Teufelsstern
tot sein.
Aber er starb nicht.
Es gab keine Flammenwand.
Matt musste die Augen geschlossen haben, denn als er sie öffnete, sah alles genauso aus wie vorher. Es war zwei Minuten vor eins. Der Vormittagsunterricht war zu Ende. Alle waren auf dem Weg zum Mittagessen. Sicher hatte er sich das alles nur eingebildet.
Doch Matt wusste es besser, das war kein Hirngespinst.
Er konnte nicht einfach fortgehen. Das hochexplosive Fahrzeug hatte die Schule noch nicht erreicht, aber bis dahin war es nur noch eine Frage der Zeit. Diese Gefahr also hatte Matt schon den ganzen Tag gespürt.
Er sah sich um. Plötzlich ertönte die Schulglocke, die alle zum Mittagessen rief. Sie brachte ihn auf eine Idee. Er ging mehrere Schritte den Gang hinunter bis zu einem Feuermelder, der in einem kleinen Glaskasten an der Wand hing. Mit dem Ellbogen zerbrach er das Glas und drückte dann mit dem Daumen den Alarmknopf.
Sofort hallte ein Heulton durch die ganze Schule. Alle blieben stehen, wo sie waren, lächelten sich halbherzig zu und fragten sich, was los war. Sie kannten den Feueralarm von den vielen Brandschutzübungen. Aber jetzt sah es so aus, als wollte keiner den ersten Schritt machen, um vor den anderen nicht als Feigling dazustehen.
»Es brennt!«, schrie Matt. »Bewegt euch!«
Zwei Jungen wendeten sich von der Doppeltür ab und steuerten auf den Hinterausgang zu. Bei Feueralarm mussten sich alle auf dem Fußballplatz neben der Kapelle versammeln. Nachdem sich die Ersten in Bewegung gesetzt hatten, folgten die anderen. Matt hörte, wie Türen aufgerissen und wieder zugeschlagen wurden. Alle stellten Fragen, aber der Alarm war so laut, dass Matt kein Wort verstehen konnte.
Dann tauchte Mr O’Shaughnessy auf. Der stellvertretende Schulleiter sah aufgeregt aus. Selbst unter normalen Umständen war er kein besonders fröhlicher Mensch, aber jetzt wirkte er so finster wie nie zuvor. Rote Flecken breiteten sich auf seinem Gesicht aus. Er entdeckte Matt neben dem Feuermelder. Sein Blick wanderte auf den Boden, und er sah das zerbrochene Glas.
»Freeman!«, brüllte er. »Warst du das?«
»Ja.«
»Du hast den Alarm ausgelöst?«
»Ja.«
»Wo brennt es?«
Matt antwortete nicht.
Mr O’Shaughnessy deutete sein Schweigen als Schuldeingeständnis. »Wenn das ein Streich sein soll, wirst du was erleben!« Dann kam ihm noch ein Gedanke, der in dieser Situation so bizarr war, dass Matt beinahe laut aufgelacht hätte. »Warum trägst du keine Krawatte?«
»Ich denke, wir sollten das Gebäude verlassen«, sagte Matt.
Etwas anderes blieb ihnen nicht übrig. Den Alarm konnte nur die Feuerwehr abstellen. Mr O’Shaughnessy packte Matt am Arm, und die beiden folgten den anderen Jungen aus der Schule. Minuten später waren alle Gebäude leer. Auf der anderen Seite der Hauptstraße kam das Küchenpersonal aus der Sporthalle, begleitet von den Jungen, die schon etwas früher zum Essen gegangen waren. Sie überquerten die Straße und stellten sich zu den anderen Schülern, die sich auf dem Fußballplatz versammelt hatten.
Die Lehrer waren auch da und versuchten, ein wenig Ordnung in das Chaos zu bringen. Alle hielten gespannt nach Flammen und Rauch Ausschau, obwohl es sich langsam herumsprach, dass sich Matthew Freeman wohl einen schlechten Scherz erlaubt hatte. Der Schulleiter tauchte ebenfalls auf. Als er seinen Vertreter neben Matt entdeckte, kam er auf sie zu.
»Wissen Sie, was los ist?«, fragte er.
»Ich fürchte ja«, antwortete O’Shaughnessy. »Es ist falscher
Alarm.«
»Da bin ich aber erleichtert!«
»Natürlich.« O’Shaughnessy nickte. »Dieser Junge hat den Alarm absichtlich ausgelöst. Sein Name ist Freeman, und…«
Doch der Schulleiter hörte nicht mehr zu. Er starrte an Mr O’Shaughnessy vorbei. Langsam drehte Matt sich um. Der stellvertretende Schulleiter tat dasselbe.
Und dann sahen sie ihn, den Tanklaster, der den Hügel hinunterraste. Es war unverkennbar, dass etwas nicht stimmte: Er fuhr in Schlangenlinien und schien außer Kontrolle geraten zu sein. Matt konnte eine Frau mit wildem Blick und wirren Haaren auf dem Fahrersitz ausmachen. Er erkannte sie auf Anhieb und begriff daher auch, dass die Frau genau wusste, was sie tat: Sie war gekommen, um ihn zu töten.
Gwenda Davis hielt ihren Blick starr auf die Sporthalle gerichtet, in der laut Rex McKenna jetzt alle Schüler beim Essen saßen. Der Tanklaster entfernte sich vom Fußballfeld. Matt sah zu, wie er die Straße verließ, einen Busch niederriss und
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