Teufelspfad
zustieß. Nein. Auf keinen Fall. Das hier lag in ihrer Verantwortung. Es war ihr Job. Und die Gelegenheit, auf die sie gehofft hatte. Tief in ihrem Herzen wusste sie, dass er Sam nicht töten würde. Zumindest jetzt noch nicht. Erst wollte er Taylor quälen, wollte sie durch die ganze Stadt jagen in dem Versuch, ihre Freundin aufzutreiben. Er würde ihr nichts antun, bevor Taylor nicht da war, um zuzusehen. Er brauchte sie als Zuschauerin, wollte auf eine verquere Art ihre Anerkennung. Oder ihre Angst. Dass er sich Fitz auf der Reise geschnappt hatte, sollte nur ihre Aufmerksamkeit erregen. Das hier würde der finale Showdown.
Taylor würde jedoch nicht einfach so nach seiner Pfeife tanzen. Sie hatte einen Plan. Schon seit Tagen bereitete sie sich auf diesen Augenblick vor.
Sie drehte sich zu Baldwin um. „Wir müssen eine Fahndung nach Sams Wagen herausgeben. Kris hat das Kennzeichen in der Personalakte. Ich werde jetzt ins rechtsmedizinische Institut fahren und mit Kris reden. Bis ich einmal quer durch die Stadt gefahren bin, müsste sie auch da sein. Ich brauche Sams Terminplan, um zu sehen, was sie gestern Nacht gemacht hat. Ich werde jede ihrer Bewegungen nachvollziehen, und ich werde sie finden.“
„Ich komme mit dir.“
„Nein.“
„Was?“ Vor Schock ging seine Stimme eine Oktave höher.
„Nein. Du musst etwas anderes für mich erledigen. Ich muss wissen, warum Colleen in die ganze Sache verwickelt wurde. Ich nehme an, dass sie auch eines seiner Opfer sein soll.“
„Er hat sich Sam nur geschnappt, um dich hervorzulocken, Taylor. Aber das werde ich nicht zulassen.“
„Vergiss nicht, ich habe meine Jungs da draußen. Sie werden immer in meiner Nähe bleiben und mich beschützen. Sie sorgen dafür, dass mir nichts passiert. Das hast du doch selber mitbekommen.“
„Ja, habe ich, aber …“
„Honey, wir müssen uns aufteilen. Es gibt noch zu viele ungeklärte Fragen. Und uns läuft die Zeit davon.“
„Taylor …“
Sie unterbrach seinen Protest, indem sie ihn heiß und innig küsste. Es lag eine gewisse Wildheit in diesem Kuss – kein Bedauern, keine Zurückhaltung. Er erwiderte ihn, schlang seine Arme um sie und brach ihr beinahe die Rippen. Als sie sich schließlich von ihm löste, kam sein Atem in abgehackten Zügen. Sie wartete, bis ihr Herzschlag sich wieder normalisierte, und sagte dann nur ein Wort.
„Bitte.“
Er schaute ihr in die Augen und verstand, was sie damit sagte. Sie spürte, dass seine Arme sich ein kleines bisschen entspannten, dann ließ er sie ganz los.
„Okay, Taylor. Wir spielen das auf deine Art. Aber um Himmels willen, bitte gib acht.“
„Das werde ich.“ Und sie meinte es auch so. Sie würde sorgfältig zielen, bevor sie Ewan Copeland eine Kugel ins Gehirn schoss.
Taylor hatte jetzt einen durchgängigen Rhythmus gefunden – wählen, klingeln lassen, auflegen, wählen, klingeln lassen, auflegen. Vielleicht hatte Sam vergessen, das Handy anzuschalten. Vielleicht war der Akku leer. Vielleicht hatte sie das Telefon in ihrer Schreibtischschublade vergessen. Es gab viele, viele unschuldige Erklärungen dafür, warum sie nicht ranging. Aber Taylor wusste, dass keine davon stimmte. Mit ihrer Seele wusste sie, dass Ewan Copeland ihre beste Freundin hatte.
Sie hörte Baldwins BMW aus der Garage fahren. Sie hätte nicht gedacht, dass er ihrem Plan jemals zustimmen würde. Aber zum ersten und vermutlich letzten Mal in ihrer Beziehung hatte er kapituliert.
Sie brauchten den Schlüssel zu ihrem Waffensafe. Nach dem ersten Brief des Pretenders hatten sie sich einen Safe zugelegt, der Platz für vierzehn Waffen hatte. Der Pretender wusste, wo sie wohnte. Kannte ihr Zuhause. Den Ort, an dem sie am verletzlichsten war. Der Safe war voll bis zum Rand und mit zwei Schlössern gesichert. Eines mit Schlüssel, eines mit einer Zahlenkombination. Doppelte Abschreckung gegen Einbrecher. In dem Safe befanden sich viele wichtige Dinge, von denen sie nicht wollte, dass jemand zufällig darüber stolperte.
Den Schlüssel bewahrte sie in einem Aktenschrank in Baldwins Büro auf. Vermutlich war das nicht der sicherste Platz der Welt – denn obwohl der Schrank abschließbar war, machten sie davon nur selten Gebrauch. Aber es war praktisch, wenn man ihn mal schnell brauchte. So oft gingen sie sowieso nicht an den großen Safe. Er enthielt hauptsächlich ihre privaten Waffen sowie ein paar wichtige Dokumente.
Sie hatte sich bereits entschieden, die Ruger mitzunehmen und eine
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