The Acid House (German Edition)
eine Etage tiefer sackte, wo vorher sein Darminhalt gewesen war. Etwas aus dem Himmel hatte Coco getroffen. Wäre das Letzte, was er gesehen hatte, ehe er das Bewusstsein verlor, nicht der auf ihn zukommende Asphaltweg gewesen, hätte er gedacht: ein Blitzschlag.
WOWAS WERWIEWAS BIN ICH?
Coco Bryce. Brycey aus Pilton. Brycey: einer von den Hibs Boys. Coco Fuck Bryce, du Bestusster, versuchte er zu schreien, aber er hatte keine Stimme, mit der er sich bemerkbar machen konnte. Er schien kraftlos von einer Windbö umhergeweht zu werden, aber er konnte weder einen Luftzug spüren noch den Wind pfeifen hören. Wenn er überhaupt eine Empfindung hatte, dann am ehesten noch die, ein Laken oder eine Flagge zu sein, die im Windflatterte, aber er hatte dennoch kein Gefühl für Dimension oder Form. Nichts vermittelte seinen abgetöteten Sinnen irgendeine Vorstellung von seiner eigentlichen Größe; er schien sich zugleich über das Universum zu erstrecken und winzig wie ein Stecknadelkopf zu sein.
Nach einer Weile begann er materielle Strukturen um sich zu sehen, oder vielmehr zu erahnen. Da waren zwar Bilder, aber er hatte kein Empfinden dafür, woher sie kamen oder wie sie erzeugt wurden, kein wirkliches Empfinden dafür, ob er einen Körper, Gliedmaßen, einen Kopf oder Augen hatte.
Nichtsdestoweniger nahm er diese Bilder deutlich wahr; ein blauschwarzer Hintergrund, erhellt von flimmernden, perlenden, formlosen Objekten veränderlicher Masse, ebenso unidentifizierbar wie er selbst.
Bin ich tot? Fuck, is das jetzt Tod? COCO FUCK BRYCE !
Das Schwarz wurde blauer; die Atmosphäre, in der er trieb, wurde definitiv dichter und setzte seinem Gefühl von permanenter Bewegung mehr Widerstand entgegen.
Coco Bryce
Sie hemmte sein Fortkommen. Die Atmosphäre war wie Gallert, und ihm wurde klar, dass er darin erstarren würde. Er wurde kurz von Panik erfasst. Es schien wichtig zu sein, in Bewegung zu bleiben. Es war wie eine Reise, die es zu beenden galt. Er zwang sich voran und konnte in der Ferne ein weißstrahlendes Zentrum erkennen. Er empfand ungeheure Erleichterung, und dann nahm er seine ganze Willenskraft zusammen, um auf dieses Licht zuzusteuern.
Das Scheißacid darf ja wohl nich wahr sein. Wenn ich wieder runterkomm, war’s das aber, nee fuck jetzt reicht’s!
***
Rory Westons Hände zitterten, als er den Hörer auflegte. Er konnte das Kreischen und Rufen aus dem anderen Zimmer hören. Einen Moment lang, nicht mehr als ein paar Sekunden, wünschte Rory, er würde sich nicht ausgerechnet in diesem Moment an diesem Ort befinden. Wie war all das gekommen? Im Geist ging er die Serie von Ereignissen noch einmal durch, die zu all dem hier geführt hatten, wurde aber gleich wieder durch erneutes infernalisches Kreischen von der anderen Seite der Wand aufgestört. – Halt durch, Jen, sie sind schon unterwegs, rief er und lief ins Nebenzimmer zu der Urheberin dieser Kakophonie des Schmerzes.
Rory eilte auf die aufgedunsene, leidende Gestalt seiner Freundin Jenny Moore zu und presste ihre Hand. Das Parker-Knoll-Sofa war klatschnass von ihrem Fruchtwasser.
Draußen krachte der Donner so laut weiter, dass man Jennys Schmerzensschreie nicht bis zu den Nachbarn hörte.
Jenny Moore dachte unter Schmerzen ebenfalls über die Kumulation von Ereignissen nach, die dazu geführt hatten, dass sie in diesem Zustand in dieser Wohnung in Morningside saß. Ihre Freundin Emma, ebenfalls schwanger, aber noch einen Monat hinter Jenny zurück, hatte zufällig das Spiegelbild ihrer beiden watschelnden Körper in einer Schaufensterscheibe in der Princes Street gesehen. – Du lieber Himmel, Jen, sieh uns an! Weißt du, manchmal, wenn ich an diesen kalten Winterabend zurückdenke, wünschte ich, ich hätte Iain doch lieber einen geblasen, rief sie.
Darüber hatten sie gelacht, schallend gelacht. Tja, jetzt lachte Jenny nicht mehr.
Mich zerreißt es bald, und dieses Arschloch hockt mit diesem beschissenen saudummen Gesichtsausdruck über mir.
Was verlangt ihnen das körperlich schon ab? Für diese Arschlöcher ist es nur ein Fick unter vielen. Wir müssen alles machen, aber trotzdem sagen sie uns dauernd, was wir zu tunhaben, sie kontrollieren uns – Gynäkologen, werdende Väter, alle Männer, vereint in einer widerlich pragmatischen Verschwörung … die Drecksäcke haben sich emotional schon von dir gelöst; du bist bloß das Gefäß, das die kostbare Frucht ihrer schwitzigen Lenden auf die Welt bringen soll, die sich von deinem Blut
Weitere Kostenlose Bücher