The Bards Tale 01 - Die Burg der Verräter
sein, sagte er sich. Sie werden das korrigieren, sobald ich drinnen bin.
Er ritt um die massiven Grundmauern der Burg herum zu dem bescheidenen kleinen Dienstboteneingang, der von einer schweren, messingbeschlagenen Eichentür gesichert wurde. Kevin stellte sich in seine Steigbügel und hämmerte kräftig mit der Faust dagegen. Dann, als das nichts fruchtete, gab er der Tür einen – sehr befriedigenden – Tritt.
»Hey! Jemand zu Hause?«
Ein winziges Fenster öffnete sich knarrend hoch oben in der Tür. »Was ist Euer Begehr?« verlangte eine Stimme zu wissen. Sie klang, befand Kevin, eher gelangweilt denn geschäftig.
»Ich will zum Grafen Völmar«, sagte er entschlossen. »Ich habe eine Botschaft von meinem Meister für ihn.«
Der Bardling zog das versiegelte Pergament aus der Tasche, das ihm der alte Barde gegeben hatte, und hielt es so hoch, daß derjenige hinter der Tür es sehen konnte. Einen langen Moment herrschte Schweigen. Dann hörte Kevin das Geräusch eines schweren Riegels, der zurückgezogen wurde. Die Tür öffnete sich quietschend.
»Tritt ein.«
»Endlich!« murrte der Bardling und trieb sein Maultier vorwärts durch den Eingang.
Wie er erwartet hatte, fand er sich am Ende eines langen, steinernen Tunnels wieder; was außer dick sollten die äußeren Wände einer Burg auch schon sein!
Ich werde das Maultier niemals dort hineinbekommen!
Doch das Tier schnupperte, nachdem es kurz gezögert hatte, diese enge, dunkle Höhle zu betreten, und bewegte sich dann so rasch vorwärts, daß Kevin vermutete, es müsse Hafer gewittert haben.
Als sie aus dem Tunnel ans Licht ritten, fand sich der Bardling in so etwas wie einem kleinen Dorf wieder. Die Gebäude schmiegten sich an den Außentrakt, den Raum zwischen dem äußeren Ring der Befestigungsmauer und den inneren Wänden des Bergfrieds des Grafen. Auf der einen Seite lagen die Ställe der Burg, und das Maultier tat sein Bestes, um Kevin dazu zu bringen, es dorthin zu führen. Doch der Bardling hielt die Zügel fest in der Hand und versuchte, all das in sich aufzunehmen, ohne einen dummen Eindruck zu machen.
So viele Menschen!
Er hatte noch nie so viele Menschen auf so engem Raum zusammengepfercht gesehen, nicht einmal an Markttagen. Hier war die Werkstatt des Hufschmiedes, der gerade mühsam versuchte, ein unruhiges, graues Streitroß zu beschlagen . Dabei wich er gelassen den Bissen des Pferdes aus. Dort drüben dröhnten die Hammerschläge eines Zimmermannes, daneben saß der Waffenschmied vor seiner Unterkunft in der Sonne und besserte die Glieder an einem Kettenhemd aus. Es herrschte ein unüberschaubares Gewühl von Burgleuten, die miteinander plauderten, während sie ihren Aufgaben nachgingen.
Ihre Kinder liefen quietschend und lachend durcheinander. Der ganze Ort stank vielleicht ein bißchen nach Pferd und Kot und Menschen, aber es ging hier auch derart lebhaft zu, daß Kevin allein das beinahe den Atem verschlagen hätte. Gedankenverloren sog er all das in sich auf, bis er mit einem Ruck wieder in die Wirklichkeit zurückgerissen wurde.
»Name und Begehr?« fragte ihn jemand kurz.
Kevin schaute hinab und sah einen Wächter, der ihn mißtrauisch musterte. Unter dem Mantel, der mit dem Wappen des Grafen geschmückt war, glänzte ein Kettenhemd, und das wettergegerbte Gesicht zeigte keine Spur von Herzlichkeit.
»Ehm, ja. Mein … mein Name ist Kevin, ich bin Bardling, und mein Meister hat mich mit einer Botschaft für den Grafen Volmar hergeschickt.«
Er zeigte dem Wächter das versiegelte Pergament. Zu seinem Entsetzen riß der Mann es ihm aus der Hand.
»Hey!«
»Übergib dein Maultier den Stallburschen. Dein Gepäck wird man dir bringen – Arn!«
Ein kleiner Junge, ein Page im strahlenden Blau des Grafen, kam herbeigelaufen. »Sir?«
»Bring den Bardling in das Quartier der Knappen.«
»Aber meine Botschaft!« protestierte Kevin.
»Sie wird dem Grafen Volmar überbracht werden.«
Der verächtliche Blick des Wachtpostens schien zu fragen, ob Kevin wirklich annehme, einem gewöhnlichen Bardling werde es gestattet, einen Grafen zu belästigen.
»Versorg dein Maultier.«
Mit diesen Worten drehte sich der Mann um und verschwand in dem Bergfried. Kevin zögerte und spielte kurz mit dem Gedanken, hinter dem Wächter herzulaufen und darauf zu bestehen, auf der Stelle zum Grafen geführt zu werden.
O nein. Solch ein Verhalten würde nicht nur den Rest seiner angeknackten Würde zerstören, sondern vermutlich auch noch dazu
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