The Haunted
Mom, wie es an meinem ersten Tag gelaufen sei. Ich ließ mich erschöpft auf den Beifahrersitz sinken. »Es war ein langer Tag, er schien gar kein Ende nehmen zu wollen. Und irgendwann mittendrin stand die Zeit sogar mal ganz still.« Noch während ich das sagte, musste ich unwillkürlich an Caspian denken, der nichts zur Verfügung hatte außer Zeit.
Mom tätschelte mein Knie. »So schlimm war es bestimmt nicht.«
»Du hast recht«, erwiderte ich. »Es war noch schlimmer.«
Sie setzte den Blinker und fuhr los. »Ich weiß, was dich ein bisschen aufmuntern wird. In der Bücherei gibt es einen Bücherverkauf. Besorg dir eins, das du beim nächsten Mal in die Arbeit mitnehmen kannst, falls es dir wieder mal langweilig wird.«
Sofort hob sich meine Laune. Das war tatsächlich gar keine so schlechte Idee und ich kannte noch jemanden, der wahrscheinlich auch ein paar neue Bücher brauchen konnte, um sich die Zeit zu vertreiben.
Kapitel siebzehn – Eine vergessene Verabredung
»Gern würde ich einhalten, um bei der Welt von Reizen zu verweilen, welche sich dem entzückten Blicke meines Helden darstellte …«
Sleepy Hollow von Washington Irving
Der Rest der Woche war ein endlos langer Fluss, bestehend aus Nachhilfe und langen Arbeitszeiten bei Onkel Bob, bis endlich der Samstag kam. Ich hatte Caspian in der Woche nur ein einziges Mal gesehen, als ich kurz beim Friedhof vorbeigeschaut hatte, um meine lange Abwesenheit zu erklären. Dabei hatte ich völlig vergessen, die Bücher mitzunehmen. Oder ihm von meinen Kinoplänen für den Samstagabend zu erzählen.
Aber jetzt hatte ich endlich Zeit, diese Dinge zu klären, und lief schnell zum Friedhof. Unterwegs war ich froh, einen langen, weit geschnittenen roten Baumwollrock und meine schlichte weiße Bluse anzuhaben. So löste ich mich nicht schon vorher in einer Schweißpfütze auf.
Ich steckte den kleinen Stapel Bücher und ein paar festliche Kerzen, die ich mir von Moms Vorrat genommen hatte, von dem linken unter den rechten Arm, schritt durch das Tor und eilte zum Mausoleum. Als ich eintrat, sah ich, dass Caspian über seinen Papptisch gebeugt an einem Bild arbeitete. Er war so vertieft, dass er mich gar nicht kommen hörte.
»Hey, Casper«, flüsterte ich und beugte mich zu ihm. Er fuhr verlegen auf und ich erhaschte einen Blick auf das, was vor ihm lag.
Es war ein halb fertiges Bild von uns beiden. Wir lagen im Gras und blickten in einen mit Sternen übersäten Himmel. Mein Haar war offen und fiel in verrückten Wellen um meinen Kopf und mein Gesicht … »So schön bin ich doch gar nicht«, murmelte ich, während ich gebannt auf das umwerfend aussehende Mädchen sah, das er gezeichnet hatte.
»Doch, das bist du, Abbey.« Seine Stimme klang gedämpft und andächtig. »Rabenschwarzes Haar, rote Lippen, Haut wie Porzellan. Du bist mein ganz persönliches Schneewittchen. Und deine Augen … sie verfolgen mich.«
Ich atmete tief ein. Auch er verfolgte mich in meinen Gedanken.
Er streckte die Hand aus, als wolle er mein Gesicht berühren. Doch dann hielt er inne und fuhr sich stattdessen durchs Haar. »Schneewittchen war immer meine Lieblingsfigur«, meinte er.
»Dann bin ich also eine Prinzessin?«
Er zuckte mit den Schultern. »Wenn der Schuh passt.«
Ich stöhnte und er lachte. »Okay, der war schlecht.« Dann entdeckte er die Bücher. »Was hast du denn mit denen vor?«
»Die sind für dich.« Ich legte den kleinen Stapel auf den Karton, wobei ich mich bemühte, sein Bild nicht zu verknittern. »Weil du so süß warst und in meinem Schlafzimmer eine Überraschung für mich hinterlassen hast, dachte ich, dass ich dir auch etwas mitbringe. Die Kerzen kannst du nehmen, wenn dein Vorrat zur Neige geht, und die Bücher habe ich aus einem Bibliotheksverkauf. Also – alles Gute zum Geburtstag. Wahrscheinlich nachträglich oder zu früh. Wann hast du überhaupt Geburtstag?«
Caspian grinste, während er das erste Buch vom Stapel nahm und den Titel las. »Am zweiundzwanzigsten Dezember. Jane Eyre, hm?«
»Ja, das ist ein tolles Buch mit einer verrückten alten Dame und einer wahnsinnigen Ehefrau und dann gibt es noch ein Feuer.«
Er schlug es auf und überflog die erste Seite. »Beschlossen, das kommt als Erstes dran.« Seine Worte stimmten mich lächerlich froh und ich spürte, wie mein Gesicht vor Freude zu glühen begann.
»Wenn das alles ist, was ich tun muss, um so ein Lächeln von dir zu bekommen, dann verspreche ich dir, dass ich jeden Tag ein
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