Teufelsmauer
ging mit Hecht und Morgenstern ein Stück abseits. »Sie wollen ein Interview machen? Gerne doch.«
»Knapp daneben«, sagte Morgenstern. »Wir sind von der Kriminalpolizei in Ingolstadt und haben ein paar Fragen an Sie.«
»Kriminalpolizei?« Russer war zweifelsfrei erschrocken.
»Kripo Ingolstadt. Oberkommissar Morgenstern und Oberkommissar Hecht.«
Russer rückte noch ein Stück weiter von seinen Kameraden ab, gefolgt von den beiden Ermittlern. »Es muss ja nicht jeder hören, was wir hier zu sprechen haben«, flüsterte er. »Also, wer hat mich hingehängt? Das waren garantiert die vom privaten Grabungsbüro in Ingolstadt.« Seine Augen blitzten wütend. Als keine Reaktion kam, wurde er konkreter. »Na, diese studierten Archäologen, die die offiziellen Ausgrabungen für das Landesamt für Denkmalpflege vornehmen. Mit denen hab ich schon länger Stress. Die warten nur darauf, dass sie mir die Polizei auf den Hals hetzen können. Sie wissen schon, Raubgräber und so.«
»Interessant«, sagte Hecht nur.
Russer sprach aufgeregt weiter: »Als ob ich auch nur ein einziges Mal eine von ihren Baustellen gefilzt hätte. Blöd müsste ich sein.« Er nahm einen Schluck aus seinem Trinkgefäà und verzog das Gesicht. »Ich weià nicht, ob ich mich an das Zeug jemals gewöhnen werde. Ein Gemisch aus Wasser und saurem Wein, eher gesagt Essig, heiÃt auf Latein âºPoscaâ¹. Damit kann man mich jagen. Aber es heiÃt, die römischen Legionäre hätten im Dienst nie was anderes getrunken. Immerhin löscht die Posca den Durst.«
Er sah die Besucher mit einem Mal skeptisch an. »Sie kommen doch wegen der Archäologie, wegen meiner Suche mit dem Metalldetekor. Oder?«
Morgenstern lieà die Frage einen Moment im Raum stehen. »Nein, Herr Russer«, sagte er dann. »Das ist uns total egal.«
Ãber ihnen schrie ein Mäusebussard so laut auf, dass alle drei den Kopf nach oben wandten, wo der Raubvogel seine Kreise zog und in den Stoppelfeldern nach unvorsichtigen Mäusen Ausschau hielt, seien sie nun auf römischer oder auf germanischer Seite.
»Ja, wie ⦠warum â¦Â« Russer geriet kurz ins Stammeln. »Es geht gar nicht um Raubgrabungen? Was wollen Sie denn dann?«
»Wir würden gerne mit Ihnen über Barbara Breitenhiller sprechen.«
Jetzt wirkte der Legionär völlig überrascht. »Die Barbie? Warum das denn, was ist mit ihr?«
Morgenstern beobachtete Russer genau und versuchte herauszufinden, ob seine Ahnungslosigkeit nur gespielt war. Schwer zu entscheiden.
»Wann haben Sie Frau Breitenhiller zuletzt gesehen?«, fragte er schlieÃlich, und Hecht lauerte mit seinem treuen teuren Montblanc-Füllfederhalter auf die Aussage.
»Wieso wollen Sie das wissen?«
»Wir stellen hier die Fragen«, gab Morgenstern barsch zurück.
Gundekar Russer blickte vorsichtig um sich, ob ihn seine Legionskameraden hören konnten, dann fuhr er im Flüsterton fort: »Die Barbie ⦠ich hab die Barbie am Sonntagnachmittag getroffen. Unten in Kipfenberg, beim Limesfest. Wir haben uns kurz unterhalten, und ich habe ihr gesagt, wie toll sie als Limeskönigin aussieht. Das hat auch gestimmt. Wissen Sie, wir waren mal eine Weile ein Paar.«
Morgenstern nickte. »Und danach, nach dem Treffen?«
»Ich hatte leider nicht viel Zeit. Ich hab mir den Festzug angesehen, bin noch auf eine Maà ins Bierzelt, und dann bin ich wieder abgezogen.« Wieder sah er nach den Legionären.
»Haben Sie was zu verbergen vor Ihren Freunden?«, fragte Morgenstern.
»Pscht!«, machte Russer und hielt sich den Zeigefinger vor den Mund. »Der Zenturio soll nicht wissen, dass ich auf dem Limesfest war. Das könnte Ãrger geben.« Wieder nahm er einen Schluck aus seiner Feldflasche. »Es hat die eindeutige Entscheidung gegeben, dass das Limesfest für uns nicht in Frage kommt. Unser Zenturio hat vor ein paar Jahren Streit mit der Gemeinde Kipfenberg gehabt, da ging es um ein Antrittshonorar für unsere Gruppe. Das ist verweigert worden, und deswegen machen wir da aus Prinzip nicht mit.«
»Sie sind aber trotzdem hingegangen.«
»Genau, als Privatmann sozusagen. Wir hatten am Sonntag unser Lager ausgerechnet oberhalb von Kipfenberg aufgeschlagen. Im Wald über der Schule sind ein hölzerner Wachturm und ein kurzes Stück
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