The Acid House (German Edition)
ließ es mir schmecken, aber Lisa schob ihr Essen auf dem Teller rum und stülpte ihre Unterlippe vor.
– Schmeckt’s dir nicht, Lisa? fragte Marge.
Das Kind sagte nichts, schüttelte nur mit unveränderter Miene den Kopf.
Garys Augen brannten in seinem Gesicht. Die kleine Lisa starrte unverwandt auf ihren Teller.
– Oi! Iss verdammtnochmal den Teller leer, Mädchen! schnauzte er. Lisa knickte ein, als hätten seine Worte sie körperlich getroffen.
– Jetzt lass sie doch, Gary. Wenn sie nicht essen will, muss sie auch nich, sagte Marge begütigend. Gary wandte den Blick von dem Kind. Lisa nutzte die Gelegenheit, vom Tisch aufzuspringen und aus dem Zimmer zu laufen.
– Was glaubst du, wo du … fing Gary an.
– Jetzt lass sie doch, schnaubte Marge.
Gary sah sie an und gestikulierte wild mit der Gabel.
– Immer, wenn ich was sag, sagst du was anderes. Kein Wunder, dass mir in meinem eigenen beschissenen Haus jeder auf der Nase rumtanzt!
Marge zuckte verlegen die Achseln. Gary hatte seine fünf Minuten, und er war echt reizbar, seit er wieder draußen war. Er wandte sich verständnissuchend an mich. – Siehst du, wie es ist, Jock? Andauernd geht das so! Als wär ich unsichtbar! In meinen eigenen verdammten vier Wänden. Mein eigenes verdammtes Blag! Meine eigene verdammte Alte, verfluchtnochmal, maulte er und deutete höhnisch auf Marge.
– Jetzt reg dich nich so auf, Gal, sagte ich, – Marge hat uns heute n richtiges Festmahl aufgetischt. Schmeckt super, Marge. Is nich Lisas Schuld, wenn sie’s nich mag, so sind Kinder nu mal. Ham andere Geschmacksknospen als wir und so. Marge lächelte dankbar, Gary zuckte nur die Achseln und starrte böse vor sich hin. Wir aßen weiter und unterbrachen unsere Spachtelei gelegentlich für steife, ritualisierte Wortwechsel. Arsenals Chancen auf die Meisterschaft in der nächsten Saison wurden diskutiert, die Vorzüge des neuen Co-op-Ladens in der Einkaufspassage in Dalston mit denen des bereits existierenden Sainsbury’s um die Ecke verglichen, die mutmaßliche Herkunft und sexuelle Orientierung des neuen Geschäftsführers, der Murphy’s übernommen hatte, ermittelt, und das Für und Wider der Neueröffnung der Bahnstation von London Fields, die vor Jahren nach einem Brand stillgelegt worden war, leidenschaftslos erwogen.
Schließlich lehnte Gary sich zurück und rülpste, dann straffte er sich und stand auf. –War wieder richtig lecker, Mädchen, sagte er versöhnlich. Dann wandte er sich zu mir: –Biste so weit?
– Klar, gab ich zurück und stand auf.
Gary antwortete auf Marges fragende Miene. – Ich hab mit Jock hier was Geschäftliches zu besprechen. Marges Gesicht verhärtete sich. – Du gehst doch nich etwa wieder klauen, oder?
– Ich hab dir doch gesagt, das mach ich nich, oder? antwortete Gary aggressiv. Sie starrte mit verkniffenem Mund und schmalen Augen trotzig zurück. – Du hast es mir versprochen! DU HAST ES SCHEISSNOCHMAL VERSPROCHEN! Was du mir nicht alles erzählt hast …
– Ich geh nich klauen! Jock! appellierte er an mich. Marges große Augen sahen mich flehend an. Bat sie mich, ihr die Wahrheit zu sagen, oder das, was sie gerne hören wollte? Garys Versprechungen. Der hatte noch nie ein Versprechen gehalten. Ganz gleich, was ich ihr jetzt sagte, sie würde doch wieder enttäuscht werden. Wenn nicht von Gary, dann von einem anderen Kerl. Manchen Menschen bleiben unliebsame Überraschungen einfach nicht erspart.
– Nee, das ist sauber. Absolut astrein, sagte ich lächelnd.
Mein Gesülze klang so glaubwürdig, dass Gary selbstbewusster wurde. Er gab sich den Anschein gekränkter Unschuld und sagte: –Siehste. Da hörstes aus berufenem Munde, Schätzchen.
Gary ging nach oben, um zu schiffen. Marge schüttelte den Kopf und senkte ihre Stimme: – Er macht mir Sorgen, Jock. In letzter Zeit ist er so unbeherrscht.
– Er macht sich Sorgen um dich und die Kleine, Marge. Typisch Gal, sieht immer Gespenster. Das ist halt seine Art. Wir sehen alle beschissene Gespenster.
– Biste dann so weit, oder wie? Gary steckte den Kopf durch die Tür.
Wir brachen auf ins Tanners. Ich ging ins Hinterzimmer durch, und Gary kam mit zwei Pints vom Besten nach. Er setzte sie langsam und hochkonzentriert auf der polierten Tischplatte ab. Er betrachtete die Pints und meinte mit nachdenklichem Kopfschütteln: – Whitworth is nich das Problem.
– Für mich schon. N beschissenes Zwei-Riesen-Problem.
– Du schnallst nicht, wo ich drauf raus will,
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