The Acid House (German Edition)
reagiert, wenn es umgekehrt gewesen wäre und sie Sinead statt Lisa genommen hätten. Es war immerhin die Queen Mum. Das erlebt man ja nicht jeden Tag, stimmt’s?
Also, sie sah wirklich zauberhaft aus, die Queen Mum, ganz, ganz zauberhaft; einen zauberhaften Hut hatte sie auf. Ich war ja so stolz auf Lisa, ich hätte es am liebsten der ganzen Welt erzählt: Das ist meine kleine Lisa! Lisa West, Golfe Road Vorschule, Ilford, um genau zu sein …
Lisa überreicht also den Blumenstrauß, aber den Hofknicks hat sie gar nicht hübsch gemacht, nicht so hübsch und ordentlich, wie wir es geübt hatten. Die Queen Mum nimmt den Blumenstrauß und beugt sich runter, um der kleinen Lisa einen Kuss zu geben, aber Lisa dreht sich weg, das kleine Näschen krausgezogen, und kommt zu mir gerannt.
Die alte Frau hat Mundgeruch und stinkt nach Pipi, sagt Lisa zu mir. Und das vor allen anderen Müttern und Mrs. Kent und Mrs. Fry und allen. Mrs. Fry war ja so empört.
Du bist ein unartiges kleines Mädchen, Lisa! Mummy ist sehr böse auf dich, habe ich zu ihr gesagt.
Ich bin ganz sicher, dass ich meine Freundin Angela hab hämisch grinsen sehen, die gemeine Kuh.
Na, das Grinsen ist ihr vergangen, als Mrs. Kent mich mit zur Queen Mum genommen und mich als Lisas Mum vorgestellt hat! Die Queen Mum war zauberhaft. Wie reizend, Sie wiederzusehen, Mr. Chamberlain, hat sie zu mir gesagt.Das arme Ding, wenn man so viele Menschen trifft, muss man ja manchmal durcheinanderkommen. Sie arbeiten ja wirklich hart, das muss man ihnen lassen. Nicht wie so manche anderen, die ich nennen könnte, Derek, Lisas Dad, ist das Paradebeispiel. Na, aber von der Geschichte will ich gar nicht anfangen, nein, besten Dank.
Und dann hatte Lisa es auch noch geschafft, sich ihr Kleidchen vorne zu bekleckern. Ich hoffte nur, dass die Queen Mum es nicht bemerkt hat. Na warte, bis wir nach Hause kommen, kleines Fräulein, habe ich gedacht. Oooh, ich war ja so ärgerlich. Wirklich sehr ärgerlich.
Acid House
Etwas Seltsames ging über Pilton vor sich. Wahrscheinlich nicht nur über Pilton, dachte sich Coco Bryce, aber da er in Pilton war, interessierte ihn ausschließlich das Hier und Jetzt. Er schaute hoch in den dunklen Himmel. Es schien, als würde er aufreißen. Er war an einer Stelle brutal aufgeschlitzt, und das, was da offenbar aus seiner Wunde zu quellen drohte, beunruhigte Coco sehr. Strahlend helle Bruchstücke neonartigen Lichts gleißten hinter dem Riss. Coco erkannte deutlich die Strömungswirbel in einer milchig leuchtenden Wassersäule, die sich hinter der Membran des verdunkelten Himmels aufzustauen schien, als könne sie jederzeit durch die Lücke brechen oder zumindest die Wunde in der Wolkendecke weiter aufreißen. Das Licht, das aus der Wunde austrat, schien jedoch einen geringen Radius und wenig Strahlkraft zu haben; den darunterliegenden Planeten erhellte es nicht.
Dann kam der Regen: zuerst einige warnende Tröpfchen, auf die eine dumpf-grollende Donnerexplosion folgte. Coco sah an der Stelle einen Blitz zucken, an der sich seine leuchtende Vision gezeigt hatte, und obwohl ihm dadurch wieder andere Befürchtungen kamen, seufzte er erleichtert auf, weil die seltsame Erscheinung, die er gesehen hatte, ganz irdischen Phänomenen gewichen war. Ich war bekloppt, den zweiten Trip zu schmeißen. Die Hallus sind die Härte .
Sein Körper tendierte zum Gummiartigen, wenn man ihn ließ, wie er wollte, aber Coco besaß genug Willensstärke und genug Drogenerfahrung, um zu wissen, dass Furcht und Panik nur mehr Furcht und Panik nährten. Aus gutem Grund galt »immer cool bleiben« bei Drogenfreaks seit Jahr und Tag als oberstes Gebot. Er vergegenwärtigte sich seine Lage: Coco Bryce auf Acid allein im Park um circa drei Uhr morgens, dazu Blitze, die aus einem düsteren Himmel über ihm zuckten.
Es gab folgende Möglichkeiten: Im besten Fall würde er bis auf die Haut nass, im schlimmsten Fall vom Blitz erschlagen werden. Er war die einzige Erhebung im Umkreis von ein paar hundert Metern, er stand genau in der Mitte des Parks. – Fuck, sagte er, während er sich fester in seine Jacke hüllte. Er zog den Kopf ein und eilte verstohlen den Fußweg entlang, der dieses ausgedehnte Hundeklo namens West Pilton Park in zwei Teile schnitt.
Dann entfuhr Coco Bryce ein kleines Flüstern, kein Schrei, nur ein Murmeln, das einem fast unhörbaren Luftschnappen folgte. Seine Knochen erzitterten, als ein Hitzestrahl durch seinen Körper schoss und sein Mageninhalt
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