Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

The Forest - Wald der tausend Augen

Titel: The Forest - Wald der tausend Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Ryan
Vom Netzwerk:
das Meer nicht aufgeben.«
    »Das habe ich mir schon gedacht«, sagt sie. »Aber ich wollte nur sichergehen, dass du weißt, wenn es um dich und deinen Traum von Meer oder um Jakobs Sicherheit geht, dann werde ich mich für Jakob entscheiden.«
    »Ich weiß.« Und dann nach einer Weile sage ich: »Du machst dich ganz hervorragend als Mutter, Cass.« Ich möchte auch noch sagen, dass ich die Hoffnung habe, einen Weg hier raus zu finden und an einen sicheren Ort zu kommen, an dem sie heiraten und eine große Familie haben kann. Aber das tu ich nicht. Stattdessen frage
ich sie, ob sie mit mir Formen in den Wolken suchen will. Und wir verbringen den Nachmittag Seite an Seite, gucken in den Himmel, als ob die Welt um uns herum gar nicht so wäre, wie sie immer gewesen ist.

31
    F euer!« Ich schrecke aus dem Schlaf und taste herum, fahre mit den Händen über die Laken, suche nach Travis oder Harry – egal wem. Aber ich bin allein. Jeder Atemzug versengt mir die Lunge und ich kann mich nicht recht erinnern, was mich aus meinen Träumen gerissen hat.
    »Feuer!«
    Wieder höre ich das Wort, dann steht mein Bruder in der Tür. Jakob hat er sich über die Schulter geworfen.Wie schemenhaft er aussieht, die ganze Welt ist schemenhaft, fällt mir auf, und da fange ich an zu husten.
    »Mary, du musst jetzt mitkommen«, sagt er. Dann ist die Türöffnung leer, Rauchfetzen schlängeln hinter ihm her, als wären auch sie durch die nächtliche Unruhe aufgestört worden.
    Mit einer Hand presse ich mein Hemd über den Mund, steige aus dem Bett und lasse die nackten Füße nach Hindernissen suchend über den Boden gleiten.Vor der Tür packt mich jemand und zerrt mich an die frische Luft. Ehe ich mich orientieren kann, werde ich auf die
Plattformen runtergezogen. Dort kauern die anderen bereits beieinander.
    Im Rücken spüre ich das lodernde Feuer, hungrige Flammen, die unsere Zuflucht Biss um Biss verschlingen. Sie rasen durch die anderen Häuser auf den Plattformen, leuchten hell auf, wenn sie sich durch die Vorräte fressen und über die Äste hasten.
    Wir befinden uns alle am Rand der Plattform, auf der ich nachmittags mit Cass in die Wolken geguckt habe. Jetzt versucht sie, Jakob zu halten, der zittert, schluchzt und Entschuldigungen stammelt. Jed, Harry und Travis starren mit aufgekrempelten Ärmeln in die Flammen, auf ihren Stirnen glänzt der Schweiß.
    Die Luft ist so trocken, dass sie knistert und das Gestöhn der Ungeweihten übertönt.
    Wir sind gefangen, zum Tode verurteilt. Vor uns ist nichts, unten erstreckt sich das Dorf mit Pfützen von Ungeweihten. Hinter uns ist das Feuer, das sich über die Plattformen in unsere Richtung frisst.
    Ab und zu tropfen Flammen auf die Ungeweihten, die zu wandelnden Fackeln werden, einander in Brand stecken und das Inferno in den Gebäuden des Dorfes verbreiten.
    »Vielleicht werden sie alle von den Flammen getötet, dann können wir fliehen«, sagt Cass. Ihr Kinn ruht auf Jakobs zuckendem Körper.
    Die Männer antworten nicht. Sie stehen da wie erstarrt, als ob handeln zu riskant wäre. Auf Jeds Arm kann man schon Blasen sehen.

    Unsere Welt ist voller Glut und Licht. So leise, dass die Worte beinahe in der Hitze untergehen, sagt Travis schließlich: »Einer von uns muss da durch. Einer von uns muss rüber zum Pfad und das Seil festbinden.Wir müssen weg von der Plattform und auf diesen Pfad.«
    Cass drückt Jakob an sich und hält ihm die Ohren zu. Jed und Harry nicken.
    »Und du kommst nicht in Frage«, sagt Harry zu Travis, »wegen deines Beines.« Ich wälze diese Worte in meinem Kopf herum, suche nach dem Vorwurf, kann ihn aber nicht finden.«
    »Ich könnte gehen«, flüstere ich. Ich warte auf ihre Einwände, bete darum, und nach zu vielen Herzschlägen kommen sie auch. Ganz einfach, geradeheraus.
    »Nein, du gehst nicht«, sagen sie. »Das macht einer von uns.«
    Jed und Harry schauen einander nicht an, als sie darüber nachdenken, wer von ihnen sich für uns opfern wird.
    »Ich kann doch zumindest das Seil holen«, murmelt Travis. Er humpelt wieder über die Plattform, zurück zum Feuer, das immer näher rückt.
    Jed legt den Arm um Harrys Schulter und Harry legt den Arm auf Jeds Hüfte, so entfernen sie sich ein Stück von uns und stecken die Köpfe zusammen.
    Sie sehen aus, als ob sie beten – und ich frage mich, ob das alles hier meine Schuld ist, weil ich vor so vielen Monaten aufgehört habe, an Gott zu glauben. Wenn ich meinen Glauben an das Meer aufgeben würde, wenn

Weitere Kostenlose Bücher