The Hood
Die anderen Kids im Club sehen zu, als wäre ein Scheinwerfer auf sie gerichtet. Man kennt sie. Wenn sie in der Nähe sind, passieren schlimme Dinge.
»Was auch immer er verdient, deine Entscheidung«, sagt Pilgrim zu Ribz, stachelt ihn auf. Ihre stärkste Waffe haben sie bereits verloren, den Überraschungseffekt. Ribz stützt sich auf seine Fäuste, prahlt damit, was er mit diesen Wichsern machen wird, redet sich in Fahrt. Er drückt seinen Rücken in den Ledersitz, damit er den Griff seiner Kanone spürt. Ribz verkauft außerhalb von London Drogen. Er kämpft nur dann, wenn er mit dem Rücken zur Wand steht. Das macht ihn zu einem gefährlichen Kämpfer, denn er wird versuchen, es so schnell wie möglich mit einem Messer, einer Waffe oder mit CS -Gas zu beenden.
Je länger Pilgrim zuhört, desto stärker wächst ein ungutes Gefühl in ihm. In diesem Spiel kann man die Minuten nicht einfach so verstreichen lassen. Im Club sind noch andere junge Gangster, die inzwischen ihre Kanonen zerlegt und mit einer verfickten Bürste gereinigt haben könnten. Er steht auf und geht nach unten. Er riskiert keinen Ausflug aufs Scheißhaus, auch wenn ihm fast die Blase platzt. Er könnte dort in eine Falle geraten, ohne Platz zum Manövrieren und ohne Fluchtweg. Also sucht er sich einen Pfeiler und lehnt sich gegen die Wand, damit er abgeschirmt ist. Jetzt fühlt er sich besser.
Er geht in Clubs, seit er neun war. Vor elf Jahren hat sein Dad ihn aus Jamaika geholt, damit er in diesem Höllenloch lebt. Er hat ihn in die beengte Dreizimmerwohnung seiner neuen Frau geholt, wo er sich ein Zimmer mit ihrem Sohn teilen musste. Sie waren entsetzt, als er mit Pilgrim vom Flughafen kam. »Wann geht er wieder zurück?«, war alles, was Pilgrim hörte. Diese Leute wollten ihn nie in ihrem Haus haben. Du hast mich aus Jamaika und von meiner Mum weggeholt und in diese Hölle hier gesteckt, dachte er. Der Dad seines Stiefbruders lungerte immer noch herum, um seinem Sohn neue Turnschuhe, einen Computer, einen Game Boy, ein Mountainbike zu kaufen. Pilgrims Dad verspielte seinen Lohn als Vorarbeiter bei den Buchmachern und gab seiner Stiefmutter, was übrigblieb. Er war das letzte Kid in Stoke Newington, das einen Game Boy bekam.
Ständig streiten sie wegen Geld im Haus. Nach einer Weile kann Pilgrim es nicht mehr ertragen, im Zimmer seines Stiefbruders zu leben. Zwei junge Männer in einem vollgestopften Raum, das ist wie in einem Dampfkochtopf. Er fragt sie, ob er nicht ein eigenes Zimmer bekommen kann. Das einzige freie Zimmer ist die Kammer, in der die Gefriertruhe steht. Dort zieht er ein. Keine Fenster, kein gar nichts. Wie Aschenputtel. Aber in seinem eigenen Zimmer ist er glücklich. Er ist unten neben der Haustür, er kann raus und rein schlüpfen, wann immer er will. Lebt in seinem eigenen Zimmer, bringt später Mädchen mit, schmuggelt sie heimlich rein ins Haus und wieder raus.
Pilgrim ist wahrscheinlich einer der besten Kämpfer seiner Schule. Niemand will auf der Straße gegen ihn antreten. Obwohl er in Stoke Newington lebt, treibt er sich in Pembury herum, und mit dreizehn ist er der Anführer einer Gang in Pembury. Heute hört man viel von London Fields und Tottenham, aber damals wurde ganz Hackney von Pembury aus beherrscht, da waren alle wichtigen Leute, ein paar auch aus Clapton. Pembury war das Zentrum.
Pilgrim hatte es auf der Straße schon weit gebracht, als ein vierzigjähriger Weißer namens Wolf auf ihn zukam. Wolf war seit den 80er Jahren in der Szene. Pilgrim war fünfzehn, genoss einen Ruf als Schläger, der ankam, jemanden überfiel und dann zusammenschlug. Er war so was wie ein Auftragskiller. Die Spur seiner Opfer führte dazu, dass die London Field Boys seinen Skalp wollten. Wolf trat an Pilgrim heran, weil er wusste, dass er ein gefürchteter Kerl war.
»Du machst dir einen ziemlichen Namen in der Gegend«, sagte Wolf bei ihrem Treffen.
Pilgrim sah auf seinen schlaffen Hühnerhals, die grauen Stoppeln an seinem Kinn. Er hatte keine Angst vor diesem alten Typen. Nach seiner Berechnung hatte niemand Angst vor ihm, deshalb brauchte Wolf Pilgrim. Er war dabei, seinen Ruf zu verlieren.
»Aber ich verspreche dir die Schlüssel zu dieser Stadt«, fuhr Wolf verschlagen fort.
»Was springt für mich dabei heraus?«, schnappte Pilgrim. »Was hast du, was ich haben will?«
Wolf kniff die Augen zusammen. Seine winzigen schwarzen Pupillen fixierten den jüngeren Mann, während er an einer Selbstgedrehten
Weitere Kostenlose Bücher