Teufelsstern
Kreuz in den ärmsten Orten des Landes.
»Es tut mir Leid, Professorin Chambers«, sagte er. »Ich kann nichts mehr tun.«
»Wird der Junge sterben?«
Der Arzt zuckte die Achseln. »Ich habe es Ihnen schon gesagt. Damit habe ich keine Erfahrung. Matthew liegt in einem tiefen Koma. Sein Herz schlägt viel zu langsam, und in seinem Gehirn scheint nur noch wenig Aktivität zu sein. Ich gehe davon aus, dass er nicht wieder aufwacht. Es würde mir allerdings helfen, wenn Sie mir verraten würden, wodurch er ins Koma gefallen ist.«
Die Professorin schwieg.
»Nun, in dem Fall kann ich wirklich nicht sagen, wie es ausgehen wird. Eines weiß ich aber gewiss – im Krankenhaus wäre er besser aufgehoben.«
»Der Meinung bin ich nicht. Im Krankenhaus können sie nicht mehr für ihn tun als wir. Außerdem ziehen wir es vor, ihn im Auge zu behalten.«
»Sie haben einen zweiten Jungen erwähnt. Was ist mit ihm?«
»Pedro? Er ist im Krankenhaus. Er hat sich den Knöchel gebrochen und bekommt einen Gips. Wir erwarten ihn heute Nachmittag zurück.«
»Was haben diese Jungen gemacht – Krieg gespielt?« »Vielen Dank für Ihr Kommen, Dr. Nourry.«
»Sie können mich jederzeit anrufen. Ich werde dann sofort hierher eilen.« Der Arzt seufzte. »Sie sollten sich auf das Schlimmste vorbereiten. Das Leben des Jungen hängt am seidenen Faden, und dieser Faden kann jeden Augenblick reißen.«
Professorin Chambers wartete, bis der Arzt gegangen war, und kehrte dann ins Haus zurück. Drinnen war es kühl, dafür sorgten die Ventilatoren an allen Zimmerdecken. Langsam stieg sie die polierte Holztreppe hoch und betrat ein großes quadratisches Zimmer mit Binsenmatten auf dem Boden und bunt gestrichenen Rauputzwänden. Die beiden Fenster zum Garten standen offen. Draußen lief ein Rasensprenger und pumpte taktmäßig Wasser auf das Gras.
Matt lag mit geschlossenen Augen im Bett, nur mit einem Laken zugedeckt. Er hatte eine Sauerstoffmaske über dem Gesicht, und aus einem Plastikbeutel tropften Nährstoffe in seinen Arm. Er war sehr blass. Bei jedem Atemzug hob und senkte sich sein Brustkorb nur minimal, sodass es kaum wahrzunehmen war. Die Professorin musste daran denken, was der Arzt gesagt hatte. Matt sah nicht nur aus, als wäre er dem Tode nah. Er sah vielmehr aus, als wäre er schon längst gestorben.
»Was hat er gesagt?«, fragte Richard.
Der Journalist hatte die letzten sechsunddreißig Stunden an Matts Seite verbracht, abgesehen von ein paar Stunden am frühen Morgen, als die Professorin ihn fast gewaltsam gezwungen hatte, sich hinzulegen. Er schien zehn Jahre gealtert zu sein, seit sie zu zweit in die Wüste hinausgefahren waren und Pedro fiebernd und mit gebrochenem Knöchel neben dem Wrack des Hubschraubers gefunden hatten – und wenig später Matt, der mit dem Gesicht nach unten im Staub lag. Richards Augen waren blutunterlaufen, und tiefe Sorgenfalten durchzogen seine Stirn. Niemand wusste, was in der Wüste passiert war, aber für die Professorin war es eindeutig, dass Richard sich die Schuld für alles gab, weil er die beiden Jungen nicht zum Schutz begleitet hatte.
»Nichts Gutes«, sagte sie. »Dr. Nourry glaubt nicht, dass Matt es schafft.«
Richard sackte in sich zusammen. Er konnte selbst sehen, wie es um Matt stand, aber er hatte sich dennoch Hoffnungen gemacht. »Ich wünschte, ich hätte ihm die Reise nach Peru untersagt«, sagte er. »Er wollte nicht kommen. Er wollte mit all dem nichts zu tun haben.«
»Sie sollten etwas essen. Es hilft Matt nicht, wenn Sie auch noch krank werden.«
»Ich kann nichts essen. Ich habe keinen Appetit.« Richard schaute auf den fast regungslos daliegenden Jungen. »Was ist mit ihm passiert? Was haben die ihm angetan?«
»Vielleicht kann Pedro es uns sagen.« Professorin Chambers sah auf ihre Uhr. »Heute Nachmittag fahre ich ins Krankenhaus und hole ihn ab.«
»Ich bleibe bei Matt.« Richard fuhr sich mit einer Hand über die Wange. Er hatte sich seit zwei Tagen nicht mehr rasiert. »Wissen Sie, als ich ihm das erste Mal begegnet bin, habe ich ihm kein Wort geglaubt. Ich dachte, er wäre nur ein Kind mit zu viel Fantasie. Seitdem ist so viel passiert. Und nun das…«
Draußen im Garten waren plötzlich Stimmen zu hören. Während sich die beiden unterhalten hatten, war ein Auto vorgefahren. Ein Mann war ausgestiegen und offensichtlich sehr wütend. Lautstark schimpfte er, und der Gärtner versuchte, den Mann zu beruhigen. Die Professorin ging zum Fenster und sah
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