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The Forest - Wald der tausend Augen

Titel: The Forest - Wald der tausend Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Ryan
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weggezogen.
    »Nein«, protestiere ich, aber die Arme, die mich wegzerren, sind zu stark. Es ist Harry. Auf der anderen Seite des Pfades lässt er mich fallen, ich rappele mich wieder hoch.
    »Du musst ihn liegen lassen«, sagt Harry, er stößt mich wieder um.
    »Aus dem Weg!«, brülle ich, kralle die Finger in die Erde und kämpfe mich zurück zu Travis.
    Harry packt mich an den Schultern. »Begreifst du das denn nicht? Travis ist infiziert. Er wird sich bald wandeln.«

    Jed steht mit einer Sichel in der Hand hinter mir. Er wartet, ist bereit für Travis’ Rückkehr. Bereit, dem ein Ende zu setzen. Ich strecke die Hand nach der glänzenden Klinge aus.Wahrscheinlich denkt er, ich will ihn stoppen, ihn von Travis fernhalten, denn er wehrt sich gegen mich.
    »Mary!« Harry will mich von Jed wegziehen, aber ich schubse ihn mit solcher Kraft, dass er den Pfad hinunterstolpert, mit Cass zusammenprallt und auf den Boden fällt.
    »Gib mir das«, sage ich zu Jed.
    »Er muss unschäd …«
    »Gib her!«
    »Mary, du solltest das nicht …«
    Schreiend stürze ich mich auf die Sichel, und dieses Mal gelingt es mir, ihren Griff zu packen. Ich bin diejenige, die ihn liebt. Ich bin diejenige, die für seine Ansteckung verantwortlich ist. Ich bin diejenige, die er versucht hat zu retten, für die er sich geopfert hat.
    »Mary, lass mich …«
    »Lass los.« Ich knurre.
    Seine Hand lässt den Griff los und mit einer Bewegung schwinge ich die Sichel von ihm weg und auf Travis zu.
    Nichts möchte ich lieber, als die Augen schließen und so tun, als ob das alles nicht real ist. Alles ist nur ein böser Traum. Aber während ich die Sichel schwinge, schlägt Travis die Augen auf.
    Diese unglaublich grünen Augen.

    Mit diesen Augen hat er mich begehrt, aber niemals auf so bösartige Weise wie jetzt.
    Ich schlage die Sichel in seinen Hals, zittere, als ich fühle, wie sie sein Rückgrat durchtrennt. Sein Blick verschwimmt, als würde er durch mich hindurchsehen. Der Körper wird schlaff und alle Muskeln verlieren auf einmal die Spannung.
    Er ist von uns gegangen. Für immer.
    Das Blut läuft an seiner Brust herunter und ich liege auf dem Boden und schluchze.
    Jed nimmt die Sichel und hebt mich auf. Ich bin zu schwach, um mich zu widersetzen. Ich möchte nach Travis’ Hand greifen, ihn ein letztes Mal fühlen, seine Finger mit meinen verflechten. Aber er ist zu weit weg.
    Schon vergesse ich, wie er riecht, der Rauch löscht alles aus.
    Jed trägt mich von der Leiche weg.
    »Nein!«, kreische ich. Ich schreie. Ich schlage auf Jed ein. Ich kriege nicht mal genug Luft zum Schluchzen. Meine Erinnerungen an Travis werden durcheinandergewürfelt, verwirren, verdrehen und vergehen.
    »Du hast getan, was getan werden musste«, sagt er. Als ob das ein Trost sein könnte.
    »Ich habe ihn geliebt«, wimmere ich. »Er war alles für mich. Warum habe ich nicht sehen können, dass er alles war?« Die Reue nagt an mir, saugt meine Adern leer, als wollte sie mein Blut ersetzen.
    »Ich weiß«, sagt Jed. Er hat mich geschultert, ich spüre, wie sein Körper zittert, und weiß, dass er weint. Um mich,
um Beth. Und ich frage mich, ob es je eine grausamere Welt als diese gegeben hat, die uns dazu zwingt, die Menschen zu töten, die wir am meisten lieben.

33
    D ie Tage vergehen und wir laufen nur, immerzu, versuchen, Abstand vom Feuer zu gewinnen, das sich seinen Weg zu uns frisst. Jeder von uns geht auf seine Weise mit dem Verlust von Travis um.
    Cass wendet sich Jakob zu und ihre Liebe wird heftig. Es ist, als wäre er ihr eigenes Kind. Als hätte dieses Kind nie zu einer anderen Frau gehört und sie wäre die Erste. Sie klammert sich an ihn. Er ist der Einzige, der ihren Schleier des Schweigens durchdrungen hat.
    Harry hat die Verantwortung für Cass übernommen. Er sorgt dafür, dass sie ihren Anteil von der kargen Verpflegung zu sich nimmt, die wir vor dem Feuer gerettet haben und die bei jedem Schritt schwindet. Er trägt Jakob, wenn Cass die Arme schwach werden. Wenn sie stolpert unter dem Gewicht, das auf ihr lastet.
    Ich streife den Pfad allein entlang, falle über die kleinsten Wurzeln, wanke auf die Zäune und die Ungeweihten zu, starre ins Nichts.Wie kann es sein, frage ich mich, dass ich alles in meinem Leben verloren habe, nur diese Reise nicht. Diese Hoffnung, dass es ein Ende gibt.

    Dass dieser Pfad uns dahin führen wird.
    Jed holt mich wieder in die Mitte zurück. Er nimmt meine Hand, wenn ich auf die Zäune zutreibe, und führt mich

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