Teufelsmauer
nicht im Einsatz. Bei einem fern der HauptstraÃen verunglückten Radfahrer gab es keinen Bedarf an Verkehrsregelung, Schaulustige in gröÃerer Zahl waren hier ebenfalls nicht zu erwarten. Ein Stück die StraÃe abwärts stand ein Traktor mit Anhänger auf der Seite.
Dr. Heinrich Pietzka lag auf dem Schotterweg unter einer silbernen Abdeckfolie, gnädig vor den Blicken der Umstehenden verborgen. Nur das rechte Bein lugte unter der Plane hervor, Morgenstern erkannte modische knallgelbe Radlerschuhe, die auf einen ambitionierten Sportler schlieÃen lieÃen. Ein Beamter der Polizeiinspektion Beilngries begrüÃte die Ermittler.
»Er hat wohl die Kontrolle übers Rad verloren«, sagte er. »Das ist saugefährlich hier bei dem Gefälle und dem Schotter. Ein richtig teures Mountainbike, das liegt da drüben. Wahrscheinlich hat er sich in voller Fahrt verbremst. Die Vorderbremse statt der hinteren erwischt. Und schon hebt es einen mit Karacho über den Lenker. Das ist bei uns schon der fünfte schwere Fahrradunfall. Die meisten passieren unten auf dem Altmühltalradweg, da geht es jetzt im Sommer zu wie auf dem Stachus.«
Morgenstern beugte sich zu dem Toten und schob die Folie ein Stück zurück. Das Gesicht war blutverkrustet, die Nase gebrochen, die Haare verklebt von einer grauweiÃen Masse, die aus dem gebrochenen Schädel herausgequollen war. Heinrich Pietzka war einer der vielen Männer, die auf dem Fahrrad keinen Helm tragen wollten, wohl um das vom Fahrtwind verursachte Freiheitsgefühl nicht einzuschränken. Morgenstern nahm sich fest vor, für sich und Fiona gleich am nächsten Tag einen Fahrradhelm zu kaufen. Die Kinder hatten längst welche.
»Weià seine Frau Bescheid?«, fragte er.
»Logisch. Sie hat uns um halb neun Uhr angerufen, in Beilngries, dass ihr Mann nicht von seiner Morgenrunde zurückgekommen ist. Wir haben sie erst mal vertröstet, sie soll sich gedulden. Dass sein Rad vielleicht einen Platten haben könnte. Das Handy hat er dummerweise nicht eingesteckt. Eine halbe Stunde später hat ihn dann ein Bauer aus Schafhausen gefunden.«
»Schafhausen?«
»Die StraÃe runter, im Anlautertal, das nächste Dorf. Der Bauer wollte nach seinem Wald schauen, anscheinend hat er Probleme mit Borkenkäfern.«
»Wir haben heuer ein Borkenkäferjahr«, sagte Morgenstern ganz selbstverständlich, als wäre er tagein, tagaus mit Forstwirtschaft befasst, während er in Wirklichkeit nicht mehr wusste als das, was er in dieser Woche von Harvester-Fahrer Werner Bauernfeind gehört hatte. Der Kollege aus Beilngries schaute beeindruckt.
»Und wo ist Frau Pietzka jetzt? Ist sie nicht hier?«
»Sobald wir hier waren, haben wir sie angerufen und ihr Bescheid gegeben. Das war wohl nicht besonders schlau von uns«, sagte der Kollege selbstkritisch. »Sie hat einen Nervenzusammenbruch erlitten und hysterisch rumgeschrien. Wir haben sie vom Notarzt wegbringen lassen, ins Ingolstädter Klinikum.« Er seufzte. »Immerhin hat sie ihren Mann identifiziert.«
Hecht und Morgenstern sahen sich an. »Wir kennen ihn auch«, sagte Hecht. »Wir haben erst gestern mit ihm gesprochen, über die tote Limeskönigin. Er hatte Streit mit ihrem Vater, wegen dieses Freizeitparks.«
Morgenstern fasste nach. »Vorhin war die Rede von âºMorgenrundeâ¹. Ist Pietzka die Strecke denn regelmäÃig gefahren?«
»RegelmäÃig wie ein Uhrwerk. Dreimal die Woche. Immer dieselbe Tour. Von Hirnstetten durch den Wald hinunter nach Schafhausen, von dort das Anlautertal aufwärts nach Erlingshofen, weiter nach Altdorf und Emsing, dann wieder aus dem Tal raus hoch nach Herlingshard und schlieÃlich auf der Jurahöhe über Wachenzell und Götzelshard heim nach Hirnstetten. Das hat uns seine Frau gleich bei der ersten Vermisstenmeldung gesagt. Der Kollege hat sich das notiert.«
»Und das hat Pietzka alles geschafft, bevor er an die Arbeit zu Audi nach Ingolstadt gefahren ist?«, staunte Morgenstern. Unfassbar, welche Disziplin manche Menschen an den Tag legten. Er selbst nahm sich immer wieder mal vor, jetzt aber ganz bestimmt das Jogging-Training wieder aufleben zu lassen. Aber doch nicht in aller Herrgottsfrühe!
»Ja, seine Frau hat gesagt, dass er um sechs Uhr aus dem Haus ist. Und dass er für die Tour ziemlich genau eine Stunde
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