The End (Die neue Welt)
und das Abwehrsystem der ›New Orleans‹ zerschoss die Projektile.
Nachdem eine kurze Weile verstrichen war, ohne dass eine der beiden Parteien Gebrauch von Raketen machte, schallte ein Krachen über das Meer, wie es Sebastian und Tomlinson noch nicht gehört hatten. Sie blickten wieder hinüber zur ›New Orleans‹; sie war auf Steuerbord getroffen worden.
»Jesus Christus!«, rief Tomlinson. »Hat einer der Jets sie erwischt?«
Der nächste Schlag zielte auf die gleiche Seite ab. Flammen schossen aus der Bordwand, und das Schiff fing an zu krängen. Den Schaden hatte jedoch kein Harrier angerichtet, sondern die ›USS Topeka‹.
Einige Flugzeugpiloten nutzten die Gelegenheit und feuerten erneut. Jetzt fing das Phalanx-System nur eine ihrer Raketen ab, zwei weitere brachten den Tod in ihr Ziel: die Brücke der ›New Orleans‹. Noch mehr Flammen züngelten auf, weitere Trümmer lösten sich vom Rumpf. Große Wassermengen brachen hinein, das Schiff neigte sich weiter zur Seite. Dicker, dunkler Rauch quoll aus den klaffenden Löchern in der Wand und dem, was zuvor die Brücke gewesen war.
»Hast du das gesehen? Das war ein verdammter Geniestreich, Mann!« Tomlinson strahlte.
Sebastian blickte ihn abfällig an. Er streckte einen Arm aus, um ihm das Fernglas wegzunehmen, und fuhr ihn scharf an: »Wie kannst du nur? Sie sind Amerikaner, unsere Brüder. Das ist nicht lustig!«
»Corporal, ich hab deine weinerlichen Faxen satt. Hör mit dem Gezeter auf. Du wolltest nach Hause, und das hier ist der Preis, den du dafür zahlen musst.«
»Für mich heiligt der Zweck solche Mittel nicht.«
»Sei keine Zicke, Corporal. Ich bin es so leid, dich über diesen Scheiß jammern zu hören. Wenn es dir nicht passt, hast du 'ne andere Wahl.«
Sebastian erwiderte nichts, weil sein Kamerad gewissermaßen Recht hatte. Alles, was er tat, war Kritik üben, wo er Taten sprechen lassen sollte, da er sich doch emotional so sehr mitreißen ließ. Er überlegte: Was kann ich ausrichten? Wohin soll ich jetzt noch gehen?
»Hier.« Er hielt Tomlinson den Feldstecher hin.
Der nahm ihm das Glas grob aus der Hand. Eine Sekunde lang strafte er seinen Corporal mit einem finsteren Blick, dann widmete er sich wieder der Seeschlacht.
Sebastian lehnte sich gegen das Schott und sah durch das Geländer hindurch, wie die brennende, qualmende ›New Orleans‹ kenterte. Er konnte erkennen, dass alle Rettungsboote und -inseln zu Wasser gelassen wurden. Die Jets am Himmel zogen weiterhin ihre Kreise, doch die Schlacht war geschlagen, das Schiff nicht mehr zu retten. Hunderte hatten den Tod gefunden. Sebastian fragte sich, wie schwer der Schaden auf der ›Makin Island‹ wog. Rauchschwaden entstiegen dem Tiefdeck und den Aufbauten hinter ihnen.
»Glaubst du, zu Hause servieren sie heute Truthahn zu Weihnachten?«, bemerkte Tomlinson.
Sebastian wandte sich ab und schüttelte den Kopf.
»Ich brauche einen Schadensbericht und Opferzahlen«, befahl Barone, kaum dass er die Operationszentrale betreten hatte. Er kam gerade von der Brücke, wo er bei der Aufnahme der letzten Überlebenden der ›New Orleans‹ behilflich gewesen war. Navy Lieutenant Montgomery, der erste Offizier des Schiffs, und dessen Stellvertreter Major Ashley, Lieutenant Colonel Pelton in seiner Funktion als Kommandant der Marineangriffsstaffel 214 sowie Sergeant Major Simpson warteten bereits im Anhörungsraum.
»Ashley, was haben Sie zu vermelden?«, fragte Barone.
»Sir, unser Schaden bleibt überschaubar. Wir haben ein Luftkissenboot verloren und durch eines der ›New Orleans‹ ersetzt. Drei Mann wurden im Gefecht getötet, zweiundzwanzig verwundet.
»Und jetzt die Zahlen der ›New Orleans‹‹«, verlangte der Colonel weiter.
»Auf der Strecke zwischen uns und Pearl Harbor konnten wir 468 Infanteristen und 337 Navy-Soldaten bergen. Leider haben wir Colonel Silver ebenso verloren wie Captain Newsom.« Der Major las alles von einem Zettel ab.
»Irgendwelche Nachrichten von der ›Topeka‹«, fuhr Barone fort.
»Sie fährt voraus, Sir, um den Weg für uns abzusichern.«
»Wie dem auch sei, ich bin heilfroh, sie auf unserer Seite gehabt zu haben. In meiner gesamten Laufbahn habe ich noch nie U-Boote in Aktion gesehen«, gab der General zu. »Jetzt weiß ich, dass sie meine Anerkennung verdienen.« Er hatte es nicht auf diesen Eklat angelegt, war aber zufrieden mit dem Ergebnis.
»Ihre Einschätzung ist goldrichtig, Sir«, pflichtete Sergeant Major Simpson bei.
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