The Cocka Hola Company: Roman
KENDALL, YOU’RE BEING VIDEOTAPED. Da krieg ich Gänsehaut von, Casco, das trifft doch voll ins Scheißschwarze, Mann. Morgen, halb acht. Im FILMPALAST.
– In Ordnung. Ich hab Zeit.
– In Ordnung. Ich hab Zeit. (Simpel äfft ihn nach). Das musst du auch, verdammt nochmal, Casco, das hier ist was, das man nicht verpasst, nur weil man irgendeine Scheißverabredung hat. Klar? Geschnallt?
– Wenn ich etwas Wichtiges vorgehabt hätte, hätten wir aber vielleicht an einem anderen Tag gehen können …?
– Da sei dir bloß nicht so scheißsicher, Casco, hör auf zu winseln, verflucht nochmal, ich rede von einem guten Film, du weißt genauso gut wie ich, wie das mit guten Filmen ist, die kommen beim großen Publikum nicht an, ja, das hier ist ein Film, der Teilnahme verlangt, und du weißt genauso gut wie ich, wie scheißträge die Leute sind, wenn es um Teilnahme geht, die Leute wollen alles intravenös reingedrückt kriegen, Casco, die haben keine Lust mehr, was zu kauen, smack me up , ja, und du weißt genauso gut wie ich, dass der Film heute schon wieder aus dem Programm genommen werden könnte, wenn ich nicht zwei Karten für die Vorstellung morgen um halb acht bestellt hätte, eine für mich, Casco, und eine für dich. Ich kann mir nicht helfen, Casco, ich mach mir echt Sorgen wegen deiner beschissenen Einstellung, ich mach dir hier ein echt qualitätsvolles Angebot und dein ganzer scheißverfickter Dank ist, dass du rumzögerst.
– Schon in Ordnung, ich hab ja gesagt, dass ich Zeit hab, kein Problem.
– Ich hab ja auch gar kein Scheißproblem, Casco, das Problem PIEP ist, dass die Leute PIEP sich für allen möglichen PIEP Scheiß engagieren, und das PIEP bedeutet doch dass PIEP …
Simpel ist jederzeit über sein BOSCH-Handy zu erreichen, aber das ist natürlich enorm teuer. Simpel aus der Zelle anzurufen, ist fast genauso ärgerlich, wie die Scheißauskunft aus der Zelle anzurufen. Eigentlich scheißt Casco darauf, was es kostet, aber es ist physisch unmöglich, schnell genug Münzen nachzuwerfen.
(Zurück im Al Mafar’s).
Casco kann sich unmöglich vorstellen, dass Tiptop auf einmal zum Homo geworden sein soll, wie er ihn so sieht mit seinen weißen Zähnen vor Fazils Börek-Theke. Und es ist genauso unmöglich, dass Tiptop nicht mehr weiß, dass Cascos Eichel sich vor knapp zwei Wochen tief hinter seinem Zäpfchen befunden hat. Fazil seinerseits denkt nichts Besonderes, als er Tiptop den Börek mit Spinat und Feta über den Tresen reicht.
– Ich nehm auch einen, Fazil … und gib mir bitte Kleingeld raus, ich muss meine Mutter aus der Zelle anrufen, sagt Casco.
– Bitte, bitte, sagt Fazil, – … wie gett ihr und PapaHans so? Alles wie sein soll?
– Ja, denke schon, sie wollen über Weihnachten wieder so ’ne Rundreise machen. Ich bin irgendwann die Tage mal zum Essen bei ihnen … Meine Mutter will mir auf Teufel komm raus ihre Reisepläne erzählen … wann und wohin und so …
– Mal wieder eine Kulturtour? Tiptop versucht tapfer, ironisch zu sein.
– Kültürtür?, sagt Fazil und lacht laut über sich selber. Casco lacht nicht. Tiptop erstickt ein Gähnen und Casco wartet zwei Sekunden, ob Tiptop noch so eine dumme Bemerkung à la Simpel bringt, aber als nichts kommt, redet er weiter.
– Ja, wieder mal eine Kulturtour nach Mitteleuropa. Stimmt. Keine Scheißahnung, wohin. Aber das kriege ich bald zu hören. Wie immer in Museen und so Zeug.
Was Casco nicht sagt: Das mit den Museen ist nur die halbe Wahrheit. Eigentlich sucht nur Sonja, Mutter des Pornodarstellers Casco und Gattin des Pornoproduzenten PapaHans, die Museen auf. Während Sonja im Museum vor den alten Schinken sitzt, schleift PapaHans seine mittelalten Knochen durch Pariser und Berliner und Wiener Pornoklubs, um Kontakte zu knüpfen oder auch nur zur Inspiration, wie er sagt. Auf ihren ersten Reisen, zwei, drei Jahre nach Cascos Geburt, also fast sieben Jahre, nachdem der kleine tot geborene Klaus im Reichshospital in den Müll gewandert war, legte PapaHans noch etwas an den Tag, das man mit aufrichtigem kulturellen Interesse verwechseln konnte – ja, er hatte Sonjas Kulturinteresse sogar ursprünglich geweckt –, doch nach mehreren und jedes Mal langweiligeren Pilgerreisen in dieselben Museen und zu immer denselben ewigen bescheuerten Kunstwerken schwand sein Interesse, und im selben Maße wuchs sein Zweifel an dem ganzen Kulturkrempel, was nicht zuletzt Simpels Tiraden geschuldet war, die sie jedes Mal nach
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