The Doors
die auf gewisse Weise der auf dem ersten Moby-Grape-Album entspricht, das mit Kunstfertigkeit und Selbstvertrauen beginnt, mit dem mitreißenden Schwung von »Fall on You« und »Omaha«, und das am Ende in den finsteren Ecken und düsteren Räumen der letzten Tracks landet, wobei die Gestalten, die von dieser Platte in die richtige Welt hinausgingen, in Räumen landeten, die noch um einiges schlimmer waren.
Binnen Kurzem wird Henrys schwer erkämpfter Glaube, dass das Leben von ein paar angeborenen, vorgegebenen Regeln beherrscht wird, gründlich erschüttert – ein Glaube, erkämpft durch zahllose Niederlagen, Kompromisse und die bewusste Weigerung, sich an ein Leben zu erinnern, das etwas anderes verhieß. Als die Gegenwart in Scherben fällt – Henry verliert seinen Job, sein Haus wird zerstört, und die Frau, die er als seine Freundin betrachtet, wird ihm ausgespannt –, da kehrt Vietnam in Flashbacks zurück, und man beginnt zu erkennen, dass Henrys Bemühen, ein bürgerliches Leben zu führen, mag es auch noch so armselig sein, eine Version von Hemingways Nick Adams ist, der sich in der Kurzgeschichte »Big Two-Hearted River« nach den Schrecken des Ersten Weltkriegs an seine Angelrute klammert. Aber so, wie es hier porträtiert wird, war – ist – Vietnam kein Krieg, sondern ein Leichenhaus. Es ist keine Situation, die herbeigeführt wurde, um irgendein geopolitisches Ziel zu erreichen, sondern eine Situation, die es einem ermöglicht, alle moralischen Grundsätze, alle Hemmungen über Bord zu werfen, und das nicht in einem entlegenen My Lai, sondern mitten im eigenen Camp, unter den eigenen Kameraden, denn die Mordlust sucht sich ihre Opfer dort, wo sie sie am leichtesten findet. In so gefeierten Vietnam-Romanen wie Tim O’Briens Going After Cacciato oder in Kriegserinnerungen nach Art von Philip Caputos A Rumor of War ging es im Grunde um ethische Prinzipien, mochten diese Bücher auch noch so verlogen sein. Wayne Wilson war daran nicht interessiert. Seine Schilderungen von sinnlosen Auseinandersetzungen zwischen Leuten, die angeblich auf derselben Seite stehen, lassen einen an den schlimmsten Moment in Joseph Hellers Catch-22 denken, an die Passage, in der Aarfy das italienische Dienstmädchen Michaela vergewaltigt und ermordet, doch das war ein Schlüsselereignis, etwas, was der Leser niemals vergaß. Das, was in Wilsons Vietnam passiert, brennt sich nicht in die Erinnerung ein – es ist das normale Leben, reduziert auf das Niveau einer unflätigen Beleidigung von der Sorte, die einen Menschen schwach und hilflos macht, die ihn demütigt, die ihn dazu bringen kann, jeden zu töten, der es darauf anzulegen scheint. Das Einzige, was beim Leser von diesen Dingen zurückbleibt, ist ein schwarzer Nebel, so beängstigend wie ein Höllen-Gemälde von Hieronymus Bosch.
Als Henry und Miles vor Miles’ Verfolger, einem Todfeind aus Vietnam, fliehen müssen, dauert es nicht lange, bis die Sprache der Flashbacks die Oberhand gewinnt. Eine lange zurückliegende Nacht voll selbstsüchtigem, weltabgewandtem Hippie-Sex in Haight-Ashbury fordert nun ihren Tribut: Leute, die einmal glaubten, dass sie den Zeitgeist verkörperten, kehren Jahrzehnte später als Strandgut zurück, werden als Abfall nach oben gespült. Und während sie zurückkehren, verwandeln sie alte Schrecken, und sogar angenehme Erinnerungen, in etwas durch und durch Schäbiges. Die Leute werden einfach hässlicher, und ein Zeitgefühl ist das Letzte, was sie gebrauchen können: »Henry war erstaunt angesichts des Kontrasts zwischen dieser verhärmten Frau und dem Mädchen, dem er sich in jener lange zurückliegenden Nacht hingegeben hatte« – er möchte sich nicht ausmalen, wie er auf sie wirken mag. »Jetzt hingen ihre Mundwinkel herab, und die Haut unter ihrem Auge sah blutunterlaufen aus, und als Henry sich zu ihr hinabbeugte, um sie auf den Kopf zu küssen, entwich ihrem Haar ein Dunst von Bier und gebratenen Zwiebeln ... Ein räudiger Hund, um dessen Hals ein rotes Kopftuch gebunden war, folgte ihnen ins Wohnzimmer. Henry wäre jede Wette eingegangen, dass er einen aus dem Kifferjargon stammenden Namen wie Kilo oder Shit trug.« Und diese Wette hätte er gewonnen, denn der Hund hört auf den Namen Roach.
All diese Dinge – die Skip-Spence-Story, Henrys Story, die Hintertür, die Grace Slick aufstieß, sobald man durch die Vordertür hereingekommen war – mögen in »The Crystal Ship« nicht präsent sein, doch sie lauern darin,
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