The Haunted

Jeansstoff heraus.
    »Schick«, sagte ich und hob fragend eine Braue.
    »Ja, nicht wahr? Aber ich glaube, du meintest klassisch. Das hier ist ein Original aus den Achtzigerjahren.« Er zog den Reißverschluss auf und setzte sich wieder neben mich. »Aber noch besser ist das, was da drinnen ist.« Er zog eine Handvoll Kassetten heraus und dann noch einen kleinen neonpinken Rekorder. »Tragbar.«
    »Das ist wirklich noch besser.« Ich grinste ihn an. Der Anblick von Caspian mit dem knallpinken, mädchenhaften Kassettenrekorder in der Hand war wirklich zum Brüllen. »Auch die Farbe passt hervorragend zu dir. Pink.«
    »Ja, sie passt zu meinen Augen.« Er hob den Rekorder hoch und klimperte mit den Wimpern.
    »Du hast wieder mal einen kleinen Abstecher zum Secondhandladen gemacht, stimmt’s?«, sagte ich. »Was hast du denn diesmal dortgelassen?«
    Caspian legte den Kopf schief und spielte an dem Batteriefach herum. »Na ja, mehr oder weniger … nichts.« Er sah mich an. »Ich habe nichts mehr und man kann auch nicht immer nur Bücher lesen. Es ist zwar kein iPod, aber besser als nichts.«
    »Ich glaube nicht, dass sie ihn vermissen werden. Welche Kassetten hast du denn mitgehen lassen?«
    Er hielt sie mir hin. »Christmas Kids Sing the Blues« ,las ich. »Na, wenn das kein Widerspruch in sich ist.«
    Er lächelte mich schief an und ging durch die anderen Kassetten. »Was haben wir denn noch: Grover and Me Sing-along, die Sheldon Brothers …« – er zog die Augenbrauen hoch – »und Debbie Gibson.«
    »Na, das ist ja mal eine vielseitige Mischung.« Ich lachte.
    Caspian legte eine Kassette ein, stellte auf leise und drückte auf Start. »Ich bin für alles offen.«
    Eine Mariachi-Band erklang.
    Ich zog die Nase kraus. »Jetzt wissen wir, was die Sheldon Brothers machen.«
    Er drückte auf Stopp und legte eine andere Kassette ein. Gleich darauf drangen aus den winzigen Lautsprechern Klavier- und Synthesizerklänge. »Besser als die Mariachi-Band«, meinte ich. Eine weibliche Stimme setzte ein.
    Caspian tappte mit dem Fuß den Takt und ich musterte ihn skeptisch. »Dir gefällt das wirklich?« Er legte den Kopf schief, sagte jedoch nichts, während Debbie über das Schweigen sang, das mehr als tausend Worte ausdrückte. Ich sah ihn fragend an.
    »Kapierst du’s nicht?«, sagte er schließlich. »Mein Schweigen drückt tausend Worte aus.«
    Ich verdrehte die Augen. »Auch mein Schweigen drückt tausend Worte aus.«
    »Antwortet dein Schweigen auf meins?«, fragte er mit einem spöttischen Funkeln in den Augen. »Mein Schweigen wird nämlich gerade sehr anzüglich.«
    Ich wurde rot und sah auf meine Hände. Werde ich irgendwann über diese elende Verlegenheit hinwegkommen, die mich immer bei ihm befällt? Hoffentlich!
    Mein Handy summte. Ich nahm es aus der Tasche und klappte es mit einer raschen Bewegung auf. Bens Nummer leuchtete auf dem Display und sofort bekam ich ein schlechtes Gewissen. Ich hatte Caspian immer noch nichts von meinen Plänen erzählt.
    Ich stellte den Kassettenrekorder aus. Die plötzliche Stille zwischen uns wirkte ohrenbetäubend. »Caspian … ich muss dir etwas sagen.«
    Seine Miene veränderte sich. »Geht es um Vincent? Hat er dich wieder belästigt?«
    »Nein, nein, um ihn geht es nicht. Es geht um … Ich fahre morgen nach West Virginia.«
    »Nach Martinsburg?«, fragte er leise.
    Ich nickte. »Zusammen mit Ben.«
    »Mit Ben? Warum mit dem?«
    Die Worte sprudelten nur so aus mir heraus. »Meine Eltern wollten mitkommen. Nicht zu deinem Grab natürlich, sondern zu diesem College. Aber ich will ja gar nicht dorthin. Die Collegegeschichte habe ich nur als Vorwand genommen. Und dann haben sie vorgeschlagen, dass mich ein Freund begleiten soll, und ich habe eher scherzhaft Ben ins Spiel gebracht. Und dann … na ja, dann sind sie tatsächlich darauf eingegangen.«
    »Fährt er?«
    »Ja.«
    »Und du übernachtest dort? Mit ihm?«
    »Ja.«
    »Wann fahren wir?«
    »Wir fahren um – Moment mal: Was meinst du mit wir? Du und ich?«
    Caspian lächelte wie ein Engel. »Ja. Du und ich. Ich komme mit.«
    Ich wollte protestieren, aber Caspian hob eine Hand und zählte mir an den Fingern seine Gründe ab: »Ich komme mit, weil erstens: Vincent Drake sich herumtreibt und es möglicherweise auf dich abgesehen hat. Zweitens: die anderen beiden Wiedergänger sich herumtreiben und es möglicherweise auf dich abgesehen haben. Drittens: Ben mit dir dort sein wird, und zwar allein …« Ich schnaubte, doch