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Teufelspfad

Teufelspfad

Titel: Teufelspfad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. Ellison
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abgegriffene 9-mm-Beretta. Beide Waffen waren kürzlich gereinigt worden, und sie hatte sie zum einen auf der Messe ausprobiert, auf der sie sie gekauft hatte, sowie später dann noch einmal in dem Wald hinter ihrem Haus. Sie waren zuverlässig und konnten nach Gebrauch entsorgt werden. Im Schrank waren auch noch eine Walther PKK und ein paar anderen Pistolen, ganz zu schweigen von den Gewehren und Schrotflinten, aber diese Waffen waren alle entweder auf ihren oder Baldwins Namen registriert.
    Für den unwahrscheinlichen Fall, dass sie den Pretender alleine erwischen würde – weit weg von allen und allem, wofür sie normalerweise stand – brauchte sie eine unregistrierte Waffe, die sie danach entsorgen konnte. Alle Polizisten, die sie kannten, besaßen aus den unterschiedlichsten Gründen eine solche Waffe. Taylor würde sie niemals im aktiven Dienst bei sich tragen.
    Doch das hier war anders. In dieser Situation konnte oder wollte sie nicht mehr fair spielen. Sie würde einen Mann töten. Kaltblütig und geplant, und sie musste auf alles vorbereitet sein. Wenn sie es nicht wie Notwehr aussehen lassen könnte, müsste sie ihre Spuren verwischen. Sie fühlte sich jetzt schon besudelt, auf eine Weise beschmutzt, die sie noch nie erlebt hatte, aber darauf konnte sie jetzt keine Rücksicht nehmen. Dieser Mann, dieser Mörder, bedrohte sie, bedrohte ihre Familie. Wie ein tollwütiger Hund musste auch er zur Strecke gebracht werden.
    Und sie war genau die richtige Frau für diese Aufgabe.
    Baldwins Büro war makellos aufgeräumt. Er war ein wahres Organisationstalent. Sein Schreibtisch war blitzblank, ein kleiner Stapel Post lag in seinem Ausgangskorb, die Computermaus lag ordentlich auf dem Mousepad. Die Präzision, die Ordnung entlockte ihr ein Lächeln. Hier, in dieser Perfektion, zeigte sich die wahre Essenz seines Wesens, die Grundlage für seine ungewöhnlichen Fähigkeiten.
    Genau wie Sam. Die beiden waren ihre Anker, ihr Leben. Wenn einem von ihnen etwas zustieße …
    Das würde nicht geschehen. Dafür würde sie schon sorgen.
    Der Schlüssel lag zwischen einigen von Baldwins Akten. Sie zog an der Schublade und stellte erstaunt fest, dass sie verschlossen war. Mit dem Schlüssel von ihrem Schlüsselbund schloss sie auf und wühlte zwischen den Papieren herum. Als sie die Schublade wieder schließen wollte, hörte sie etwas. Ein Stück Papier klemmte fest. Sie bewegte die Schublade vor und zurück. Ja, irgendetwas stand über und machte ein scharrendes Geräusch. Es war ganz hinten im Schrank, hinter den Akten, die sie gerade durchsucht hatte. Sie zog die Schublade so weit heraus, wie es ging. Irgendetwas klebte an der Oberseite des Schranks.
    Sie zog an der losen Ecke, die das Geräusch verursacht hatte, und spürte, dass das Papier nachgab. Vorsichtig löste sie den Kleber und zog es heraus. Sie wollte es nicht kaputtmachen, weil sie instinktiv wusste, dass es nicht für ihre Augen bestimmt war.
    Aber sie war neugierig und wusste, dass Baldwin es nie erfahren würde. Sollte ihr etwas zustoßen, wollte sie wenigstens vorher wissen, was so wichtig war, dass Baldwin es ihr verheimlichte.
    Die letzte Ecke des Klebers löste sich. Sie zog das Papier aus der Schublade. Drehte es um. Spürte, wie ihr das Blut aus dem Kopf rauschte und ihr schwindelig wurde.
    Es war das Foto eines Jungen. Vermutlich um die zwei Jahre alt. Er posierte in einem Fußballtrikot. Er hatte flammend rote Haare, eine Farbe, die mit den Jahren zu einem dunklen Bronzeton werden würde. Sein Gesicht war noch ganz rund, die Haut blass und weich. Auf den hohen Wangenknochen zeigten sich die ersten Sommersprossen. Doch seine Augen waren unverkennbar. Sie hatten das klare Grün des Waldes nach einem Frühlingsregen. Strahlend. Groß. Überwältigend.
    Baldwins Augen.
    Sie hatte keinen Zweifel dran, dass sie gerade ein Kind anschaute, das ihr Verlobter gezeugt hatte.
    Ihr stockte der Atem. Sie hatte das Gefühl, gleich ohnmächtig zu werden.
    Baldwin hatte einen Sohn.

38. KAPITEL
    Taylor spürte, wie ihre Beine unter ihr nachgaben, und trat automatisch einen Schritt von den scharfen Ecken des Schreibtisches zurück, bevor sie sich auf den Teppich sinken ließ, das Foto immer noch in der Hand.
    Einen Sohn. Baldwin hat einen Sohn .
    Das hatte er also vor ihr verborgen. Das war das große Geheimnis. Das war das, was er ihr auf der Fahrt nach North Carolina im Auto beinahe gestanden hätte. Kein Wunder, dass er nicht in der Lage gewesen war, seine

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