Texas
Pontiacs gut vorankommen. Wenn sie aber nach Texas übersiedeln, wie das so viele tun, sehen sie sich mit viel strengeren moralischen Geboten konfrontiert. Hier erwartet man von einem Mann, daß er sich wie ein Mann benimmt. Es gibt genau festgelegte Verhaltensregeln, die zu respektieren einem Neuankömmling aus Michigan schwerfällt.
Todd Morrison war ein solcher Neuankömmling. Aber ich möchte nicht, daß Sie zu hart mit ihm ins Gericht gehen - er wußte es nicht besser. Er ist nie über die Prärie geritten. Niemand hat ihn über die Bedeutung von Ehre, Zuverlässigkeit und Fairneß aufgeklärt. Verurteilen Sie diesen armen Mann nicht, der in einem neuen und anspruchsvolleren Land vom Weg abgekommen ist. Ich möchte, daß Sie ihm verzeihen. Und ich möchte, daß Sie begreifen, was einen anständigen, gottesfürchtigen, zu sportlicher Gesinnung erzogenen Texaner bewog, ihn zu erschießen. Mittlerweile ist Ihnen ja wohl allen klar, daß Todd Morrison, dieser bemitleidenswerte Fremde, der einfach nicht zu uns paßte und dem es nicht gelang, sich nach unserem strengen Ehrenkodex zu richten, den Tod verdient hat.«
Der Sprecher der Geschworenen fragte den Richter, ob es unbedingt notwendig sei, den Raum zu verlassen, bevor sie ihren Urteilsspruch verkündeten. »Es würde besser aussehen«, meinte der Richter, und so verließen die Geschworenen den Saal, um sofort wieder zurückzukehren.
Maggie Morrison war von dem Mord an ihrem Mann erschüttert; nicht von der Tatsache, daß seine anrüchigen Geschäfte zu seinem Tod geführt hatten - sie hatte so etwas immer schon erwartet -, sondern davon, daß Roy Bub der Täter war. Sie hatte ihn für einen überaus integren Mann gehalten, und daß er die tödlichen Schüsse abgefeuert hatte, bereitete ihr zusätzlichen Schmerz.
Erst nachdem das Urteil gesprochen war - ein korrektes Urteil, wie sie fand - erfuhr sie, daß sie ganz Allerkamp erben würde, von dem aber ein guter Teil aus moralischen Gründen Roy Bub zustand. Anständig, wie sie war, flog sie nach Dallas, um sich mit Rusk zu beraten: »Ich kann Allerkamp nicht behalten. Roy Bub hat viel für die Ranch getan, aber ich kann ihm keine Abfindung anbieten. Das würde so aussehen, als ob wir zusammen geplant hätten, meinen Mann umzubringen.«
»Warten Sie die Testamentseröffnung ab. Nehmen Sie Allerkamp in Besitz und halten Sie den Mund.«
»An diesem Bissen würde ich ersticken.«
»Hören Sie, Maggie, ich wollte es Ihnen nicht sagen, aber ich habe für Roy Bub gesorgt. Nennen wir es einen Finderlohn.«
»Was hat er gefunden?«
»Allerkamp. Bevor Todd starb, hat er ja versucht, mir Allerkamp zu verkaufen. Er wollte das Geschäft mit den Exoten aufgeben.«
»Und Roy Bub?«
»Ihr Mann hat sich nie groß um ihn geschert.«
»Das überrascht mich nicht. Houston hat Todd verdorben. Als wir ankamen, teilten wir noch alles miteinander. Als er dann anfing, die Leute übers Ohr zu hauen, erfuhren wir nur mehr die ehrlichen Teile. Und schließlich wußten wir gar nichts mehr.«
»Ihr Mann und ich, wir hatten uns schon auf einen fairen Preis für die Ranch geeinigt. Ich werde Ihnen die Unterlagen zeigen. Sie sollten das Geschäft zustande kommen lassen.«
»Was springt dabei für mich heraus?«
»Vier Millionen.«
Nachdem das Geschäft über die Bühne gegangen war, gab Maggie die Luxuswohnung der Familie am Buffalo Bayou auf. Sie erklärte es ihren Kindern: »Es bereitet mir Unbehagen, hier zu sitzen, auf die drei Türme der Ramparts hinüberzuschauen und daran denken zu müssen, daß ich sie von den Mexikanern gekauft habe, als sie sich in einer verzweifelten Lage befanden, und sie dann den Kanadiern weiterverkaufte - drei Wochen vor dem Hurricane. Der Gedanke verfolgt mich. es waren unmoralische Transaktionen.«
Sie zog in eine sehr schöne Anlage im Westen der Stadt, The St. James, wo sie eine der kleineren Wohnungen im dreiundzwanzigsten Stock mit Aussicht auf den Park kaufte.
Zwei- oder dreimal in der Woche, wenn der unerträgliche Verkehr ein wenig nachgelassen hatte, fuhr Maggie abends nach dem Essen mit dem Lift in die Garage hinunter, stieg in ihren Mercedes und chauffierte nach Osten, bis sie eine Auffahrt zum Highway 610 erreichte. Auf dieser Verkehrsader, einer der belebtesten Amerikas, begann sie dann eine sechzig Kilometer lange Rundfahrt um die Stadt.
Als sie eines Abends gemächlich dahinrollte, beleuchtete der Vollmond einen Teil der Stadt außerhalb des Rings, einen Teil, dem sie zuvor nie
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