Teufelsmauer
Schrobenhausen allerhand gewohnt, aber das hier in Eichstätt ist noch einmal ein ganz anderes Kaliber.«
Morgenstern, der morgens grundsätzlich keinen Bissen hinunterbrachte, verzehrte aus reiner Dankbarkeit eine Marmeladensemmel.
»Wie bist du überhaupt auf die Idee gekommen, nach Nürnberg zu fahren?«, fragte er kauend.
»Ich war schon auf dem Heimweg. Doch dann bin ich ins Grübeln gekommen. Das war Intuition. Also habe ich überlegt, ob ich die Kollegen in Nürnberg anrufe, damit sie im âºCrazy Horseâ¹ nach dem Rechten sehen. Aber was hätte ich denen sagen sollen? Dass Mike Morgenstern im Anmarsch ist, seine verschollene Frau sucht und dabei vielleicht den Laden aufmischt? Am Ende habe ich umgedreht und bin selbst nach Nürnberg gefahren.« Hecht deutete auf seine Nase: »Das, mein Freund, ist eine Spürnase.«
»Aber was ist mit Fiona?«, wehklagte Morgenstern.
»Die meldet sich schon. Wirst sehen.«
»Dein Wort in Gottes Ohr.« Morgenstern verschüttete vor Sorge seinen Kaffee.
Im Polizeipräsidium wurden sie bereits ungeduldig erwartet. Polizeidirektor Adam Schneidt wollte über den neuesten Stand der Ermittlungen in Kenntnis gesetzt werden. Als Hecht und Morgenstern in sein Büro kamen, saà dort auf dem niedrigen speckigen Sofa bereits Alina Baumüller. Vor sich hatte sie einen Stapel Papierausdrucke liegen, auf dem Schoà stand ein aufgeklapptes Notebook. Morgenstern quetschte sich neben sie. Hecht nahm auf einem unbequemen hölzernen Stuhl Platz.
»Meine Herren«, schnarrte Schneidt, »ich erwarte Ergebnisse. Die Ãffentlichkeit sieht uns genau auf die Finger, der Fall hat bayernweit Schlagzeilen gemacht. Und wir können, soweit ich das bisher weiÃ, noch nichts Nennenswertes vorweisen.«
Morgenstern schaute Schneidt bekümmert an.
»Was haben Sie denn mit Ihrem Auge angestellt, Morgenstern? Sie haben sich doch wohl nicht geprügelt?«
»Aber nein«, beeilte sich Morgenstern zu versichern. »Ich habe mich gestern Abend zu Hause am Küchenschrank gestoÃen. Ein blöder kleiner Unfall.«
Schneidt schnaubte. »Das glaube Ihnen, wer will. Ich nicht. Ich hoffe für Sie, dass dieser âºUnfallâ¹ kein Nachspiel hat. Und jetzt möchte ich wissen, was es an Neuigkeiten gibt. Frau Baumüller, fangen Sie einfach mal an.«
Die junge Beamtin straffte den Oberkörper und blickte dann auf ihren Bildschirm. »Wir erhalten über die Facebook-Freunde Hunderte von Informationsschnipseln. Ich hätte nicht gedacht, dass das so gut funktioniert. Ich war heute wieder die halbe Nacht am Chatten.«
»Wie? Am Chatten?«, fragte Schneidt.
»Na, ich bin ununterbrochen on, also eigentlich ist Barbara Breitenhiller on, und dann treten die Leute mit mir in Kontakt. Das ist dann wie E-Mail, nur direkter.«
»Ach so«, sagte Schneidt.
Alina Baumüller strich sich die Haare aus dem Gesicht. »Ich habe zum Beispiel gleich mehrfach den Hinweis bekommen, dass in einem Eichstätter Fotostudio bis vor Kurzem Bilder einer jungen Frau mit einem römischen Kettenhemd ausgestellt waren.«
»Davon haben wir auch schon gehört«, warf Morgenstern eifrig ein. »Das waren halb erotische Fotos, die ein Hobbylegionär von seiner Freundin hat machen lassen. Die Parallele ist nicht zu übersehen. Und diese Freundin und Barbara Breitenhiller kannten sich sogar.«
»Vielleicht hat sich der Mörder durch diese Fotos animieren lassen«, meinte Schneidt.
Alina Baumüller studierte wieder ihr Notebook. »Wir wissen, dass Frau Breitenhiller nicht nur in der einzigen Eichstätter Diskothek Stammgast war. Auch in Ingolstadt war sie regelmäÃig, in Lenting und ab und zu sogar in München. Und sie hat es dort meistens bunt getrieben. One-Night-Stands bei jeder Gelegenheit. Ihr jetziger Freund muss ziemlich eifersüchtig gewesen sein.«
»Und dessen Vorgänger?«, fragte Morgenstern. »Weià irgendwer von ihren Facebook-Freunden etwas über Gundekar Russer? Hat ihr Ex ihr auffällig nachgestellt?«
»Nachgestellt? Nein, da war bisher keine Rede davon. Hat er das denn?«
»Wir haben einen Hinweis drauf bekommen«, sagte Morgenstern. »Sie hat ihrem Onkel am Telefon davon berichtet, ihrem Patenonkel, der Pfarrer oder so im Vatikan ist.«
»Monsignore Dr. Johann Breitenhiller«, konkretisierte Hecht. »Don Giovanni. Er
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