The Homelanders, Band 2: The Homelanders - Auf der Flucht (Bd. 2) (German Edition)
weißen, blutbefleckten Tuch ausgebreitet.
Beim Anblick der Blutflecken war ich mit einem Schlag hellwach. Ich versuchte, meine Arme und Beine zu bewegen, aber es war unmöglich. Dann sah ich die Riemen um meine Hand- und Fußgelenke, mit denen ich an die Armlehnen und die Metallbeine des Stuhls gefesselt war. Und auch hier war Blut, noch mehr Blut: auf dem Boden neben meinen Füßen, auf meinem weißen Hemd, auf meiner schwarzen Hose, an meinen Armen. Außerdem entdeckte ich Blutergüsse auf meinen Armen, dunkle blaue Flecken, und auf meinen Handrücken waren nässende Brandwunden.
Es tat weh. Mit einem Mal wurde mir bewusst, dass mein ganzer Körper innen und außen schmerzte und brannte. Mein Hemd war klatschnass, meine Haut fühlte sich klebrig an, vom Schweiß. Ich hatte einen scheußlichen Geschmack im Mund, wie Dreck. Ich roch wie Müll.
Ich hielt es für einen Albtraum, einen wirklich schlimmen Albtraum, aus dem man mit wild pochendem Herzen und völlig außer Atem aufwacht. Wenn man dann begreift, dass es nicht real, sondern eben nur ein Traum war, schlägt das Herz wieder langsamer, der Atem wird regelmäßiger, man entspannt sich und denkt: Wow, das hat sich verdammt echt angefühlt .
Aber das hier war genau das Gegenteil.
Ich öffnete die Augen und erwartete, mein Zimmer zu Hause zu sehen, meine Urkunde zur bestandenen Prüfung des Schwarzen Gürtels, meine Trophäen, mein Poster von Herr der Ringe ...
Das alles hier hätte ein Albtraum sein sollen.
Aber es war keiner. Es war echt. Und mit jeder Sekunde schlug mein Herz schneller. Mein Atem ging heftiger. Panik loderte in mir auf wie eine brennende Flamme.
Wo war ich? Wo war meine Mom? Wo waren meine Eltern? Was passierte mit mir? Wie war ich hierhergekommen?
Voller Entsetzen durchwühlte ich mein Gehirn, versuchte nachzudenken, aus dem Ganzen schlau zu werden, und fragte mich in all meiner Angst und Verwirrung: Was ist das Letzte, woran du dich erinnern kannst?
2
E IN GANZ NORMALER T AG
Ein ganz normaler Tag. Ein ganz normaler Septembertag – zumindest war es das, bevor der Wahnsinn anfing.
An diesem Abend – der letzte, an den ich mich erinnern konnte – war ich in meinem Zimmer und machte wie üblich Hausaufgaben. Ich musste ein Geschichtsreferat zum Thema »Was ist die beste Staatsform?« schreiben – ein klassisches Mr-Sherman-Thema. Mr Sherman gab sich gerne radikal und forderte uns immer auf, »unsere Anschauungen zu hinterfragen« und »unkonventionell zu denken«. Es schien ihm nie in den Sinn zu kommen, dass manchmal die einfachste und naheliegendste Antwort die richtige sein könnte. »Was ist die beste Staatsform?« Am liebsten hätte ich meinem Aufsatz die Überschrift »Demokratischer Rechtsstaat, du Depp, was denkst du denn?« gegeben. Aber irgendwie dämmerte es mir, dass das wahrscheinlich nicht der beste Weg zu einer guten Note war.
Als es auf 22:00 Uhr zuging, saß ich also am Computer und arbeitete meine Argumente aus. Ich schrieb darüber, dass Menschen das Recht auf Freiheit haben und auch darauf, ihre eigenen Staatsoberhäupter zu wählen. Darüber, dass Regierungschefs, die meinten, um jeden Preis das Sagen haben zu müssen, die glaubten, auf alles eine Antwort und irgendein supertolles System zu haben, das das Leben für jeden gerecht und perfekt macht – Leute wie Könige, Diktatoren und Kommunisten –, am Ende in ihrem Land immer für Chaos sorgen, allen vorschreiben, was sie zu tun und zu lassen haben und diejenigen umbringen, die nicht mit ihrem Führungsstil einverstanden sind.
Es war ein hartes Stück Arbeit, und es wurde auch dadurch nicht leichter, dass ich, während ich an meiner unsterblichen Prosa feilte, Josh Lerner – oder GalaxyMaster, wie er sich selbst im Netz nennt – auf dem Instant Messenger hatte. GalaxyMaster sah sich gerade eine alte Episode von Star Trek auf YouTube an und schickte mir jedes Mal eine Nachricht, wenn etwas Cooles oder Dämliches passierte. Also ungefähr alle zwei Sekunden. Außerdem konnte ich es selbst sehen, weil in der rechten oberen Ecke meines Monitors die gleiche Episode lief. Allerdings hatte ich den Ton leise gestellt, damit ich auch noch George Strait hören konnte, der aus meinem iPod-Dock trällerte.
GalaxyMaster: Sieh dir diesen Felsen an! Voll Pappmaschee!
BBelt1: Ich weiß, Josh, ich sehe es.
GalaxyMaster: Oooh, er ist so schwer, ich kann ihn nicht hochheben. roflmayo!
BBelt1: Josh, ich kann es sehen!
GalaxyMaster: Diese Klingonenmaske ist so was
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