Teuflische Versprechen
dunkelsten Stunden ihres Lebens eines nie verloren hatte – ihren Glauben an Gott und die Hoffnung, dass sich alles zum Guten wenden würde. Und wenn sie überhaupt bei einem Menschen Sicherheit und Geborgenheit fand, dann bei Julia Durants Vater.
Um kurz nach neun verließ sie die Wohnung, schloss zweimal ab, nahm die
Rundschau
aus dem Briefkasten, überquerte die Straße und ging zu ihrem Corsa. Bevor sie losfuhr, rief sie ihren Vater an, um zu sagen, dass sie in etwa einer Viertelstunde bei ihm und Maria sein werde, und zu fragen, ob sie noch etwas mitbringen solle. Er meinte, es wäre schön, wenn sie zwei Schnitzel, ein Pfund mageren Rinderbraten, einen Beutel Kartoffeln und Zwiebeln kaufen könne, und wenn möglich auch noch ein paar Gewürze, sie wisse schon, welche er immer nehme, er würde gerne heute und am Sonntag etwas kochen.
Als sie in die Wohnung kam, war Maria gerade dabei, das Geschirr zu spülen, während Durants Vater das Wohnzimmer gesaugt hatte, bevor es klingelte und er seine Tochter mit einer Umarmung in Empfang nahm.
»Hier, deine Bestellung. Ich hab auch gleich noch ein paar andere Kleinigkeiten geholt, ihr kommt ja hier gar nicht raus. Geht’s euch gut?«
»Maria, geht’s uns gut?«
»Ja«, antwortete sie, trocknete sich die Hände ab und begrüßte Durant ebenfalls mit einer Umarmung.
Julia Durant berichtete kurz von den Ereignissen des vergangenen Tages und Abends und sagte: »Wenn alles nach Plan verläuft, könnte es sein, dass wir schon in wenigen Tagen zuschlagen. Und dann, Maria, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis du wieder in deiner Heimat bist. Freust du dich darauf? Entschuldigung, das war wirklich eine saudumme Frage.«
»Ich habe Zeit«, erwiderte Maria, zündete sich eine Zigarette an und setzte sich. »Was sind ein paar Tage oder Wochen gegen vier Jahre? Außerdem bin ich gerne mit
unserem
Vater zusammen«, fügte sie lächelnd hinzu. »Und wenn ich wieder zu Hause bin, höre ich auch mit dem Rauchen auf, jetzt kann ich es noch nicht«, sagte sie mit entschuldigendem Blick.
»Ach, weißt du«, entgegnete Durant und zündete sich ebenfalls eine an, »ich versuche mir schon seit Jahren das Rauchen abzugewöhnen, manchmal sind es nur vier oder fünf am Tag, manchmal auch eine ganze Schachtel. Es kommt immer drauf an, was ich gerade mache, ob ich gut oder schlecht drauf bin. Stimmt doch, Paps, oder?«
»Warum hast du eigentlich keinen Mann?«, wollte Maria wissen.
»Ach komm, jetzt erzählt mir nicht, ihr hättet noch nicht darüber gesprochen«, antwortete Durant und sah ihren Vater gespielt vorwurfsvoll an.
»Haben wir nicht, Ehrenwort«, sagte er und legte die Hand auf die linke Brust.
»Na ja, ich glaub’s mal, ausnahmsweise. Frag ihn, er kann dir die Antwort darauf geben, er weiß schließlich alles über mich. Da habt ihr dann gleich ein Gesprächsthema für eine ganze Woche.«
»Ich frag ja nur, ich meine, du siehst gut aus, und du bist nett …«
»Lassen wir das Thema für den Moment. Ein andermal, einverstanden? Oder sprich mit unserm alten Herrn, ich erlaube ihm, meine Geheimnisse preiszugeben.« Sie wollte noch etwas hinzufügen, als ihr Handy klingelte. Auf dem Display war eine Nummer, die sie nicht kannte.
»Ja?«
»Frau Durant?«, fragte eine männliche Stimme.
»Ja, mit wem spreche ich?«
»Simoneit. Meine Frau hat gestern Abend mit Herrn Müller gesprochen, und er hat ihr Ihre Nummer gegeben. Können wir uns irgendwo treffen? Sie wissen ja, um was es geht, oder?«
»Sicher.«
»Wo sind Sie gerade?«
»Unterwegs«, antwortete Durant ausweichend. »Mein Vorschlag: der Parkplatz von McDonald’s in Frankfurt-Griesheim, Mainzer Landstraße, direkt neben der Aral-Tankstelle. Ich bin relativ sicher, dass wir dort ziemlich ungestört sind. Schaffen Sie es, in einer halben Stunde …«
»Nein, nicht jetzt«, wurde sie von Simoneit schnell unterbrochen, »lieber, wenn es dunkel ist, sagen wir um sieben. Tut mir leid, aber ich fühle mich sicherer, wenn mich keiner sehen kann.«
»Wie erkenne ich Sie?«
»Ich sitze in einem Audi A3 in Metallicgrün, das ist der Wagen meiner Frau. Und Sie?«
»Ein dunkelblauer Corsa. Dann bis um sieben.«
Durant steckte ihr Handy wieder in die Tasche und sagte, wobei sie Maria anschaute: »Ich treffe mich heute Abend mit jemandem, den du bestimmt kennst. Er will auch aussteigen.«
»Ehrlich? Wer?«
»Hans Simoneit, aber der Name wird dir nicht viel sagen, du kennst ja nur die Decknamen.«
»Wie sieht er
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