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Teufelsstern

Teufelsstern

Titel: Teufelsstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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Schmerzen nicht ertragen. Wenn sie sich aus Versehen mit dem Küchenmesser in den Finger schnitt, musste sie sich erst einmal eine halbe Stunde lang hinsetzen und mehrere Zigaretten rauchen, bevor sie sich wieder beruhigte. Und Gwenda war ziemlich sicher, dass ihr Tod sehr viel mehr wehtun würde.
    Konnte sie das wirklich tun? Durch die Windschutzscheibe schaute Gwenda auf die Schule. Forrest Hill sah sehr vornehm aus, ganz anders als die öffentliche Schule, auf die sie Matt geschickt hatte, als er noch bei ihr lebte. Gwenda konnte sich nicht vorstellen, dass ihr Neffe eine so protzige Schule besuchte. Das passte nicht zu ihm.
    Ihr Blick fiel auf einen Gebäudekomplex neben einer Kirche, aber sie wusste, dass sie Matt dort nicht finden würde. Er würde in dem großen Backsteinbau neben dem Fußballplatz sein – zusammen mit all den anderen Jungen dieser Schule. Eigentlich war es eine Schande, dass so viele mit ihm sterben würden. Je mehr sie darüber nachdachte, desto mehr zweifelte sie an ihrem Plan. Es war noch nicht zu spät. Bisher hatte sie nur einen Menschen umgebracht: Brian. Im letzten Moment hatte sie entschieden, den Fahrer des Tanklasters mit der flachen Seite der Axt niederzuschlagen und nicht mit der Schneide. Er schien ein netter Mensch zu sein. Sie hatte nicht vorgehabt, ihm einen Schädelbruch zu verpassen.
    Die Polizei würde sie bestimmt nicht mit dem Verletzten in Verbindung bringen, wenn sie einfach aus dem Laster ausstieg und wegging. Vielleicht sollte sie genau das tun.
    Einem Impuls folgend streckte sie die Hand aus und stellte das Radio an. Es war fast ein Uhr. Es würden Nachrichten kommen, und dann würde sie erfahren, ob man den Fahrer schon gefunden hatte. Aber merkwürdigerweise kam nichts aus den Lautsprechern. Sie wusste, dass das Radio eingeschaltet war, denn sie konnte es rauschen hören.
    Und dann drang ein einziges Wort an ihre Ohren.
    »Gwenda…«
    Es kam aus dem Radio. Sie kannte die Stimme und war überglücklich. Aber sie schämte sich auch. Wie hatte sie nur zweifeln können?
    »Was sitzt du hier herum?«, fragte Rex McKenna.
    »Ich weiß nicht…«, murmelte Gwenda.
    »Wolltest du etwa einen Rückzieher machen, du ungezogenes Mädchen?« Gwenda bekam jedes Mal eine Gänsehaut, wenn er so redete. Das hatte sie schon beim Fernsehen beobachtet. Manchmal behandelte er Erwachsene wie kleine Kinder.
    »Ich will nicht sterben«, sagte sie.
    »Natürlich willst du das nicht, Gwenda. Das will ich auch nicht. Niemand will das. Aber manchmal muss es eben sein. Manchmal hat man keine Wahl.«
    »Hab ich denn keine Wahl?«, fragte Gwenda. Eine Träne rann ihr über die Wange. Sie warf einen Blick in den Rückspiegel, doch er konnte ihr auch nur sagen, was sie schon wusste – dass sie alt und schmutzig aussah. Auf ihrem Mantel klebte getrocknetes Blut. Ihre Haut war vollkommen farblos.
    »Nicht wirklich, meine Liebe«, antwortete Rex. »Es ist ein bisschen wie beim Glücksrad. Du drehst das Rad, und deine Nummer fällt. Dagegen kannst du nichts machen.« Er seufzte. »Wenn du die Wahrheit wissen willst, war dein bisheriges Leben die reinste Zeitverschwendung. Aber jetzt hast du noch einmal die Chance, etwas Wichtiges zu tun. Matthew Freeman muss sterben. Und du wurdest auserwählt, ihn zu töten und damit vielen Menschen zu helfen. Also tu es! Und mach dir keine Sorgen. Es wird schnell vorbei sein.«
    Das Radio war wieder verstummt, aber es gab auch nichts mehr zu sagen. Gwenda startete den Motor, trat aufs Gaspedal und legte den ersten Gang ein.
     
    Matt war auf dem Weg nach draußen. Vor sich sah er die Doppeltür mit den Anschlagtafeln an beiden Seiten, die seinen Weg in die Freiheit zu säumen schienen. Überall waren Jungen, die sich bereitmachten, zum Mittagessen zu gehen. Keiner bemerkte ihn. Es hatte auch niemand beobachtet, wie er seine Bücher weggeworfen hatte. Matt fühlte sich großartig. Was auch immer passieren würde, er war froh, Forrest Hill hinter sich zu lassen.
    Doch dann roch er es wieder: verbrannter Toast. Und genau im selben Moment flogen beide Türhälften auf, und er sah entsetzt zu, wie eine Flammenwand auf ihn zuraste. Sie wälzte sich den Gang entlang, schwärzte die Wände und verbrannte alles, was ihr in den Weg kam. Zwei Jungen standen auf dem Gang, und plötzlich waren sie nur noch Skelette. Matt sah mit Entsetzen, wie noch mehr Jungen von den Flammen verschlungen wurden. Dann hatte das Feuer auch ihn erreicht, und er zuckte zurück. Gleich würde er

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