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The Forest - Wald der tausend Augen

Titel: The Forest - Wald der tausend Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Ryan
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gesagt, wie weit es ist? Hat sie dir gesagt, wie man da hinkommt?« Ich gehe zu Travis und stelle mich vor ihn hin, meine Brust streift ihn leicht. »Hat sie dir erzählt, wie es ist? Die Wellen? Der Geruch?«

    Travis packt meine Arme und rüttelt mich, dabei hebt er mich fast von den rauen Planken der Plattform.
    »Sie hat mir erzählt, dass es gefährlich ist, Mary!« Jetzt sehe ich, wie seine Brust sich hebt und senkt, sein Atem geht schnell, sein Gesicht ist rot und seine Kiefermuskeln sind verkrampft. Er schüttelt mich, nur ein kleines bisschen. »Sie hat mir erzählt, dass es gefährlich ist«, wiederholt er mit sanfterer Stimme. Als ob ich das nur begreifen würde, wenn er es mir wieder und wieder sagt.
    Ich merke, wie mein eigenes Gesicht sich zu einem Ausdruck der Verwirrung verzieht. »Gefährlich? Wie das?«, frage ich. Dann winde ich meine Arme aus seinem Griff und verschränke sie über der Brust.
    »Sie hat mir erzählt, dass die Ungeweihten sich aus dem Wasser erheben und immer noch am Strand herumlaufen. Einzäunen ist völlig unmöglich, man kann sich überhaupt nicht schützen. Sie hat gesagt, dort kann niemand richtig sicher sein.«
    Ich möchte protestieren, ihm sagen, dass er sich irrt. Stattdessen schaue ich aus dem Fenster auf die Bäume, auf die Blätter, die sich im Wald wiegen. Das einzige Meer, das ich je gekannt habe.
    »Das kann nicht stimmen«, flüstere ich.
    »Doch«, sagt er. »Du weißt, dass es wahr ist. Deine Mutter hat dir erzählt, wie das Meer vor der Rückkehr war. Seitdem hat sich alles verändert. Alles.«
    »Aber dazu ist das Meer zu groß«, widerspreche ich. »Zu unermesslich groß, zu tief. Ich begreife nicht, wie auch das von der Rückkehr berührt werden kann.«

    Er wartet einen Augenblick mit seiner Antwort. »Nichts auf der Welt ist so tief, dass es den Ungeweihten widerstehen kann.«
    Er schaut mir in die Augen, sein Finger streicht an meinem Kinn entlang.
    Ich glaube ihm schon fast, aber dann schüttele ich den Kopf und werde wütend. »Du irrst dich, Travis. Du irrst dich.« Ich balle meine Hände zu Fäusten und boxe ihm auf die Brust. »Ich weiß nicht, warum du mir solche Geschichten erzählst, aber sie stimmen nicht.«
    Er nimmt meine Hände und schmiegt seine Finger um meine Fäuste. »Wenn ich zulasse, dass du ans Meer gehst, werde ich dich nie wiedersehen, hat sie gesagt.«
    »Dann hat sie sich auch geirrt!«, brülle ich. Mit einem Ruck ziehe ich meine Hände weg und gehe rückwärts auf die Tür zu. »Wenn du jetzt die Wahrheit sagst, warum hast du mir das denn nicht schon vorher erzählt? Warum hast du mir erst solche Hoffnungen gemacht und sie mir dann weggerissen?«
    »Weil ich dachte, ich könnte dich beschützen«, antwortet er. »Weil ich hoffte, ich wäre genug.«
    »Nein.« Heftig schüttele ich den Kopf. »Ich dachte, du wolltest auch das Meer sehen. Ich dachte, das wäre dein Traum. Ich dachte …« Ich schlucke und hole tief Luft. »Ich dachte, du würdest mich holen.«
    Er schaut mich nicht an, während er den Kopf schüttelt. Das ist ein Gefühl, als würde die Welt mir entgleiten. Mir wird klar, was er da sagt – was er nicht sagt -, und das wühlt mich zutiefst auf. Die Worte dröhnen in meinem
Kopf: Er hätte mich nie geholt, er hätte mich nie geholt.
    Alles dreht sich, alles wird unerträglich grell und dann trübe. Meine Welt gerät aus den Fugen, ich mache ein paar Schritte zurück, bis meine Knie an die Bettkante sto-ßen, dann setze ich mich hin.
    Mein Körper tut so weh, dass ich mich übergeben möchte. »Du wärst nie gekommen, um mich zu holen, stimmt’s?«, frage ich.
    »Tut mir leid, Mary«, sagt er, und das ist das Gleiche wie ein Nein.
    Vernichtend, alles in mir zerbricht. »Ich verstehe nicht, warum du mir all das jetzt erzählst? Warum tust du mir das an?« Mit den Händen über dem Kopf rolle ich mich zusammen …
    »Weil ich …« Mitten im Satz bricht er ab und schweigt. Er presst die Kiefer aufeinander. »Mary, ich wollte dich zu sehr. Und dieser Tag auf dem Hügel, das war vollkommen. Da habe ich gesehen, wie das Leben sein könnte, was Hoffnung sein könnte. Ich wollte glauben, dass wir zusammen sein könnten, dass wir unsere Gelübde brechen könnten und dass trotzdem immer noch alles in Ordnung wäre.«
    Sein Blick ist ganz entrückt und er schüttelt den Kopf. »Ich wollte dich holen kommen, Mary. Obwohl ich wusste, dass ich nie so ein Ehemann wie Harry sein würde. Obwohl ich ein gebrochener Mann war, wollte

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