Teufelsleib
Leben aufgegeben und hättest noch die Möglichkeit gehabt, mich zurückzuholen. Aber du wolltest es nicht, weil Max nichts über deine verhurte Jugend erfahren sollte. Und schon gar nicht, dass du schon einmal entbunden hattest. Einen elenden Balg, mit dem du nichts anfangen konntest. Du und Max, ihr habt geheiratet, und am 28. Dezember 1978 wurde Juliane geboren. Was muss das für eine Freude gewesen sein … Doch ich hab genug für heute, ihr sicher auch.«
Er bewegte sich noch ein paarmal schnell in Juliane, ejakulierte und löste sich schließlich von ihr, zog seine Hose hoch und machte sie zu, packte seine Halbschwester unter den Achseln und setzte sie so hin, dass er ihr wieder die Fußfesseln anlegen konnte.
»Weißt du, Mama, es hätte für dich auch noch eine andere Option gegeben, du hättest mich abtreiben können. Warum hast du das nicht getan? Mindestens sechs Frauen wären dann heute noch am Leben. Scheiße, was? Auch du wirst mit dieser Schuld leben müssen.«
Erika Trautmann blieb ihm die Antwort schuldig.
»Was mich noch interessieren würde – wussten deine Eltern eigentlich von der Schwangerschaft? Oder hast du sie ihnen verheimlicht? Andererseits, der Apfel fällt ja nicht weit vom Stamm, wie es so schön heißt, vielleicht wussten sie’s und haben dir gesagt, dass du den verfluchten Balg weggeben sollst. Doch du antwortest mir ja sowieso nicht, also werde ich keine weiteren Fragen stellen. Ich bin da, und das habe ich dir zu verdanken … Tut mir leid, ich werde euch leider knebeln müssen, ich will nämlich nicht, dass ihr euch die Seele aus dem Leib schreit, könnte ja immerhin sein, dass doch jemand aus der Nachbarschaft etwas hört. Und das wollen wir doch nicht, oder?«
»Warte, nur noch eine Frage«, sagte Juliane und sah Johannes in die Augen. »Warum hast du all die anderen Frauen umgebracht? Was haben sie dir getan, Bruder?«
Er verharrte in der Bewegung, kaute auf der Unterlippe, sah Juliane an, als hätte sie etwas ganz Besonderes gesagt, und antwortete nach einigem Überlegen beinahe emotionslos: »Liebe Schwester, jede, aber auch jede von ihnen war eine Hure. Wie unsere Mutter. Nur du bist anders. Es tut mir leid, dass ich dir wehtun musste.«
Sie wollte noch etwas sagen, doch er steckte ihr mit roher Gewalt ein Taschentuch in den Mund und band ein zweites Tuch hinter ihrem Nacken zusammen. Das Gleiche machte er mit Erika Trautmann, die es regungslos über sich ergehen ließ. »Ich hätte euch noch so viel zu erzählen, zum Beispiel, wie leicht es ist, einen Menschen zu töten. Es ist so einfach, man glaubt es nicht. Jeder kann es, man muss sich nur überwinden. Ja, und es gibt noch so viel mehr, was ihr wissen solltet. Vielleicht nachher.«
Im Hinausgehen sagte er: »Ich komme später wieder, dann werde ich euch meine Entscheidung mitteilen, was mit euch geschehen soll. Es gibt mehrere Optionen, und eine besagt, dass ich euch am Leben lasse. Das tue ich dann allerdings nicht für dich, Mutter, sondern allein für meine Schwester.«
Er verließ das Haus, löschte das Licht und schloss die Tür ab. Um 1.55 Uhr fuhr er in die Garage seines Hauses in Offenbach. Er war müde und doch hellwach, und mit einem Mal kam ihm alles, sein ganzes Leben, wie ein surrealer Traum vor. Er legte sich angezogen aufs Bett, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, und starrte an die Decke. Nur wenige Augenblicke später stand er wieder auf, trank ein Glas Wein und drehte laut Musik auf. Metallica, Heavy Metal – wie sonst, wenn er diese unerträgliche innere Unruhe verspürte und sie mit den hämmernden, schnellen und krachenden Riffs und Beats zu vertreiben versuchte. Doch diesmal halfen weder Metallica noch Slayer, die er in den CD -Spieler legte, als Metallica ihm nicht hart genug schien. Wütend, zornig und innerlich aufgewühlt wie seit seiner Zeit im Waisenhaus nicht mehr, legte er eine CD von Helene Fischer ein, das genaue Gegenteil von Metallica oder gar Slayer. Deutscher Schlager, sanft und melodisch, aber
bereits nach wenigen Takten riss er die CD wieder heraus, schleuderte sie in die Ecke und versuchte es mit Motörhead. Die Lautstärke drehte er fast bis zum Anschlag hoch. Johannes stand mitten im Zimmer, er hätte alles zertrümmern können, denn in diesem Moment war ihm klargeworden, dass er sein ganzes Leben verpfuscht hatte und es nichts mehr zu kitten gab.
Er ließ sich auf die Couch fallen, schloss die Augen und atmete tief durch. Er wusste nicht mehr, was er tun
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