Teuflische Versprechen
zurückkehren dürfen. Es wird keinen Prozess geben und somit auch keine Abschiebehaft mitfolgender Abschiebung. Genügt Ihnen mein Wort, oder brauchen Sie es auch noch schriftlich?«
»Ich wünsche mir, dass wenigstens Sie mich nicht enttäuschen. Danke. Doch noch viel mehr würde ich mir wünschen, dass gegen Leonhardt und Hohleitner vorgegangen würde, aber das ist wohl Wunschdenken.«
»Fahren Sie nach Hause, Sie sehen sehr erschöpft aus. Ich wünschte, ich könnte mehr für Sie tun, und das meine ich aus vollem Herzen. Melden Sie sich bei mir heute Nachmittag um vier.«
Blumenthal machte kehrt und verschwand wieder in Bergers Büro. Ich wünschte, ich könnte mehr für Sie tun, und das meine ich aus vollem Herzen – diesen dummen Spruch hättest du dir auch sparen können. Du bist doch ein Rad in einem riesigen Getriebe, sonst würdest du was unternehmen, auch wenn dein Vorgesetzter der Justizminister ist. Aber ihr da oben haltet zusammen wie die Kletten. Ein geistig Zurückgebliebener wird wegen Mordes zu lebenslänglich verurteilt, obwohl es nicht die geringsten Beweise gibt, doch Mörder wie Leonhardt kommen ungeschoren davon.
Sie zündete sich eine Zigarette an, öffnete die Tür, sah Bäumer auf dem schier endlos langen Flur stehen und gab ihm ein Zeichen, wieder hereinzukommen.
»Und?«, fragte er nur.
»Diese blasierten Affen da drüben. Die ganze Arbeit umsonst. Aber ich habe wenigstens Blumenthal zu einem Zugeständnis überreden können.«
»Und das wäre?«
»Die Frauen kommen nicht in Abschiebehaft, ihnen wird nicht der Prozess gemacht, sie werden mit gültigen Papieren ganz normal in die Heimat fahren.«
»Wie hast du das denn geschafft?«
»Blumenthal war mir noch was schuldig. Ohne mich würde er heute im Knast sitzen und Schrauben sortieren. Ist ’ne lange Geschichte. So, Schluss für heute, ich statte den Damen noch einen Besuch ab und fahr dann nach Hause. Und nach mir die Sintflut. Mach’s gut, vielleicht sehen wir uns ja mal wieder. Ich hoffe nur, du kriegst keine Schwierigkeiten mit deinem Vorgesetzten.«
»Das lass mal meine Sorge sein. Wenn nicht anders, wechsle ich eben zum BND«, erwiderte Bäumer lapidar. »Schlaf gut.«
Montag, 9.45 Uhr
Julia Durant hatte kaum drei Stunden geschlafen, und dementsprechend fühlte sie sich auch. Ihr Kopf schmerzte, dazu kam eine leichte Übelkeit. Die vergangenen Tage und Nächte des Dauerstresses, in denen ihre Nerven zum Teil zum Zerreißen gespannt waren, hatten ihre Spuren hinterlassen. Als sie nach dem Aufstehen in den Spiegel geschaut hatte, hatte sie geglaubt eine alte Frau vor sich zu sehen, dunkle Ränder unter den Augen, ihre selbst im Winter nie ganz weiße Haut grau und fahl, die Falten um die Nase schienen noch tiefer geworden zu sein. Sie hatte geduscht, die Haare gewaschen und sich geschminkt, was diesmal ein wenig länger dauerte als sonst, aber schließlich war sie einigermaßen zufrieden mit ihrem Äußeren. Ihr Magen rumorte. Sie aß nur zwei Bananen, trank ein Glas Cola, nahm dazu eine Tablette gegen die Kopfschmerzen, die hoffentlich nicht in einer üblen Migräne enden würden, und fuhr um zwanzig nach neun zum Präsidium.
Außer Berger waren nur noch Hellmer und Seidel anwesend,von denen keiner besonders frisch aussah. Es herrschte eine gedrückte Stimmung.
»Hallo«, begrüßte sie ihre Kollegen, »ihr seht nicht gerade sehr glücklich aus.«
»Haha, ich hab schon über bessere Witze gelacht«, entgegnete Hellmer, der am Fenster stand und rauchte.
»Es sollte auch kein Witz sein. Mir geht’s mindestens genauso beschissen wie euch. War noch was, nachdem ich gegangen bin?«, fragte sie und setzte sich.
»Sie haben sich ziemlich unbeliebt gemacht, aber das werden Sie wohl selbst wissen«, sagte Berger. »Trotzdem, ich muss zugeben, Ihr Auftritt war allererste Sahne, auch wenn’s nichts gebracht hat. Ich hätte mich so was nicht getraut.«
»Was haben die werten Herren denn gesagt?«
»Sie haben Ihnen ein paar Eigenschaften zugeordnet wie arrogant, unsensibel, impertinent, unfähig, um nur einige zu nennen.«
»Die können mich mal kreuzweise. Wo sind Leonhardt und seine Kumpane?«
Berger zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich zu Hause. Sie wurden auf freien Fuß gesetzt.«
»Und die Frauen?«
»Sind noch hier. Sagen Sie mal, wie haben Sie Blumenthal überredet, dass die Frauen einfach so abreisen dürfen? Mit Ihrem Charme?«
»Hat Bäumer Ihnen das nicht erzählt?«
»Nein, ich hab ihn nicht mehr
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