The Curse - Im Schatten der Schwestern (German Edition)
menschlicher Ansiedlung gelegene, verkommene Ruine zu besichtigen.
Ich stapfte durch die Disteln und war froh, dass der Himmel blau und die Zeit bis zum Abend noch weit war.
Immer wieder rief ich nach Payton, erhielt aber keine Antwort. Als ich mir auch noch auf dem ungepflegten Weg den Fuß verknackste, war ich sicher, doch keine Ähnlichkeit mit Lara Croft zu haben. Ich war ohnehin mehr der etwas ungelenke Indiana-Jones-Typ. Ich humpelte zum nächstbesten Mauervorsprung, setzte mich und rieb den pochenden Knöchel. Anscheinend war wirklich keiner hier.
Was sollte ich jetzt nur tun? Abwarten, ob jemand kommen würde? Oder lieber versuchen, wieder in die Stadt zu gelangen? Wie ein schneller Blick auf mein Handy meine Vermutung bestätigte, hatte ich kein Netz, aber wenn ich mich richtig erinnerte, hatte ich wenige Meilen zuvor eine rote Telefonzelle gesehen. Ob die wohl noch funktionierte, oder ob sie nur ein nostalgisches Wahrzeichen für die Zeit vor den Mobiltelefonen war?
Ich ließ die Schultern hängen und streckte vorsichtig den schmerzenden Fuß aus. Ich war ja selbst schuld. Warum war ich nicht einfach zu Hause geblieben? Immerhin hatte er mich verlassen! Mit mir Schluss gemacht – einfach so, ohne ein Wort! Nur dieser dämliche Abschiedsbrief auf meinem Kopfkissen. Ich fühlte beinahe wieder diesen unfassbaren Schmerz, der mir die Tränen in die Augen getrieben hatte.
Minutenlang war ich nicht mehr in der Lage gewesen, zu denken. Ich saß einfach nur da und starrte auf die Tinte. Wie konnte er mir das antun? Wir waren uns nur wenige Stunden zuvor so nahe gewesen, und nun lag ich hier und weinte mir die Augen aus. Sollte es das gewesen sein? Hatte er mich vielleicht nur ausgenutzt? Oder ihm unsere gemeinsame Nacht vielleicht nicht gefallen? Als ich wieder etwas ruhiger geworden war, wollte ich auf diese Fragen eine Antwort haben. Ich rief ihn immer wieder auf seinem Handy an, aber er ging nicht ran. Mein Schmerz verwandelte sich in Wut. Ich hatte so viel für ihn riskiert, ihm vertraut und ihm mein Herz geöffnet – da konnte ich doch wohl erwarten, dass er mir einen Grund nannte, warum wir uns „nicht mehr sehen können“ und ich „ihn vergessen sollte“ .
Ihn vergessen? Wusste er eigentlich, was er da verlangte? Niemals würde ich Payton McLean vergessen – und ich wollte es auch nicht! Schließlich versuchte ich sogar, Sean ans Telefon zu bekommen, mit dem gleichen ernüchternden Ergebnis. Die Wut über dieses unmögliche Verhalten schaffte es beinahe, meinen Herzschmerz zu lindern. Aber als ich dann am Abend zum Motel ging, um Payton zur Rede zu stellen, wirbelte eine Putzfrau durch das leergeräumte Zimmer und teilte mir teilnahmslos mit, die Gäste hätten ausgecheckt. Dies war der Moment gewesen, in dem ich meine Tränen nicht länger zurückhalten konnte. Wahre Sturzbäche liefen meine Wange hinunter, und mein Ärmel musste als Taschentuch herhalten.
Ich rannte. Die Stadt um mich herum schien sich für immer verändert zu haben. Die bunten Reklameschilder und die grellen Scheinwerfer vorbeifahrender Wagen verursachten mir Kopfschmerzen. Das Heulen eines Rettungswagens und die Motorengeräusche der Autos schienen mich zu verfolgen, als ich die Road 113 verließ und in den ruhigeren Kings Highway einbog. Ich konnte unmöglich nach Hause gehen. In mein Zimmer, in dem ich mit Payton gerade noch so glücklich gewesen war. Also lief ich weiter zum Silverlake und setzte mich ins hohe Ufergras.
Der Sommer war vorbei, der Boden kalt und meine Jeans wurde am Hintern feucht. Trotzdem zog ich Schuhe und Strümpfe aus, krempelte die Hosenbeine hoch und streckte die Füße ins Wasser.
Die stechende Kälte hatte meine Gedanken wieder klarer werden lassen, und so erinnerte ich mich an den ersten Spaziergang mit Payton am Glenfinnan Monument , bei dem wir barfuß durch einen eiskalten Fluss wateten.
Dieser Tag während meines Schüleraustausches in Schottland war unbeschreiblich schön gewesen und der Anfang von etwas ganz Besonderem.
Dass Payton nun alles, was gewesen war, mit diesem Brief einfach wegwerfen wollte, konnte ich nicht glauben. Da musste mehr dahinterstecken. Schließlich hatte er sich den ganzen Tag sehr komisch verhalten, und nach Seans Besuch schien er tief in Gedanken versunken.
Ich zog die Füße aus dem Wasser, spürte dem Kribbeln in den Zehen nach und fühlte mich tatsächlich etwas besser. Ich wollte nicht glauben, dass Payton mich nicht mehr liebte. Es musste eine logische
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