
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