The Hood
muss sich einem Older wie Pilgrim unterordnen. Er wird an den Grenzen patrouillieren, bei feindlichen Übergriffen losziehen, Schulden eintreiben, Kanonen verstecken und sogar in den Knast gehen, alles in der vergeblichen Hoffnung, eines Tages an Pilgrims Stelle treten zu können.
Nach zehn Minuten klingelt Pilgrims Telefon wieder. Es ist Lil Solja. Er klingt nervös. In der Nähe der Chimes Bar abzuhängen und auf Pilgrim zu warten bringt ihn in Gefahr.
»Du brauchst zu lange.«
»Ich komme schon, ich komme.«
»Geh nicht vorne raus«, sagt Lil Solja. »Die Bullen sind hier. Wir treffen uns in der Ferry Lane. Da steigt auch die Party.«
Lil Solja legt auf. Pilgrim hält auf den Younger mit der Sonnenbrille zu.
»Leih mir die mal kurz, okay!«, sagt Pilgrim, zieht dem Kid die Brille von der Nase und setzt sie sich selbst auf. Der Jüngere weiß, warum er sie braucht, dass er unerkannt den Club verlassen muss. Trotz Lil Soljas Warnung geht er zum Vordereingang hinaus. Die Polizei ist ein Risiko, aber ein geringeres, als abgeknallt zu werden. Während er die Tür anpeilt, sieht er einen kleinen Tisch, auf dem stapelweise Flyer liegen. Er greift sich zwei und vergräbt Nase und Mund dahinter. Der Türsteher drückt den Metallbügel der Brandschutztür hinunter. Pilgrim zieht die Kapuze seiner Avirex-Jacke über und geht hinaus. Mit der Sonnenbrille, den Flugblättern und der Kapuze kann niemand erkennen, wer zur Hölle er ist. Die schwere Metalltür knallt hinter ihm zu, und die Musik blendet aus zu einem dumpfen Dröhnen. Er spürt sofort, dass etwas nicht in Ordnung ist. Der Parkplatz ist viel zu ruhig. Instinktiv blickt er nach rechts.
Da ist ein kleiner Junge, kauert auf einem Knie, eine Kanone mit kurzem Lauf in den behandschuhten Händen, zielt genau auf ihn. Pilgrim hört hinter sich die Türverriegelung einrasten. Er ist gefickt.
Die nächste Deckung erfordert einen Sprint von hundert Metern quer über eine Freifläche, um sich dann hinter eine Reihe parkender Autos zu werfen. Bis er nach seiner eigenen Kanone gegriffen und sie zum Zielen hochgerissen hat, hat er bereits vier Kugeln im Leib. Ihm bleibt nur eine einzige Möglichkeit. Wie verrückt schreiend und mit wild rudernden Armen stürmt er die Treppe hinunter genau auf den Killer zu. Der Junge zuckt kurz zusammen, als hätte er einen Wahnsinnigen vor sich, und lässt den Lauf einen Tick sinken. Er ist überrumpelt. Es dauert nur eine Sekunde, aber es ist lange genug, dass Pilgrim seine eigene Kanone aus dem Hosenbund reißen kann. Er zielt auf die Brust und drückt den Abzug. Nichts passiert. Die Waffe hat Ladehemmung. Pilgrim wartet nicht. Jetzt rennt er in die Nacht hinaus. Seine Arme pumpen wie Kolben, als er die Straße hinuntersprintet und abrupt Haken schlägt wie ein Quarterback, den er mal in der Glotze gesehen hat. Hinter sich hört er das Paaf! Paaf! Paaf!, als der Junge seine Waffe abfeuert. Eine Kugel peitscht in das Laub eines Baumes vor ihm. Er rennt über die Straße zum Teich hinüber. Je schneller er mit der Dunkelheit verschmilzt, desto besser. Die kurz aufeinanderfolgenden Schüsse verraten ihm, dass es eine Halbautomatik ist. Jetzt ist es also so weit, denkt er. Seine Lungen brennen, er hat einen metallischen Geschmack im Mund. Er kann kaum die Knie heben. Als würde er durch hüfthohes Wasser waten. Niemals wird er es von hier lebend zum Teich schaffen. Er wagt einen Blick zurück zu seinem Killer, sieht jedoch nichts als die in flirrenden Schwaden vom Boden aufsteigende Hitze. Sechs Schuss bislang.
Ein weiterer Knall. Peng! Peng! Er krümmt sich und schlittert. Etwas verbrennt seine Hand. Es ist wie heißes Wachs. So als hätte jemand ein Dampfbügeleisen darauf gedrückt.
»Fu-huck!«
Pilgrim reißt die Hand hoch. Sie ist stark angeschwollen, sieht aus, als wäre sie mit Zigarettenasche überzogen. Er wirbelt herum. Mehrere Gestalten mit Hoodies lösen sich jetzt aus den Schatten und kommen auf ihn zu. Viele Schießereien enden so, mit irgendeinem Idioten, der eine blockierte Kanone in der Hand hält. Wenn sie seine Leiche finden, werden die Bullen als Erstes vermuten, dass der Tote in der Hitze des Gefechts nicht genug Courage hatte, das Feuer zu erwidern. Dann finden sie heraus, dass die Waffe Ladehemmung hatte. Viele Kids da draußen sind schlechte Schützen, die nicht in der Lage sind, ein bewegliches Ziel auf hundert Meter zu treffen. Deshalb gibt es so viele Schießereien, bei denen jemand einen Schuss ins Bein oder
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