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The American Monstershow in Germany

The American Monstershow in Germany

Titel: The American Monstershow in Germany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Pawn
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Einschlagen des Dämons, oder was immer es gewesen war, den Motor an und entfernte sich aus der Manege. Der Traktor blieb verlassen und leicht beschädigt zurück.
    Von dieser Nummer zeigte sich Jürgen wenig beeindruckt. Mit entsprechenden elektronischen Bauelementen und genügend viel Pyrotechnik waren solche Effekte leicht zu erzielen. Im Grunde habe man nicht mehr gesehen als geschickt verpacktes Feuerwerk, meinte er. Andreas war sich immer weniger schlüssig, was er von dieser Schau halten sollte. Einerseits wollte auch er nicht an wirkliche Geister glauben, zumal diese Show nur eine brutale Zurschaustellung war, andererseits waren alle Tricks so perfekt ausgeführt …,
    dass es eigentlich gar keine Tricks sein konnten.
    Der Mann in Schwarz kündigte bereits die nächste Nummer an. Diesmal versprach er dem Publikum etwas zu Auflockerung. Man solle sich etwas zurücklehnen und entspannen. Nach dieser Aufforderung verschwand er wieder. Musik klag auf, es war der Can-Can aus der Operette Orpheus in der Unterwelt. Gleichzeitig begannen bunte Scheinwerfer zu rotieren und der Manege Varieté-Atmosphäre zu verleihen. Dann erschien das Ballett.
    Die Damen und Herren waren alle völlig nackt. Sie waren nicht nur bar jeder Kleidung, sondern auch ohne Fleisch und Haut. Gerippe, bleiche Knochengerüste tanzten in der Manege einen irrsinnigen Tanz. Mit leeren Augenhöhlen und zahnlosem Mund grinsten sie ins Publikum. Die Szene war weniger schrecklich als grotesk.
    Viele Zuschauer konnten sich für dieses Zwischenspiel nicht erwärmen, Jürgen jedoch erkannte sofort, dass dies eine Meisterleistung dieser Show sein musste. Tatsächlich erweckten die Skelette, es waren mehr als zwanzig, den Eindruck völliger Echtheit. Durch die Rippen der vorderen Tänzer hindurch konnte man die Bewegungen der anderen dahinter sehen, also waren diese Skelette tatsächlich inwendig fleischlos.
    „ Das ist wirklich eine Glanzleistung“, äußerte Jürgen sich anerkennend. „Ich möchte wirklich wissen, wie sie die alle steuern.“
    „ Du meinst, das sind Puppen?“ erkundigte sich Andreas.
    „ Puppen, Roboter, nenn‘ es, wie du willst. Es ist auf alle Fälle eine Sensation. Wenn ich es nicht mit eigenen Augen sehen würde, ich glaubte es nicht.“
    „ Und wenn es echte Skelette sind?“ Andreas hatte den realistischen Standpunkt verlassen.
    „ Du bist verrückt“, sagte Jürgen statt einer Antwort. Dann lachte er. „Du machst manchmal makabre Späße, Andy.“
    Andreas konnte sich nicht erinnern, gescherzt zu haben. Aber er folgte mit glasigen Augen der Show und sagte nichts weiter. Es hatte keinen Sinn, mit Jürgen zu streiten, wenn dieser sich im Recht glaubte.
    Die Skelette führten nach dem Can-Can noch einen Rock’n‘Roll auf, der so schwungvoll war, dass man das Klappern der Gebeine bis in die hinteren Sitzreihen hören konnte. Dann traten die Gerippe wieder ab, und sie waren die ersten Darsteller der Show, die Beifall ernteten und kein stummes Entsetzen.
    „ Nun, ich habe Ihnen nicht zu viel versprochen“, sagte der Mann in Schwarz, als er wieder in der Manege stand. „Mit dieser mehr heiteren Nummer wollen wir unser Programm auch beenden. Ich hoffe, es hat Ihnen gefallen, und Sie empfehlen uns weiter. Wir sind gern bereit, jedem das süße Grauen zu bereiten, das er von uns erwartet. Ich möchte Sie aber nicht gehen lassen, ohne Ihnen zu versichern, dass Sie beruhigt den Heimweg antreten können, denn alle unsere Monster sind sicher wieder in ihren Käfigen verstaut. Sie werden in dieser Stadt nicht ihr Unwesen treiben. Tja,
    und auch ich bin nicht der Leibhaftige persönlich, wie mancher aus meiner Aufmachung vielleicht zu entnehmen glaubt. Ich bin nur der Deutschlandbeauftragte der American Monster Show, Peter Douglas. Ich wünsche Ihnen allen einen monsterfreien Heimweg und eine alptraumlose Nacht. Auf Wiedersehen!“
    Kaum hatte der Mann seine Ansprache beendet, verloschen für einen Augenblick noch einmal sämtliche Scheinwerfer, um ihm die Möglichkeit zum spurlosen Verschwinden zu geben. Dann ging das Licht wieder an, das Publikum strömte zu den Ausgängen, hinaus in die hereinbrechende Dunkelheit. Doch die Großstadt ließ der Schwärze der Nacht nur wenig Lebensraum, kaum genug, um ein paar Ratten zu verbergen.
    Jürgen und Andreas ließen sich mit dem breiten Strom der Menge aus dem Zelt treiben. Beide hingen ihren Gedanken nach, allerdings war deren Richtung grundverschieden. Während Andreas langsam begriff,

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