Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
The Doors

The Doors

Titel: The Doors Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greil Marcus
Vom Netzwerk:
hören, wie er die anderen fragt: Na, was haltet ihr davon? Gefällt euch das? Haut das hin? Warum seid ihr zu dieser Show gekommen? Warum seid ihr hier? Dann kehrt er auf die Bühne zurück und führt den Song, so wie in dessen letzten Momenten auf Strange Days , wieder zu jenem anfänglichen Versprechen zurück, zu jener ersten dunklen Vorahnung. »When the music’s over« – hieß es anschließend »Turn out the lights« oder »Turn up the lights«? Von Abend zu Abend, von Stadt zu Stadt, von Jahr zu Jahr – es war nie dasselbe.
    »Hello to the Cities«, auf der mit »The Future Ain’t What it Used to Be« betitelten CD des Doors Box Set (Elektra, 1997).

    Robby Krieger, zitiert im Booklet zum Doors Box Set (Elektra, 1997), S. 34.

    Ray Manzarek, zitiert in The Doors with Ben Fong-Torres, The Doors , Hyperion, New York 2006, S. 73.

    »When the Music’s Over«, Strange Days (Elektra, 1967).

    –, Sam Houston Coliseum, Houston, 10. Juli 1968, auf Boot Yer Butt! The Doors Bootlegs (Rhino Handmade, 2003).

The Crystal Ship
    »WER VON EUCH schreibt die meisten Songs?«, fragte der mittlerweile verstorbene Greg Shaw die Doors 1967 in San Francisco, kurz nach den Auftritten, die die Band dort im März im Matrix absolviert hatte, einem gemütlichen Club von der Größe eines Schuhkartons. »Die Texte stammen fast alle von Jim«, antwortete Robby Krieger. »Mir ist aufgefallen, dass einige eurer Songs ziemlich sonderbar sind, zum Beispiel ›The End‹ und ›Moonlight Drive‹, aber auch noch ein paar andere. Aus vielen eurer Songs spricht eine ausgeprägte Nähe zum Tod. Ich meine, es scheint fast so, als habe der Songschreiber irgendwann einmal den Verstand verloren, und diese Songs sind das Resultat davon. Bei ›End of the Night‹ denke ich unwillkürlich an Célines Reise ans Ende der Nacht , und bei ›The End‹ und bei einigen anderen Songs fällt mir sofort das Tibetanische Totenbuch ein. Diese Todesnähe springt einen regelrecht an.« »Ich weiß nicht«, sagte Jim Morrison. »Verglichen mit einigen der Sachen, die ich hier in San Francisco gehört habe, sind diese Songs gar nicht so sonderbar. Ich finde sie ziemlich normal.«
    »The streets are fields that never die« – diese Zeile aus »The Crystal Ship«, einem Song von The Doors , den die Band auch im Matrix präsentierte, war ein beeindruckendes Bild. Und das Gleiche galt für die Formulierung »speak in secret alphabets«, aus »Soul Kitchen«, einem Song, der ebenfalls von The Doors stammte und den die Band im Matrix ein oder zwei Nummern vor »The Crystal Ship« spielte. Als Bilder schwebten sie in der Luft, und als Vorstellungen blieben sie einem im Gedächtnis haften. Sah man sie gedruckt vor sich, vielleicht wenn man sie in seinem Kopf abspielte, dann schien ihre Bedeutung auf der Hand zu liegen – dann schienen sie sich auf der Stelle von selbst zu erklären, doch wenn Jim Morrison sie sang, taten sie das nicht.
    Greg Shaw hatte recht, was den Tod betraf. Wer wusste, welche Gestade Morrisons kristallenes Schiff oder sein eigenes Schiff ansteuerte? Hört man sich heute die fast schon ätherische, auf The Doors enthaltene Aufnahme von »The Crystal Ship« an oder die nicht ganz so entrückte, vitalere Performance, die die Doors im Matrix ablieferten, dann schwebt der Song zwischen Träumen und Wachen, zwischen Reden und Schweigen, zwischen Fantasie und Wirklichkeit, zwischen dem Tod und dem nächsten Morgen. Und der Song verharrt dort oben, er landet nicht. Die Musik ist von schwerelosen, bedächtigen Figuren erfüllt – die beiden ersten Wörter des Songs, die in die widerhallende Stille eines leeren Hauses hineingesprochen werden; ein hinabgleitender, bekräftigender Basston; Ray Manzareks hohe, windschattenartige Orgel und, vor allem, das stoische Ansteigen in den sich wiederholenden Mustern, die John Densmore auf der Snare Drum oder auf dem Becken produziert, um den Übergang von einer Bewegung zur nächsten, von einem Blickwinkel zum nächsten zu markieren –, und die Art und Weise, auf die Morrison die Balance über all diesen Dingen hält, erinnert an einen Schlafwandler auf einem Drahtseil. Der physische Körper der Performance ist der eines einzigen Atemzugs, eines sich über zweieinhalb Minuten erstreckenden Ausatmens – und es könnte ein letzter Atemzug sein.
    Die Eigenartigkeit der ersten Worte – »Before you slip into unconsciousness« –
    Be
    fore
    you
    slip
    into
    unconsciousness
    – lässt einen innehalten, bringt

Weitere Kostenlose Bücher