The Curse - Im Schatten der Schwestern (German Edition)
über die Veranda.
Eine ganze Weile saß Payton reglos da, dann ging er ein letztes Mal die Stufen hinauf in das Zimmer, in dem er seine Sam zum ersten Mal geliebt hatte.
***
Tatsächlich hatte der Abwasch eine beruhigende Wirkung auf mich. Brüder hatten eben Geheimnisse. Ich versuchte mir einzureden, dass dies absolut normal wäre. Ich selbst würde auch nie Kims private Dinge mit den Jungs teilen, also stand Payton wohl auch etwas Privatsphäre zu.
Obwohl ich mich so einsichtig zeigte und die ganze nächste Stunde versuchte, gute Laune zu verbreiten, schien Payton noch immer geknickt. Irgendwie war er mit seinen Gedanken nicht ganz bei mir.
„Was ist denn los? Du hast dir doch hoffentlich beim Sturz nichts getan?“, fragte ich besorgt nach.
„Hm? Hast du was gesagt?“
„Payton, woran denkst du gerade?“
Er zog mich auf seinen Schoß und legte die Arme um meine Hüften. Mit seiner samtweichen Stimme, die mich schon bei unserer ersten Begegnung am Glenfinnan Monument verzaubert hatte, raunte er mir ins Ohr:
„Mo luaidh, ich denke nur an dich – in jedem Moment meines Lebens.“
„Du bist süß. Ich glaube, ich werde dich behalten“, scherzte ich, erhob mich aber mit einem bedauernden Blick auf die Uhr. Meine Eltern würden bald zurückkommen. Obwohl sie nichts gegen die Beziehung zu Payton sagten, teilten sie meine Begeisterung aber auch nicht. Immerhin war ich in einen Schusswechsel verwickelt worden und fast vom vierten Stock eines Motels in die Tiefe gestürzt. Da konnte ich ihre Skepsis sogar ein klein wenig verstehen, auch wenn natürlich nicht Payton die Schuld an diesen Dingen trug.
Jedenfalls würden sie vermutlich gleich zur Tür hereinschneien, und ich wollte ein Zusammentreffen lieber vermeiden, also zog ich ihn mit mir zur Haustür.
„Auch wenn es mir schwerfällt, du verruchter Schotte, fürchte ich, dass du nun gehen musst.“
Ich konnte seinen Gesichtsausdruck nicht deuten. Er war so verschlossen wie zu der Zeit, als Vanoras Unsterblichkeitsfluch noch sein Leben bestimmte. Unendliche Traurigkeit sprach aus seinem Blick, als er mich an sich zog und mir tief in die Augen sah.
„Du hast recht. Es ist Zeit für mich, zu gehen.“
Warum bekam ich eine Gänsehaut? Warum war mir so komisch zumute? Ich löste mich aus seiner Umarmung und sah ihn fragend an, doch seine Augen waren unergründlich wie die Tiefen der schottischen Lochs.
Ich stellte mich auf die Zehenspitzen, um ihm einen Abschiedskuss zu geben, aber er schob mich von sich, wie, um sich mein Gesicht einzuprägen.
„Sam, ich … ich muss los. Tha gràdh agam ort”, flüsterte er gegen meine Lippen, und jedes Wort war eine einzige Liebkosung.
„Ich liebe dich auch.”
Er ging den Gartenweg entlang, blieb jedoch nach wenigen Metern abrupt stehen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht kam er zurück.
„Ich kann nicht gehen, ohne dich ein letztes Mal zu küssen, Sam.”
Das klang fast entschuldigend, dabei konnte er das gerne auch noch tausend Mal tun – ich würde mich nicht beschweren. Wer hätte gedacht, dass es sich so toll anfühlen würde, geküsst zu werden?
Sein Kuss war zärtlich und leicht. Ich fühlte seine grenzenlose Liebe, die mich auch dann noch wie auf Wolken zurückließ, als er längst gegangen war.
Kapitel 4
Schottland, November 1740
Vanora hatte ihr Werk vollbracht. Der Fluch war ausgesprochen. Ein letzter gleißender Blitz zuckte vom nächtlichen Himmel herab. Im nächsten Moment legte sich der Wind, und die Wolken verschwanden ebenso schnell, wie sie heraufgezogen waren. Reglos stand die alte Frau auf dem Bergkamm und blickte auf die Burg hinunter.
Sie kannte ihr Schicksal. Wusste um den nahenden Tod, den ihr ihre eigene Tochter bringen würde – und fürchtete ihn nicht. Endlich, nach all den Jahren würde sie ihre Tochter Nathaira zu Gesicht bekommen, endlich das Kind sehen, welches Grant Stuart ihr so grausam entrissen hatte.
Die Reiter hielten auf sie zu, kamen immer näher. Ruhe und Frieden senkten sich über Vanora. Sie hatte das Baby gerettet. Muireall Cameron lebte. Damit war der kaltblütige Plan der Stuarts, alle Camerons zu töten, in dieser Nacht gescheitert.
Obwohl Vanora nicht mehr viel Zeit auf dieser Welt bleiben sollte, wandte sie ein letztes Mal ihren Blick von ihrem nahenden Schicksal ab und suchte die dunklen Hügel hinter sich nach der jungen Frau ab, welche der Anfang und das Ende dieser Geschichte sein würde. Die Frau, deren Schicksal es war, die Geschichte der
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