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The Bone Season - Die Träumerin (German Edition)

The Bone Season - Die Träumerin (German Edition)

Titel: The Bone Season - Die Träumerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samantha Shannon
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sie inzwischen ahnen mussten, dass irgendetwas nicht stimmte. Nick wollte, dass ich ihn anrief und ihm sagte, ob alles in Ordnung war.
    Es musste ihn Tage gekostet haben, den richtigen Weg durch den Æther zu finden. Falls er es wieder versuchte, mithilfe einer Séance, konnte er mir vielleicht eine Nachricht schicken. Mir war allerdings schleierhaft, warum er die Botschaft an Liss gesandt hatte. Er kannte meine Aura, sie hätte für ihn wesentlich leichter zu finden sein müssen. Vielleicht lag es an den Tabletten, oder die Rephs bildeten eine Art Störfaktor – aber das war egal. Er hatte versucht, mich zu erreichen. Und er würde nicht aufgeben.
    Julians Stimme drängte sich in meine Überlegungen: »Dann kennst du also tatsächlich andere Springer, Paige?« Als ich ihn wortlos ansah, zuckte er mit den Achseln. »Ich dachte nur, die siebte Kaste sei die seltenste.«
    Springer . Ich verabscheute diesen Begriff. Er bezeichnete eine Seherkaste, so wie Wahrsager oder Auguren. Und es war die Kategorie, der ich zuzuordnen war: jene Seher, die in den Æther eindringen und ihn manipulieren konnten. Jax hatte in den Dreißigerjahren mit der Unterteilung der Seher begonnen, damals war er ungefähr in meinem Alter gewesen. Alles begann mit Über die Vorzüge der Widernatürlichkeit , was sich wie ein Lauffeuer in der Unterwelt der Seher verbreitet hatte. In dieser Schrift hatte er sieben Kategorien der Hellseherei identifiziert: Wahrsager, Auguren, Medien, Sensoriker, Megären, Bewahrer und Springer. Die letzten drei waren laut seiner Beschreibung den restlichen weit überlegen. Diese Betrachtungsweise der Hellseherei war vollkommen neu, denn vorher hatte es noch nie irgendeine Strukturierung gegeben. Allerdings hatten die »niedrigen« Kasten das nicht sonderlich gut aufgenommen. Die daraus resultierenden Bandenkämpfe hatten gute zwei Jahre angehalten. Irgendwann hatten die Vertreiber von Jax’ Flugblatt die Schrift aus dem Verkehr gezogen, doch der alte Groll blieb bestehen.
    »Ja«, bestätigte ich nun. »Aber nur einen. Er ist ein Orakel.«
    »Du musst ja ein ziemlich hohes Tier beim Syndikat sein.«
    »Einigermaßen.«
    Liss machte mir eine Schale Suppe zurecht. Falls sie eine Meinung dazu hatte, ließ sie sich nichts davon anmerken. »Könntest du Paige und mich für ein paar Minuten allein lassen, Jules?«
    »Sicher«, sagte Julian. »Ich halte inzwischen nach Rotjacken Ausschau.«
    Er verließ die Hütte. Liss starrte auf den Ofen. »Was ist los?«, fragte ich, woraufhin sie sich fester in ihre Decke wickelte.
    »Ich habe Angst um dich, Paige.«
    »Warum?«
    »Ich habe ein ganz mieses Gefühl, was die Feierlichkeiten angeht – du weißt schon, die Zweihundertjahrfeier. Vielleicht bin ich kein Orakel, aber ich sehe auch gewisse Dinge.« Sie griff nach ihren Karten. »Darf ich sie für dich legen? Bei manchen Leuten überkommt mich einfach der Drang dazu.«
    Ich zögerte. Bisher hatte ich Karten immer nur zum Tarock spielen benutzt. »Wenn du willst.«
    »Danke.« Sie legte den Stapel zwischen uns. »Wurde dir schon einmal die Zukunft gedeutet? Vielleicht von einem Wahrsager oder Auguren?«
    »Nein.« Mir waren schon oft solche Sitzungen angeboten worden, aber ich war nie davon überzeugt gewesen, dass es eine so gute Idee wäre, in die Zukunft zu blicken. Nick hatte mir manchmal ein paar Hinweise gegeben, aber ich hatte ihn zumeist nicht ins Detail gehen lassen.
    »Okay. Gib mir deine Hand.«
    Ich streckte ihr die Rechte entgegen, und Liss packte sie. Hoch konzentriert glitten ihre Finger über den Stapel, sie nahm sieben Karten und legte sie verdeckt auf den Boden.
    »Ich werde die Ellipse legen, das heißt, ich lese deine Aura, ziehe sieben Karten und interpretiere sie dann. Nicht jeder Tarotist deutet jede Karte gleich, werde also nicht sauer, wenn du etwas zu hören kriegst, was dir nicht gefällt.« Sie ließ meine Hand los. »Die erste bezieht sich auf deine Vergangenheit. In ihr werde ich Teile deiner Erinnerungen sehen.«
    »Du kannst Erinnerungen sehen ?«
    Ein leises Lächeln huschte über Liss’ Gesicht. Das war offenbar etwas, was sie immer noch stolz machte. »Kartenleser setzen zwar Objekte ein, aber eigentlich passen wir in keine Kategorie. Das wurde selbst in den Vorzügen anerkannt. Ich halte das für einen klaren Vorteil.«
    Sie drehte die erste Karte um. »Die Fünf der Kelche«, stellte sie fest und schloss die Augen. »Als du noch sehr klein warst, hast du einen Verlust erlitten. Ich sehe

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