Teuflische Versprechen
Ausländerrecht, einen der besten Anwälte nicht nur in Frankfurt, zu dem sie einen recht guten Draht hatte, weil er sich trotz seines Berufs noch eine gewisse Menschlichkeit bewahrt hatte. Sie hielt sich eine knappe Stunde bei ihm auf. Er versprach, von Simoneits Aussage noch heute eine Abschrift anfertigen und sie von Simoneit unterschreiben zu lassen. Dann werde er diese sofort beglaubigen und verschließen und für Durant eine Kopie ausdrucken lassen.
Durant bedankte sich bei ihm und bat ihn, ihr die Rechnung nicht zu schicken, sie werde sie persönlich in den nächsten Tagen zusammen mit der Kopie abholen. Anschließend fuhr sie zu ihrem Vater und Maria, deren Gesellschaft ihr gut tat und wo sie sich bis zum späten Abend aufhielt.
Um sechzehn Uhr rief sie wie verabredet bei Blumenthal an, der ihr mitteilte, dass die Papiere für die Frauen am Mittwoch abholbereit seien, ebenso die Zug- beziehungsweise Flugtickets in die jeweiligen Länder. Blumenthal hatte also sein Versprechen gehalten, jetzt waren sie quitt. Maria war mehr als erleichtert zu hören, dass sie schon in wenigen Tagen nachMoldawien zurückkehren würde. Sie konnte ihre Freude kaum zügeln, ihre Freudentränen steckten auch Durant an, und eine ganze Weile lagen sie sich in den Armen.
Es war fast Mitternacht, als Julia Durant zu Hause ankam, sich ein Bad einließ, eine Dose Bier aus dem Kühlschrank holte und sie genüsslich trank. Sie war nicht müde, doch sie wusste aus Erfahrung, dass die Anstrengung der letzten Woche erst morgen oder übermorgen Wirkung zeigen würde. Aber darüber wollte sie jetzt nicht nachdenken, am liebsten hätte sie die Gedanken ausgeschaltet. Sie legte eine CD von Guns n’Roses ein und stellte die Lautstärke hoch, in der Hoffnung, die Nachbarn würden es nicht hören. Und wenn – egal.
Montag, 21.00 Uhr
Hans Simoneit hatte Leonhardt angerufen und ihn um ein Gespräch unter vier Augen gebeten. Doch Leonhardt lehnte es ab, sich mit Simoneit zu treffen.
»Hast du etwa nicht die Zeitung gelesen?«, fragte Leonhardt unwirsch am Telefon. »Ich werde mich für eine Weile aus der Öffentlichkeit zurückziehen, das heißt, ich bin vorläufig nicht erreichbar, auch nicht für dich.«
»Das ist deine Entscheidung«, entgegnete Simoneit ungerührt. »Ich wollte dir sowieso nur mitteilen, dass ich aussteige. Und bevor du jetzt etwas sagst, ich habe alles erzählt, ich habe es aufschreiben und von einem Anwalt beglaubigen lassen und bei ihm hinterlegt. Nur für den Fall, dass mir oder jemandem aus meiner Familie etwas zustoßen sollte. Richte das bitte auch Thorsten aus, solltest du ihn sehen oder mit ihm sprechen. Ich werde im Übrigen auch mein Mandat niederlegen und mich aus der Politik zurückziehen.«
»Du bist verrückt, aber gut, du musst wissen, was du tust. Was du dir damit alles verbaust, ist dir hoffentlich klar. Und keine Angst, du kleiner schmieriger Möchtegerngroßkotz, niemand wird dir oder deiner Familie etwas tun. Aber tu mir einen Gefallen, bitte mich nie wieder um etwas. So, und jetzt leb wohl in deiner kleinen jämmerlichen Welt, denn da gehörst du hin. Du hättest es bis an die Spitze schaffen können, doch manche Leute besitzen eben nicht das nötige Durchhaltevermögen. Ich hingegen werde wiederkommen, in ein paar Wochen ist Gras über die Sache gewachsen, und kein Schwein wird mehr darüber sprechen. Sonst noch was?«
»Nein.«
»Dann ist ja gut.«
Leonhardt legte einfach auf. Simoneit saß fast bis in die Morgenstunden mit seiner Frau zusammen. Sie sprachen über die vergangenen Jahre, und er hoffte, sie würde ihm eines Tages verzeihen. Doch wie sie sich verhalten hatte, längst nicht mehr so abweisend und kalt wie noch vor ein paar Tagen, ließ ihn zuversichtlich in die Zukunft blicken. Die Hoffnung stirbt zuletzt, dachte er, bevor er zu Bett ging.
10. November – 17. November 2003
In den folgenden Tagen berichteten vornehmlich die Printmedien ausführlich über die Razzien in den Bordellen, wobei besonderes Augenmerk auf die Berichterstattung über Leonhardt gelegt wurde. Doch bereits nach einer Woche verebbten die Berichte. Zuletzt wurde sein Name am 17. November in einem kurzen Artikel erwähnt, danach tauchte der Name Leonhardt nicht mehr auf. Die Gründe dafür konnte man nur erahnen. War es mangelndes Interesseder Öffentlichkeit oder ungenügender Informationsfluss seitens der ermittelnden Behörden, sofern es diesen überhaupt gab, oder war es die Person Leonhardt an sich, die sich
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