The Hood
er leise vor sich hin. »Los jetzt.«
Jas füllt seine Lungen mit einem tiefen Atemzug und stürzt dann mit dem Kopf voran seinem Freund hinterher. Es kommt ihm vor, als bewege er sich in Zeitlupe. Schließlich kniet er hinter dem Benz und zwängt sich ungelenk in die Lücke neben Kam, der sich nicht umdreht. Kam arbeitet schnell. Zuerst inspiziert er das Profil des vorderen linken Reifens. Dann zieht er den Reißverschluss der Tasche auf und nimmt den Wagenheber heraus. Geschickt schiebt er ihn hinter den Reifen und setzt die Kurbel ein.
»Du machst das«, befielt er. Jas grunzt, setzt sich auf und dreht die Kurbel. Er hört auf, als er damit ein metallisch rasselndes Geräusch macht. »Na los, mach schon.«
Er kurbelt wieder. Es geht schwerer, als das Gewicht des Fahrzeugs auf dem Wagenheber lastet. Kam wird ungeduldig. Er gräbt seine Finger in Jas’ Arm. »Mach endlich!«
Plötzlich eine Explosion. Ein schrecklicher Lärm dröhnt in ihren Ohren. Einen Moment rudert Jas wie wild in der Luft, so als würde er von einem Schwarm kreischender Fledermäuse angegriffen. Kams entsetztes Gesicht taucht vor ihm auf, wird von gelben Blitzen beleuchtet. Dann ist es verschwunden. Ein eiskalter Schrecken überkommt Jas – eine Alarmanlage.
»Wer zur Hölle ist da!«
Es sind die Somalis. Wie eine militärische Einheit umzingeln sie blitzschnell den Benz.
»Klaut ihr unsere Autos?«
»Verfickte Autodiebe!«
Kam rast den Gang entlang, schrammt mit den Schultern gegen die Wände und stürmt kopfüber in die Dunkelheit. Er spürt hinter sich zumindest einen Somali auf seinem Mountainbike, bremsend und schwankend wie ein Einradfahrer. Jas, vergessen, zurückgelassen, hat keinen Fluchtplan. Er kriecht zitternd unter ein Auto in der Nähe und beißt die Zähne zusammen. Schüsse hallen durch die Nacht. Er kriecht weiter, zieht sich wie eine Spinne unter den nächsten Wagen. Dort liegt er bibbernd und umklammert seinen Magen, damit der nicht so laut grollt.
»Hurensohn!«
»Ein Typ ist noch hier drinnen!«
»Macht ihn fertig!«
Zwei Somalis fahren auf ihren Rädern Schleifen, die Füße immer auf den Pedalen. Einer hält seine Waffe ausgestreckt und streicht damit die Wagenreihe entlang. Sie müssen diesen Eindringling zur Strecke bringen. Sie sind an vorderster Front. Das hier ist ihre Hood. Er muss gefunden und an ihm muss ein Exempel statuiert werden. Sie spitzen die Ohren, lauschen auf ein scharfes Einatmen, ein leises Wimmern ihrer Beute. Jas liegt still, ist gelähmt vor Angst, ein Loch brennt sich in seinen Bauch. Er schließt die Augen und betet zu seinem Guru. Er wird dem Heroin abschwören und zu seiner Familie zurückkehren.
»Yo! Seht euch das an!«
Ihre Aufmerksamkeit richtet sich auf die Tasche mit Werkzeugen. »Die sind hinter den Reifen her«, sagt einer. »Bestimmt Junkies.«
Einer prüft das Gewicht des Montiereisens und lässt es durch die Luft zischen. Schon bald kehrt der Vorreiter außer Atem zurück. Er hat Kam irgendwo im Labyrinth verloren.
Jas liegt bewegungslos in der Dunkelheit, während die Kälte in seine Knochen kriecht. Es kommt ihm wie eine halbe Stunde vor, ehe sie die Suche abbrechen und weiterquatschen. Jas kriecht ans Ende der Reihe, schleicht sich aus der Tiefgarage. Er flitzt durch die Siedlung, sieht immer wieder über die Schulter zurück. Seine Orientierung wird durch die Angst beeinträchtigt, aber nachdem er einige Mal falsch abgebogen ist, findet er sich in einer engen Betonschlucht wieder. Am Ende ist eine blaue Tür eingelassen. Dorthin läuft er und duckt sich dann rechts in eine winzige Mauernische. Da kauert er völlig außer Atem im Dunkeln.
Auf Augenhöhe befindet sich eine quadratische Öffnung in der Wand, in die Leute ihre Abfallsäcke schmeißen. Jas beugt sich in den dunklen Schacht. Am anderen Ende sickert Licht unter einer mit einem Vorhängeschloss verriegelten Tür durch. Der süßliche, feuchtkalte Gestank von Abfällen sticht ihm in die Nase.
Jas hievt sein Knie auf den unteren Sims des Schachts und wuchtet sich hinüber. Zylindrische stählerne Mülltonnen engen ihn ein. In diesem winzigen Raum befindet sich der gesammelte Müll eines ganzen Blocks. Jas schiebt die Tonnen vorsichtig gegen den Schacht, um sich abzuschirmen. Er erkennt Kams Silhouette in seinem Schlafsack auf dem Betonboden dahinter. Sie begrüßen sich flüsternd, während Jas sich setzt und steif seine Army-Boots aufbindet.
»Haben diese Typen unsere Gesichter gesehen?«, fragt
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